Stadtverwaltung: ein Rechtsbruch folgt auf den nächsten

Beobachtet und kommentiert von Claus Jotzo

Im Haupt- und Personalausschuss am Montag dieser Woche (9.12.2024) standen die Tagesordnungspunkte „Stellenanmeldungen 2025 und Stellenplanbereinigung“ und die „Stellenplanänderungen 2025“ auf dem Arbeitsprogramm des nichtöffentlichen Teils. Bei der Beschlussfassung über die Tagesordnung korrigierte Oberbürgermeister Emanuel Letz seinen bei Erstellung der Einladung vorgenommenen Fehler. Und machte dabei gleich den nächsten. Erst vor wenigen Woche hatte er als Vorsitzender des Stadtrates nach mehr als einjähriger Vorbereitung eine neue Geschäftsordnung für das Kommunalparlament beraten und beschliessen lassen.

Die erst im November 2024 erneut beschlossenen Vorschriften in der Geschäftsordnung des Stadtrates sind ganz eindeutig. Trotzdem halten sich weder Oberbürgermeister Emanuel Letz noch die Mehrheit der Stadtrats- und Ausschussmitglieder daran.

Der für ihn offenbar wichtigste Punkt war, dass er jetzt amtlich keine Oberbürgermeisterin mehr ist. Eine für die Arbeit des Stadtrates und seiner Ausschüsse wesentlich bedeutendere Bestimmung blieb unverändert. Sie ist im Absatz vier des § 5 „Öffentlichkeit der Sitzungen“ festgeschrieben: „über Anträge, einen Beratungsgegenstand entgegen der Tagesordnung in öffentlicher oder nicht öffentlicher Sitzung zu behandeln, wird in nicht öffentlicher Sitzung beraten und entschieden“. Genau das hat OB Letz am Montag dieser Woche aber nicht getan. Klar. Es ist „nur“ eine Formalie. Wie alle Regeln. Seine Handlungsweise macht einmal mehr deutlich:

Sowohl die Verwaltung als auch die Mehrzahl der Stadtrats- und Ausschussmitglieder beschliesst Regeln, an die sie sich selbst nicht halten. Sei es aus Unwissenheit. Oder aus Unwilligkeit. Nach dem Motto: die gelten nur für die anderen. An der Sitzung am Montag nahmen mehrere ehrenamtliche Mandatsträger*Innen teil, die teils seit Jahrzehnten den Gremien der Stadt angehören. Und den Rechtsbruch mit einer Selbstverständlichkeit praktizieren, der nur durch langjährige Übung erklärt werden kann. Ein Skandal ist, dass die hauptamtliche Stadtrechtsdirektorin an diesem Treiben persönlich teilnimmt. Marion Kruger sass neben dem OB am Verwaltungstisch. Sie blieb stumm wie ein Fisch.

Und wundert sich, wenn an anderer Stelle darauf hingewiesen wird, dass sie sich selbst als Pferderechtsspezialistin ins Fenster gestellt hat. Nicht weniger schockierend sind die fortgesetzten Fehleistungen der Geschäftsleitung der Stadtverwaltung. Anfang Juli 2023 wurde Nathalie Herberger (CDU) als hochqualifizierte Kraft vorgestellt. Und damit auch ihre Gehaltseinstufung begründet. Ihre theoretische Ausbildung wurde aufgelistet: „Herberger hat einen Bachelor of Business Administration (Brewton-Parker Collage, USA) und einen Master of Public Policy (Hertie School of Governance, Berlin) mit den Schwerpunkten Ökonomie, Sozialpolitik, moderne Verwaltungsführung, Politik- und Verwaltungswissenschaften sowie Internationale Beziehungen“.

Was ist das wert, wenn sie nicht einmal weiss, dass Stellenpläne zwingend öffentlich zu behandeln sind? Oder zulässt, dass der OB Einladungen unterschreibt, in der Fehler um Fehler verwirklicht werden? Auch Nathalie Herberger sass am Montag neben dem OB am Verwaltungstisch. Auch sie sorgte nicht für eine formal korrekte Arbeitsweise im Haupt- und Personalausschuss. Merkt Emanuel Letz nicht, dass er sich auf inkompetente Berater*Innen verlässt? Die Fehler sind keine Einzelfälle. Sie kommen in nahezu jeder Sitzung vor. Wie auch Willkürhandlungen. Mal darf unter einem als „Mitteilung“ bezeichneten Tagesordnungspunkt geredet werden. Mal nicht.

Begründet wird das mit vollkommen sachfremden Motiven. Oder schlicht mit angeblich nicht zur Verfügung stehender Zeit. Mit diesem Argument kommt ein Rotlichtsünder nicht um ein Fahrverbot herum. Kommunalrecht ist leider nicht strafbewehrt. So dass auch ein Ex-Polizist, der die Regeln bricht, dafür nicht belangt werden kann. Dieser wesentliche Unterschied wird in der Bevölkerung sehr wohl wahrgenommen. Und zerstört – vor allem in Krisenzeiten – den sozialen Kitt. Zwischen denen da oben und den einfachen Leuten. Die sich schon jetzt gegen den Machtmissbrauch und die Inkompetenz wehren, in dem sie verstärkt radikale Parteien wählen.

Auch die Dummlaberei von angeblichen „Einzelfällen“ kann ich nicht mehr hören. Der Rechtsbruch findet längst alltäglich statt. Eine weitere, häufig verwirklichte Variante liegt in Form der Missachtung der in Absatz fünf des § 5 „Öffentlichkeit der Sitzungen“ normierten Bestimmung vor. Diese lautet: „die in nicht öffentlicher Sitzung gefassten Beschlüsse sind der Öffentlichkeit unverzüglich bekannt zu geben, sofern nicht Gründe des Gemeinwohls oder schutzwürdige Interessen Einzelner dem entgegenstehen“. Allein im Finanzausschuss wird das von Bürgermeister Blechschmidt praktiziert. Für Stadtratssitzungen geschieht das nicht einmal auf Pressenachfrage.