Beobachtet und kommentiert von Claus Jotzo
Aufgrund der katastrophalen Haushaltslage der Stadt wird es im kommenden Jahr viel Liebgewonnenes nicht mehr geben. Um die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*Innen daran zu gewöhnen, hat Oberbürgermeister Emanuel Letz in der gestrigen Sitzung des Stadtrates (12.12.2024) diese schon mal Verzicht üben lassen. Die erste Hiobsbotschaft erreichte die Stadtratsmitglieder bereits vor neun Tagen. Am 4.12.2024 teilte ihnen das Hauptamt per Email mit, dass „es keinen Umtrunk im Anschluss an die Sitzung geben“ wird. Als Begründung wurde die am Tag nach der Stadtratssitzung, also heute, stattfindende Weihnachtsfeier angegeben.
Weniger schmerzlich, von den Ratsmitgliedern eher sogar wohlwollend wahrgenommen, war der nächste Verzicht: Emanuel Letz strich nach der Eröffnung der gestrigen Stadtratssitzung gleich mehrere Tagesordnungspunkte (siehe gesonderten Bericht in der heutigen Ausgabe). Darunter den, unter dem sein Gehalt erhöht worden wäre (tourismusbeitrag-so-nicht.de berichtete). Die abgespeckte Tagesordnung wurde trotzdem erst gegen 20:45 Uhr abgeschlossen. Der dritte Einschnitt führte zum Bruch einer jahrzehntelangen Tradition. In der letzten Sitzung des Jahres hielt bisher das älteste Ratsmitglied eine Jahresabschlussrede.
In der die kommunalpolitische Arbeit der vergangenen 12 Monate reflektiert und Perspektiven fürs neue Jahr aufgezeigt wurden. Je nach Talent und Temperament der jeweiligen Redner*In wurden in dieser Rede auch Probleme angesprochen mit dem Ziel, den Stadtrats-Haussegen zurecht zu rücken. Diese Aufgabe wäre gestern erneut Jürgen Eitel (Freie Wähler) zugefallen. Der kam aber nicht zu Wort. Weshalb ich ihn nach der Sitzung darauf angesprochen habe. Seine Antwort: „ich hätte mich dieser Aufgabe gern gestellt. Aber der OB hat mich nicht angesprochen. Und aufdrängen möchte ich mich nicht“. Sehr verständlich.
Zumal niemand eine solche Rede einfach so aus dem Ärmel schüttelt. Wieso der Oberbürgermeister als Vorsitzender des Stadtrates darauf verzichtet hat, erschliesst sich mir nicht. Natürlich kommt da ein Verdacht auf. Aber 11 Tage vor dem Heiligen Abend verzichte ich darauf, den heute zu veröffentlichen. Und warte statt dessen, bis Emanuel Letz meine entsprechende Anfrage beantwortet hat. Aber natürlich richtet sich die Frage nach dem Warum für das Streichen dieser Rede auch an die anderen 43 Stadtratsmitglieder. Zumindest an jene, die dem Rat länger als seit dem 1.7. diesen Jahres angehören. Vor allem an jene, die auch sonst immer so oberflächlich harmonieorientiert plappern.