„Erst meine Ankündigung rechtlicher Schritte hat die Öffentlichkeit erzwungen“

Beobachtet und kommentiert von Claus Jotzo

Gestern Abend (9.12.2024) im Haupt- und Personalausschusses der Stadt. Um kurz nach 17:30 Uhr eröffnet Oberbürgermeister Emanuel Letz die 11. Sitzung des Gremiums in diesem Jahr: „bevor wir in die Tagesordnung einsteigen eine Sache. Da ist nämlich hier etwas in den nichtöffentlichen Teil gerutscht, den würde ich gern in den öffentlichen Teil holen. Das sind tatsächlich Tagesordnungspunkt 6.6. Stellenanmeldungen 2025 und Stellenplanbereinigung und 6.7. Stellenplanänderungen 2025. Das gehört natürlich in den öffentlichen Teil und nicht in den nichtöffentlichen“. Leider verlor der OB kein Wort darüber, wann, wie und durch wen er zu dieser Erkenntnis motiviert wurde.

Die Mitglieder des Haupt- und Personalausschusses gestern Abend bei der Arbeit.

Seine Darstellung legt den Zuhörer*Innen den Verdacht nahe, bei der am 3.12.2024 mit der Einladung zum Ausschuss versandten Tagesordnung habe es sich um ein Versehen gehandelt. Das ist erweislich unwahr. Denn in einer ganz anderen Einladung, der zur Stadtratssitzung am 12.12.2024, die erst am 4.12.2024 erstellt wurde und ebenfalls von Emanuel Letz unterschrieben ist, hat der OB die selben beiden Punkte, die „natürlich“ auch dort öffentlich zu behandeln sind, ebenfalls im nichtöffentlichen Teil aufgeführt. Zudem räumte die Geschäftsleitung der Stadtverwaltung, Nathalie Herberger, im Verlauf der gestrigen Ausschusssitzung den Rechtsverstoss als gängige Praxis ein.

Laut Einladung sollte der Stellenplan nichtöffentlich behandelt werden.

Um einen Arbeitsnachweis zu liefern, rühmte sie sich mit bezüglich des Stellenplanproblems erbrachter Aufklärungsarbeit und stellte ausdrücklich fest, darüber den Haupt- und Personalausschuss und den Stadtrat mehrfach nichtöffentlich informiert zu haben. Von den rund 20 gestern anwesenden Ausschuss- und Stadtratsmitgliedern gabs dazu keinen Widerspruch. Also stimmt das wohl. Es ist demzufolge gängige Praxis in der Stadtverwaltung und den Gremien, dass Themen und Sachverhalte, die nach Recht und Gesetz zwingend öffentlich zu behandeln sind, vorsätzlich wiederholt unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgemauschelt werden. Ein Kontrolle findet faktisch nicht statt.

Ausdrücklich war die nichtöffentliche Bearbeitung vorgesehen. Der Schwenk auf die rechtskonforme Arbeitsweise erfolgte so kurzfristig, dass die Vorlage nicht mehr geändert werden konnte.

Die wenigen kompetenten und engagierten Gremienmitglieder können die Vielzahl der Fälle nicht bewältigen. Und ich erhalte viel zu selten die Unterlagen zu den nichtöffentlichen Sitzungen. Nur wer diese hat, kann ja beurteilen, ob korrekt verfahren wird. Im vorliegenden Fall wurde ich am Wochenende informiert. Und konnte daher den OB unter Bezugnahme auf den von ihm für die Stadtratssitzung vorgesehen Rechtsbruch rechtzeitig ermahnen. Mein am 9.12.2024 um 6:59 Uhr an den Oberbürgermeister gerichtetes Schreiben trägt folgenden Betreff: „EILT – Ankündigung von rechtlichen Schritten und Anfrage wegen der Tagesordnung der Stadtratssitzung am 12.12.2024“.

Meine Kernforderung habe ich wie folgt, ich denke unmissverständlich, formuliert: „sichern Sie mir nicht unverzüglich eingehend bei mir bis zum 10.12.204 um 15 Uhr per Email oder Boten schriftlich zu, dass ich an der Beratung dieser Tagesordnungspunkte teilnehmen kann, werde ich zunächst anwaltliche Beratung und dann gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen“. Und um zu erfahren, wie der Oberbürgermeister diesen Fehler machen konnte, habe ich ihm gemäss Landesmediengesetz (LMG) mehrere Fragen vorgelegt: „was hat Sie dazu veranlasst diese Tagesordnungspunkte auf die Tagesordnung der nichtöffentlichen Sitzung aufzunehmen?

Haben Sie dazu, also zu der Frage, ob diese Punkte vollständig nichtöffentlich behandelt werden dürfen, das Rechtsamt der Stadt befragt. Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welche Rechtsauskunft haben Sie diesbezüglich erhalten? Wieso haben Sie diese Tagesordnungspunkte nicht wenigstens sowohl auf den öffentlichen als auch auf den nichtöffentlichen Teil der Tagesordnung aufgenommen?“ Eine Antwort habe ich bis jetzt (Stand: 10.12.2024 um 6:30 Uhr) nicht erhalten. Auch gestern im Haupt- und Personalausschuss hat der Oberbürgermeister dazu nichts gesagt. Und leider verschwiegen, dass erst meine Ankündigung rechtlicher Schritte die Öffentlichkeit erzwungen hat.

