Unter dem Motto „Für den Bürger, mit dem Bürger“ hatte die Stadtverwaltung im Herbst 2019 einen Kriminalpräventiven Beirat gebildet. Das wörtlich damit verbundene Anliegen: “gebündelt Lösungen für diverse Probleme in der Stadt zu erarbeiten und umzusetzen – von der Sucht- und Kriminalprävention über Verkehrsthemen hin zu Sauberkeit und Ordnung”. Seit dem Ex-Polizist Emanuel Letz (FDP) am 1. Juli 2022 das Amt des Oberbürgermeisters übernommen hat, kam es zu einer massiven Kostenerhöhung im Bereich Stadtreinigung. Und zu mehreren Messer-Tötungsdelikten.
Aber zu keiner einzigen Sitzung des Kriminalpräventiven Beirates. Obwohl die Stadtverwaltung vor fünf Jahren ankündigte, dass das Gremium “mindestens einmal jährlich öffentlich tagt”. Nachdem OB Letz auch auf das jüngste Tötungsdelikt in der Kirschsteinanlage im Oktober 2024 lediglich mit einer Presseerklärung und einem persönlichen Stadtrundgang zu vermeintlichen „Hotspots“ reagierte, hat sich Karl-Heinz Delaveaux (FWG e.V.) der Sache angenommen. Das erfahrene Stadtratsmitglied hat dem Oberbürgermeister eine umfangreiche Anfrage vorgelegt (Wortlaut untenstehend).
Darin weist Delaveaux zunächst darauf hin, dass in allen von ihm angesprochenen Fällen von Tötungsdelikten die Täter einen Migrationshintergrund haben. Und teilt dem OB dazu mit, dass das in Teilen der Bevölkerung Fragen nach der Integrationsarbeit aufwirft. Delaveaux wirft Letz vor, dass diesbezüglich von ihm bisher nichts zu hören war. Die Letz-Forderung nach einer “Zusammenarbeit mit der Polizei” sei nicht überraschend, “da er ja Ex-Polizist ist. Und eine gute Zusammenarbeit mit der Polizei für die Stadt nur von Vorteil sein kann. Eigentlich sollte es nicht erforderlich sein, das herauszustellen”.
Delaveaux vermisst, dass Emanuel Letz rund vier Wochen nach seiner Presseerklärung, den Stadtratsmitgliedern noch nicht erklärt habe, wie dies konkret aussehen soll. Auch über die Erkenntnisse, die der OB bei seinem Rundgang gewonnen hat, habe dieser den Stadtrat bisher nicht informiert. Dann kommt Delaveaux auf den Kernpunkt seiner Argumentation und fragt, “warum weder auf als Reaktion auf die Messerattacke vom Oktober 2024 noch auf die früheren Verbrechen der Kriminalpräventive Beirat der Stadt zusammengerufen” wurde. Immerhin sei dort der OB laut Satzung der Vorsitzende. Also direkt zuständig. Die Antwort des OB erfolgt in der Stadtratssitzung am Donnerstag dieser Woche (21.11.2024).
Die Anfrage von Karl-Heinz Delaveaux (FWG e.V.) im Wortlaut:
Anfrage für die nächste Stadtratssitzung: Kriminalpräventiver Beirat der Stadt Bad Kreuznach
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, am machten Sie einen Rundgang mit dem städtischen Vollzug, um sich neuralgische Punkte im Stadtgebiet anzusehen. In einer Presseerklärung haben Sie sich nach dem Messer-Tötungsdelikt in der Kirschsteinanlage zu Wort gemeldet. Mich verwundert, dass Sie bis heute den Kriminalpräventiver Beirat der Stadt Bad Kreuznach mit den Problemen nicht befasst haben. Denn u.a. dafür wurde dieser doch gebildet. Es mag ja sein, dass Sie das gar nicht wissen:
Im September 2019 überraschte Ihre Amtsvorgängerin die Mitglieder des Stadtrates und die kommunalpolitisch interessierte Öffentlichkeit mit der Mitteilung, dass sie die Gründung eines Kriminalpräventiven Beirats für die Stadt Bad Kreuznach vornehmen wird. Die Auftaktveranstaltung fand am 15.10.2019 statt. Die Gründung samt Satzungsbeschluss erfolgte einen Monat später. Damals informierte die Stadt die Öffentlichkeit wie folgt: “Neues Gremium für mehr Sicherheit: Stadt lädt zu Auftaktveranstaltung am 15. Oktober 2019 – In Zeiten gefühlt steigender Kriminalität, trotz faktisch sinkender Fallzahlen, wird das Sicherheitsgefühl der Menschen immer wichtiger.
Die Stadt Bad Kreuznach möchte das Thema Sicherheit vor Ort als gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe etablieren und stößt daher die Einrichtung eines Kriminalpräventiven Rats an. In dem Gremium unter dem Vorsitz von Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer können sich alle Interessierten ehrenamtlich einbringen. Zur Auftaktveranstaltung am Dienstag, 15. Oktober, um 19 Uhr im Luthersaal, Martin-Luther-Haus, Kreuznacher Diakonie, Ringstraße 60, sind alle Einwohnerinnen und Einwohner eingeladen. Dabei soll das Thema erörtert, Organisatorisches geklärt und erste Ideen gesammelt werden. Die Gründungsversammlung ist für 12. November vorgesehen.
