Nach turbulenten 90 Minuten hat sich der 1. FSV Mainz 05 am gestrigen Freitagabend (20.9.2024) durch ein 3:2 (2:1) beim FC Augsburg den ersten Dreier der Saison erreichen können. Das Zustandekommen war allerdings nichts für schwache Nerven: dem frühen Doppelschlag nach Treffern von Armindo Sieb und Jonny Burkardt zum 0:2 folgten der Anschlusstreffer Keven Schlotterbecks. Sowie ein völlig unnötiger Platzverweis für Nadiem Amiri nach einer guten halben Stunde. Kurz nach Wiederbeginn traf dann erneut Burkardt, woraufhin Samuel Essende für die Fuggerstädter erneut verkürzte. Aber rund zehn Minuten später mit glatt Rot vom Platz musste.
Es blieb für den FSV dennoch bis zum Ende eine Abwehrschlacht. Mit einem glücklichen Ende für Mainzer. Zwei Veränderungen hatte FSV-Trainer Bo Henriksen gegenüber der Heimniederlage gegen Werder Bremen vorgenommen und den wieder genesenen Andreas Hanche-Olsen für Maxim Leitsch sowie Sieb, der sein Startelf-Debüt im Oberhaus feierte, für Jae-sung Lee (Pferdekuss im Oberschenkel) ins Team beordert. Die Augsburger präsentierten sich in den Anfangsminuten als das etwas aktivere Team, während der FSV geduldig abwartete und nicht gleich ins ganz hohe Risiko beziehungsweise Angriffspressing ging.
Zum ersten Abschluss kamen die Gastgeber nach knapp sechs Minuten durch Ruben Vargas, das Leder landete jedoch im Hintertor-Fangnetz. Es war das klassische Abtasten zweier Teams, von dem die 05ER aber wenig später genug hatten und mit ihrer ersten Chance eiskalt zuschlugen. Mwene bediente Amiri bei einem Einwurf von links, der Regisseur schickte den Österreicher links Richtung Grundlinie, von wo dieser flankte und Sieb im Zentrum fand, gegen dessen Kopfball aus acht Metern Nediljko Labrovic machtlos war (13.). Mit der Führung im Rücken blieben die Rheinhessen dran und legten keine 180 Sekunden später nach:
Ausgangspunkt war diesmal ein Ball von Dominik Kohr tief in der eigneen Hälfte, den Hyunseok Hong auf Burkardt weiterleitete, der schnell aufdrehte, Mwene auf links bediente, der erneut perfekt vors Tor flankte, wo der eingelaufene 05-Kapitän nur noch die Stirn hinhalten musste – 2:0 (15.). Ein Doppelschlag, der sich in den Folgeminuten als kleiner Schock für den FCA erwies, der Zeit brauchte, um die Gegentore aus den Trikots zu schütteln. In Minute 22 hätte Burkardt sogar nachlegen können, setzte seinen Schlenzer aus 18 Metern jedoch über das Gehäuse.
Die Augsburger wurden in erster Linie nach ruhenden Bällen gefährlich und sollten einen Freistoß aus dem Halbfeld kurz darauf dann auch zum Anschluss nutzen. Marius Wolf brachte den Ball auf den zweiten Pfosten, von wo aus Jeffrey Gouweleeuw das Leder zurück in den Rückraum beförderte und Schlotterbeck Robin Zentner aus kurzer Distanz überwand (25.). Beinahe hätten auch die Fuggerstädter nur zwei Minuten später nachgelegt, doch Zentner war bei einem strammen Schuss von Vargas mit den Fingerspitzen am Ball und klärte zur Ecke (27.).
Nach einer ereignisreichen ersten halben Stunde schien sich das Geschehen zunächst ein wenig zu beruhigen, doch dann rückte Amiri in zwei ganz unglücklichen Siuationen in den Blickpunkt: Zunächst verwarnte Sören Storks den Mainzer Mittelfeldmann wegen Reklamierens (33.), und wiederum nur zwei Zeigerumdrehungen später zog der Neuzugang des vergangenen Winters im Mittelfeld ein taktisches Foul gegen Vargas, für das er nach nur 35 Minuten mit Gelb-Rot zum Duschen geschickt wurde. Ganz bitter für Amiri, aber vor allem für seine Teamkollegen, die von nun an leiden mussten.