Emanuel Letz hätte sich keinen Zacken aus der Krone gebrochen, wenn er meine ehrenamtliche Unterstützung für die Arbeit der hauptamtlichen Verwaltung wenigstens als solche benannt hätte. Über 100 Mal habe ich ihn in seiner Amtszeit auf Pannen, Fehler und Verbesserungsmöglichkeiten schriftlich hingewiesen. Von ihm kam ein einziges Mal in diesen zweieinhalb Jahren eine wertschätzende Reaktion. Um andere nicht auf dumme Gedanken zu bringen und in Anerkennung des konstruktiven Umganges mit diesem meinem Hinweis, habe ich weder über das Problem noch die Reaktion des OB berichtet. In der Hoffnung den Dickschädeln in der Verwaltung damit verdeutlichen zu können, dass ich helfen möchte *.

Aber wenn sogar zielführende Hinweise auf schwerwiegende Rechtsverstösse unterdrückt werden, schweige ich nicht mehr. Um das Verständnis für Aussenstehende zu ermöglichen, folgende Erläuterung: das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG) hat längst entschieden, dass ein – wie im aktuellen Fall vorliegend – schwerer Rechtsfehler im kommunalen Entscheidungsprozess (also nichtöffentlich statt öffentlich, Teilnahme einer auszuschliessenden Person usw) ZWINGEND zur Kontamination des gesamten Beratungsprozesses führt, der demnach von Anfang an neu zu beginnen ist. Hätte ich zugelassen, dass die gestrige Beratung oder gar die Behandlung der zwei Tagesordnungspunkte im Stadtrat nichtöffentlich geschieht, wäre selbst ein einstimmiger Beschluss null und nichtig gewesen.

In diesem Fall hätten Beratung und Beschlussfassung von Anfang an wiederholt werden müssen. Und das bei einem so sensiblen Thema, wie dem Personal. Denjenigen, der das verhindert, nicht einmal zu erwähnen, zeigt mehr als charakterliche, intellektuelle und verwaltungsfachliche Defizite. Weil das natürlich nicht nur den OB trifft, den ich gewählt habe und dem ich nach wie vor gute Absichten unterstelle (ER weiss ja, was ich ihm vor und nach seiner Wahl gesagt habe), wird hier das zentrale Problem der Bad Kreuznacher Kommunalpolitik deutlich: Inkompetenz und Parteibuchpolitik einerseits. Und andererseits die asoziale Verweigerung derer, die es besser könnten (aber nur die persönlichen Interessen verfolgen), sich für die Gemeinschaft einzusetzen.

Das habe ich dem Oberbürgermeister der Stadt Bad Kreuznach am 9.12.2024 um 6:59 Uhr geschrieben:

„EILT – Ankündigung von rechtlichen Schritten und Anfrage wegen der Tagesordnung der Stadtratssitzung am 12.12.2024

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Ihrer Einladung für die Stadtratssitzung am 12.12.2024 habe ich entnommen, dass Sie unter den Tagesordnungspunkten
17.1. Stellenanmeldungen 2025 und Stellenplanbereinigung 24/399
17.2. Stellenplanänderungen 2025 24/401
zu behandeln gedenken. Beide Punkte betreffen ausweislich ihrer Benennung den Stellenplan. Der ist relevanter Bestandteil des Haushaltsplanes. Und dieser wiederum ist in öffentlicher Sitzung zu behandeln. Natürlich wäre es rechtlich zulässig, einzelne Punkte, die schutzwürdige Belange von Mitarbeitenden betreffen, gesondert nichtöffentlich zu behandeln. Aber Stellenplananmeldung, -bereinigungen und -änderungen pauschal in den nichtöffentlichen Teil zu verlegen, ist erkennbar rechtswidrig.

Da Sie damit mein Informationsrecht konkret verhindern wollen, teile ich Ihnen dazu mit: sichern Sie mir nicht unverzüglich eingehend bei mir bis zum 10.12.204 um 15 Uhr per Email oder Boten schriftlich zu, dass ich an der Beratung dieser TOPs teilnehmen kann, werde ich zunächst anwaltliche Beratung und dann gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Zu diesem Sachverhalt bitte ich um Beantwortung nachstehender Fragen.

Was hat Sie dazu veranlasst diese TOPs auf die TO der nichtöffentlichen Sitzung aufzunehmen?
Haben Sie dazu, also zu der Frage, ob diese Punkte vollständig nichtöffentlich behandelt werden dürfen, das Rechtsamt der Stadt befragt. Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welche Rechtsauskunft haben Sie diesbezüglich erhalten?
Wieso haben Sie diese TOP nicht wenigstens sowohl auf den öffentlichen als auch auf den nichtöffentlichen Teil der TO aufgenommen?

Gern nehme ich jede weitergehende (auch ungefragte) Information entgegen, um die ich hiermit ausdrücklich bitte. Gruss Claus Jotzo“

* Auch wenn das mitunter kurzzeitig Schmerzen bereitet. So wie beim Zahnarzt. Wenn der einen faulen Zahn aufbohrt. Oder einen eitrigen Abszess aufschneidet. Fürs langfristige Wohlbefinden ist das werthaltig.