Anfang dieser Woche erklärte Dr. Herbert Drumm seinen Austritt aus der Landtagsfraktion der Freien Wähler. Und kündigte seinen Rückzug vom Amt des stellvertretenden Landesvorsitzenden der FW Rheinland-Pfalz an. Als Begründung für diese folgenreichen Schritte führte Dr. Drumm an, die Ex-Fraktionskollegen seien mit dem Noch-FW-Landesvorsitzenden Stephan Wefelscheid nicht angemessen umgegangen. Um so grösser war dann für Aussenstehende die Überraschung, als Wefelscheid bereits am 7.10.2024 gemeinsam mit den drei anderen verbliebenen FWlern die Bildung einer „Parlamentarischen Gruppe“ ankündigte.

Damit ist klar: Stephan Wefelscheid diente Dr. Herbert Drumm lediglich als Vorwand, um einen aus ganz andern Gründen motivierten Plan in die Tat umzusetzen. Die Folgen des Drumm’schen Fraktionsaustrittes sind gravierend. Mit dem Verlust des Fraktionsstatus sind gleich mehrere erhebliche Nachteile verbunden. Zunächst einmal ein riesiger politischer Flurschaden gut ein Jahr vor dem nächsten Landtagswahlkampf. Dazu kommen konkrete materielle und funktionale Nachteile. Die Freien Wähler im Landtag haben künftig wesentlich weniger Geld und müssen bis zu zehn Mitarbeitende entlassen.
Auch reduzieren sich Redezeiten im Plenum und Mitarbeitsmöglichkeiten in den Landtagsausschüssen. Daher verwundert nicht, dass viele FW auf Landesebene ein Parteiausschlussverfahren gegen Dr. Herbert Drumm fordern. Für einen solchen Schritt gelten allerdings strenge Anforderungen, wie der Fall Thilo Sarrazin gezeigt hat. Die SPD benötigte zehn volle Jahre, um sich von ihrem Rechtsaussen zu trennen. Besonders von dem Streit betroffen sind die Mitglieder und Mandatsträger der Freien Wähler im Kreis Bad Kreuznach. Schon jetzt denken eine Reihe von Funktionsträger*Innen über einen Austritt nach.
Besonders hart trifft der Egotrip des Dr. Herbert Drumm seine örtlichen Parteifreunde und Mitstreiter Jürgen Eitel, Wolfgang Kleudgen (beide Winzenheim) und Reinhold Merten (Hüffelsheim). Alle drei sind seit vielen Jahren engagierte Kommunalpolitiker mit ausgeprägtem Interesse an Sachpolitik. Diese drohen im vom Dr. Drumm verursachten Chaos Schaden zu nehmen. Falls das Projekt FW in Stadt und Kreis scheitern sollte, steht einer bereit, der sich auf eine (wieder) intensivierte Zusammenarbeit mit den drei erfahrenen Herren freut: Karl-Heinz Delaveaux von der Freien Wählergemeinschaft (FWG) Bad Kreuznach e.V.
Wie es mit den FW im rheinland-pfälzischen Landtag weitergeht, hat gestern die Landtagsverwaltung mitgeteilt: „die Fraktion „Freie Wähler“ im Landtag Rheinland-Pfalz hat sich aufgrund von Austritten von zwei Abgeordneten aufgelöst und befindet sich in der Liquidation. Seit Montag, 7. Oktober 2024 erreichte die Fraktion nicht mehr die nach der Geschäftsordnung des Landtags erforderliche Anzahl von mindestens fünf Mitgliedern. Ab diesem Zeitpunkt erlosch ihre Rechtstellung als Fraktion im Landtag. Damit gehören die Abgeordneten Stephan Wefelscheid, Lisa-Marie Jeckel, Patrick Kunz und Helge Schwab dem Landtag ab dem 7. Oktober 2024 als fraktionslose Mitglieder an.
Zuvor hatten die Abgeordneten Dr. Herbert Drumm und Dr. Bernhard Alscher ihren Austritt aus der Fraktion Freie Wähler bekanntgegeben. Beide sind seitdem ebenfalls fraktionslose Abgeordnete im Landtag. Entfällt die Rechtsstellung durch Erlöschen des Fraktionsstatus, findet eine Liquidation der Fraktion statt. Insgesamt sind im Landesparlament damit gegenwärtig zehn Abgeordnete fraktionslos. Eine solche hohe Anzahl an Fraktionslosen gab es in der Geschichte des Landtags noch nie. Lediglich in der ersten Wahlperiode des Landtags (1947-1951) gab es den Fall, dass zeitgleich neun Abgeordnete fraktionslos waren.
Damit ergeben sich verschiedene Auswirkungen auf die parlamentarische Arbeit. Fraktionslose haben zwar weiterhin ein Rede- und Stimmrecht im Plenum, jedoch ist die Redezeit eines Fraktionslosen gegenüber Fraktionen reduziert. Das Recht zur Einbringung eines Gesetzentwurfs ist einer Fraktion oder acht Abgeordneten zugewiesen. Auch Aktuelle Debatten können nur von einer Fraktion oder acht Abgeordneten beantragt werden. Die Mitgliedschaft der Fraktionsmitglieder der Freie Wähler in einem Fachausschuss und auch die Funktion des Ausschussvorsitzes und des stellvertretenden Ausschussvorsitzes endete ebenfalls zum 7. Oktober 2024.
Fraktionslose Abgeordnete dürfen jedoch in einem Ausschuss mitarbeiten. Der Landtagsvorstand weist dem fraktionslosen Mitglied nach dessen Anhörung einen Ausschuss zu. Im Ausschuss haben fraktionslose Abgeordnete nur ein Rede- und Antragsrecht, jedoch kein Stimmrecht. Auch im Ältestenrat sind die Freie Wähler nun nicht mehr vertreten. Während Große Anfragen nur von einer Fraktion oder von mindestens acht Abgeordneten eingebracht werden können, können Kleine Anfragen von jedem Mitglied des Landtags gestellt werden. Gleiches gilt für Mündliche Anfragen.
Erlischt die Rechtsstellung als Fraktion, bedeutet dies in finanzieller Hinsicht, dass sie nicht mehr an der Fraktionsfinanzierung partizipiert, was bedeutet, dass sie insbesondere keine monatlichen Geld- und Sachleistungen mehr erhält. Mit Schreiben vom 7. Oktober haben die inzwischen fraktionslosen Abgeordneten Helge Schwab, Patrick Kunz, Lisa-Marie Jeckel und Stephan Wefelscheid einen Antrag beim Landtagspräsidenten auf Anerkennung des Zusammenschlusses als „Freie Wähler“ Gruppe im Landtag Rheinland-Pfalz gestellt.
Dieser Antrag wird nun geprüft und rechtlich aufbereitet. Auf dieser Grundlage wird ein Entscheidungsvorschlag für den Ältestenrat vorbereitet, der sich mit den Fragen befasst, ob der Zusammenschluss als Parlamentarische Gruppe anzuerkennen ist und falls ja, welche parlamentarischen Rechte und Leistungen gewährt werden. Der Ältestenrat wird in seiner kommenden turnusgemäßen Sitzung am 5. November 2024 einen Beschlussvorschlag erarbeiten, über den der Landtag in seiner nächsten Sitzung am 13./14. November 2024 entscheidet“.