Zunächst brachte Henriksen Barkok für Sieb, was allerdings nichts am folgenden Powerplay des FCA änderte, das der FSV bis zur Pause aber mit Glück und Geschick unbeschadet überstehen sollte und die knappe Führung so in die Pause rettete. Den Mainzern, denen diese Pause sehr gelegen gekommen war, kehrten unverändert zurück auf den Rasen, während auf Seiten der Hausherren Steve Mounié für Maximilan Bauer in die Begegnung kam. Jess Thorup stellte von Fünfer- auf Viererkette um und plante die große Aufholjagd nach Wiederbeginn.
Die Rechnung hatte der Landmann Henriksens dabei aber ohne Burkardt gemacht, der eine von Hong verlängerte Barkok-Flanke in Minute 49 im Stile eines echten Torjägers aus drei Metern über die Linie drückte und die Zwei-Tore-Führung wieder herstellte. Entschieden war damit naturgemäß nichts, denn mit jeder Minute wurden auch die Beine der meist hinterherlaufenden Mainzer schwerer. So war es wohl auch mit zu erklären, weshalb der FCA es viel zu einfach hatte, nur wenig später wieder zu verkürzen.
Dimitrios Giannoulis hatte auf links viel zu viel Raum für seine unbedrängte Flanke, im Zentrum war Essende den Tick gedankenschneller als Hanche-Olsen und stellte nach einer knappen Stunde per Kopf auf 2:3 (57.). Im Anschluss hatte der FSV gleich reihenweise brenzlige Situationen zu überstehen, wenngleich die Augsburger keine echten Hundertprozenter für sich verbuchen konnten. Und so wuchs der Frust auf Seiten der Gastgeber, was wohl zur Folge hatte, dass sich der Torschütze in der 68. Minute im Mainzer Strafraum zu einem Nachtreten gegen Kohr hinreißen ließ, das Storks nach Sichtung der Videobilder mit glatt Rot ahndete.
Die letzten 20 Minuten standen sich auf beiden Seiten also nur noch jeweils neun Feldspieler gegenüber. Das tonangebende Team blieben die Gastgeber, auf Seiten der Mainzer verstärkte zudem bereits seit Minute 60 Maxim Leitsch die Defensive, während Burkardt an vorderster Front den Alleinunterhalter gab und immer wieder versuchte, für Entlastung zu sorgen. Kohr war nach diesem Wechsel außerdem ins Mittelfeld-Zentrum vorgerückt. Insgesamt agierte der FSV in dieser Schlussphase aber arg passiv und fokussierte sich aufs Verteidigen dieser knappen Führung.
Das gelang auch weitestgehend ohne größere Störfeuer vor dem Gehäuse Zentners, der sich in der Schlussminute aber nochmal mächtig strecken musste. Mounié setzte aus 14 Metern zum Fallrückzieher an und zwang die Nummer eins des FSV zu einer weiteren Glanztat (90.). Darauf folgten sechs Minuten Nachspielzeit, die eine verrückte Pointe haben sollten. Denn in der buchstäblich letzten Sekunde kam Schlotterbeck im Strafraum nach einem Zweikampf mit dem eingewechselten Silvan Widmer zu Fall, woraufhin Storks auf den Punkt zeigte.
Erst nach mehr als fünf Minuten war dann klar, dass der Unparteiische falsch gelegen hatte, der Augsburger hatte am Ball vorbeigetreten und sich dann viel zu theatralisch fallen gelassen. Es sollte die letzte nennenswerte Aktion einer denkwürdigen Begegnung sein, in der die 05ER sich schlussendlich glücklich drei Zähler sichern konnten und das Punktekonto nach vier Spieltagen auf fünf Zähler vergrößern. Am kommenden Samstagnachmittag (15.30 Uhr) empfängt der FSV den 1. FC Heidenheim zum Familienspieltag und strebt im dritten Anlauf Heimsieg Nummer eins an.
Text und Bilder: FSV Mainz 05