Ziel des Kriminalpräventiven Rats ist es, gebündelt Lösungen für diverse Probleme in der Stadt zu erarbeiten und umzusetzen – von der Sucht- und Kriminalprävention über Verkehrsthemen hin zu Sauberkeit und Ordnung. „Das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger ist ein wichtiger Aspekt der Lebensqualität in unserer Stadt. Die Einheimischen sind die Kenner ihrer Nachbarschaft und ihres Wohnviertels. Sie können ganz genau sagen, an welchen Stellen etwa Angsträume bestehen und wo zum Beispiel durch städtebauliche Veränderungen Abhilfe geschaffen werden kann“, erläutert Kaster-Meurer die Vorteile eines solchen Gremiums.
Ziele: Höhere Lebensqualität, Bürgerbeteiligung und Vernetzung Weitere Pluspunkte eines Kriminalpräventiven Rats sind die behördenübergreifende Vernetzung einer Vielzahl von Akteuren durch regelmäßigen Informations- und Erfahrungsaustausch sowie die Möglichkeit der aktiven Teilnahme und Gestaltung durch engagierte Bürger − nach dem Motto „Für den Bürger, mit dem Bürger“. „In einer Arbeitsgruppe haben Bürgerinnen und Bürger, aber auch Organisationen und Einrichtungen direkte Einwirkungsmöglichkeiten − und das ist gerade auf kommunaler Ebene ein wichtiges Instrument, um das Zusammenleben in der Stadt zu gestalten“, führt die Oberbürgermeisterin weiter aus.
Zur Mitarbeit sind alle Interessierten angesprochen, vor allem folgende Gruppen: Polizei, Ordnungsamt, Jugendamt/Die Mühle, Schulen und Kitas, soziale Einrichtungen, Unternehmen und Verbände, Arbeitskreise (etwas der Seniorenbeirat). Je mehr Interessengruppen vertreten sind, desto effektiver die Arbeit des ehrenamtlichen Gremiums. Zur Sache: Entstehung und Organisation Kriminalpräventiver Räte Zur Prävention und Bekämpfung von Kriminalität reicht es nicht aus, wenn Behörden – jede für sich − ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen und jeder einzelne vorsichtig durchs Leben geht.
Dem Beispiel anderer europäischer Länder folgend, gründeten sich Anfang der 90er-Jahre vielerorts Kriminalpräventive Räte. Die Grundidee war überall die gleiche: Alle Menschen und Einrichtungen, die wegen ihres Berufs, ihrer Betroffenheit oder ihres Engagements besonderes Interesse und Möglichkeiten haben, an der Verhinderung von Straftaten mitzuwirken, sollten organisatorisch auch die Gelegenheit dazu haben. Kriminalpräventive Räte sind als unabhängige Einrichtung bei der Kommune angedockt und werden bei Bedarf von der Leitstelle Kriminalprävention des Ministeriums des Innern und für Sport betreut.
Sie setzen sich aus dem Plenum, das mindestens einmal jährlich öffentlich tagt, und themenspezifischen Arbeitsgruppen zusammen, die dem Plenum Bericht erstatten. Eine Wahl der Mitglieder ist nicht erforderlich. In Rheinland-Pfalz gibt es bereits zahlreiche solcher Räte, die mancherorts auch „Bündnisse für Sicherheit“ oder „Runder Tisch“ heißen. In der Region hat etwa die Verbandsgemeinde Rüdesheim ein solches Gremium installiert. Mehr Informationen zu kriminalpräventiven Gremien auf der Internetseite des rheinland-pfälzischen Innenministeriums unter www.kriminalpraevention.rlp.de/de/unsere-themen/kriminalpraeventive-gremien/”
Ich bitte um die Beantwortung nachstehender Fragen in der kommenden Stadtratssitzung und um Aufnahme meiner Anfrage unter dem TOP Anfragen:
1. Wieso wird dieser Beirat im Rats- und Bürgerinformationssystem nicht einmal erwähnt oder aufgeführt? Wieso wird die Satzung nicht veröffentlicht?
2. Laut Satzung sind Sie seit Ihrem Amtsantritt Vorsitzender des Gremiums, das laut Satzung mindestens jährlich tagen soll. Warum haben Sie in 2022, 2023 und 2024 bis heute satzungswidrig zu keiner Sitzung eingeladen?
3. Was wurde aus den drei Arbeitsgruppen? Wo sind deren Ergebnisse nachzulesen?
4. Wieso erfolgte nicht wenigstens nach Ihrer Presseerklärung zur Tötung auf der Kirschsteinanlage eine Einladung des Beirates? Wieso wurden die Beiratsmitglieder zu dem Rundgang nicht dazu geladen?
5. Wann ist die nächste Sitzung des Beirates? Mit freundlichem Gruß Karl-Heinz Delaveaux”