Gerd Cremer: “meine Stellungnahme gegen den Windradpark bei Planig”

In den hauptbetroffenen Gemeinden Biebelsheim, Pfaffen-Schwabenheim, Zotzenheim, Planig, Bosenheim und Ippesheim lehnen viele Bürger*Innen den von der Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe zwischen Planig und Biebelsheim ausgewiesenen Windradpark ab. Zusammen mehrere hundert Ablehnungs-Unterschriften und Einwendungen wurden bisher abgegeben. Zwar hat auch die Stadt Bad Kreuznach zwischenzeitlich eine ablehnende Stellungnahme abgegeben. Aber gleichzeitig die Einwohner*Innen mit dem Hinweis verunsichert, an der von der Planungsgemeinschaft beschriebenen Stelle könnten auch ohne Ausweisung einer Vorrangfläche Windräder gebaut werden.

Diese Aussage ist zwar formal korrekt. Aber in hunderten anderer Fälle hat die Stadtverwaltung ebenso formal korrekte Hinweise unterlassen. Diese unterschiedliche Vorgehensweise ist vielen Betroffenen aufgefallen. Die Gegner des Baues von Windkraftanlagen an diesem Standort wissen: um so mehr Menschen sich gegen dieses Projekt aussprechen, um so grösser sind die Chancen es zu verhindern. Dazu wird die Unterstützung auch von Nicht-Betroffenen benötigt. Einer von diesen ist Gerd Cremer. Der engagierte sich schon in den neunziger Jahren erfolgreich gegen Müllgebührenbescheide. Und später gegen ungerechte Energiepreisfestsetzungen.

Die Stellungnahme des Gerd Cremer zum Windradpark bei Planig im Wortlaut:

Per E-mail vorab: geschaeftsstelle@pg-rheinhessennahe.de

Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe
Geschäftsstelle
Ernst-Ludwig-straße 2
55116 Mainz

Erneute öffentliche Bekanntmachung der Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe (vierte Teilfortschreibung des Regionalen Raumordnungsplans Rheinhessen-Nahe 2014 in der Fassung der zweiten Teilfortschreibung vom 19.04.2022 für das Sachgebiet Energieversorgung (Windenergie) – Anhörung und öffentliche Auslegung des Planentwurfs)

Hier: Stellungnahme zur Potentialfläche für Windkraft Nr. 21 Planig-Biebelsheim

Sehr geehrte Damen und Herren, ich spreche mich gegen die Potenzialfläche für Windkraft Nr. 21 Planig-Biebelsheim aus und lege hiermit Widerspruch ein. Aus den nachfolgenden Gründen ist die Potenzialfläche heraus zu nehmen:

1. Alle beteiligten Kommunen (Stadt Bad Kreuznach, Verbandsgemeinde Bad Kreuznach, Ortsgemeinde Pfaffen-Schwabenheim, Ortsgemeinde Biebelsheim, Ortsgemeinde Zotzenheim), die eine Stellungnahme abgegeben haben, haben sich gegen die Errichtung von Windkraftanlagen in dieser Potentialfläche ausgesprochen. Es muss also davon ausgegangen werden, dass die Bevölkerung der umliegenden Gemeinden es ablehnt, dass auf dieser Fläche Windräder gebaut und errichtet werden. Also, wenn man die Bürgerbeteiligung bei der Energiewende auch nur etwas Ernst nimmt, sollte man darüber nicht einfach hinwegplanen.

2. Wert der Fläche als Naherholungsgebiet für die Bevölkerung von Bad Kreuznach und Umgebung. Im Jahre 2012 schrieb das Büro Gutschker und Dongus aus Odernheim in der Bewertung der Fläche wörtlich: „Fläche 1 Planig/Biebelsheim: Durch das geplante Vorhaben sind erhebliche Beeinträchtigungen für die Schutzgüter Menschen, Freizeit und Erholung sowie Landschaft und Landschaftsbild abzuleiten. Unter Zugrundelegung des städtebaulichen Zieles der Weiterentwicklung des Bosenberger Hügellandes als Schwerpunkt der stadtnahen Erholung, ist die Ausweisung der Fläche 1 als potentielle Standortfäche für Windenergienutzung aus umweltfachlicher Sicht nicht vertretbar“. Dem ist nichts hinzuzufügen und die Aussage ist heute noch genauso richtig.

3. Die Starkstromfreileitung (2 Systeme je 110 KV) der Deutschen Bahn „Kaiserslautern-Bingen“ ist komplett ohne schwingungsdämpfende Maßnahmen gebaut. Deshalb muss hier zwingend, nach der Stellungnahme der Deutschen Bahn AG, mindestens der 3-fache Rotordurchmesser als Schutzabstand eingehalten werden. Sie haben aber nur den einfachen Rotorabstand von 150m angesetzt. Sie argumentieren: im Zuge des emmissionsschutzrechtlichen Verfahrens kann einzelfallbezogen geprüft werden, ob größere Einzelabstände einzuhalten sind. Frage: Was soll diese Hintertür? Bei einer nicht schwingsgedämpften Starkstromfreileitung von 110 KV muss der dreifache Rotordurchmesser als Abstand eingehalten werden. Die Potenzialfläche Nr. 21 fällt somit unter 50 ha und somit unter die Mindestflächengröße von 50 ha.

4. Die Fläche des ehemaligen Rheinwiesenlagers Biebelsheim überschneidet teilweise die Potentialfläche. Das wird erwähnt in der Stellungnahme der Ortsgemeinden Zotzenheim und Biebelsheim. Sie argumentieren, dass die eigentliche Gedenkstätte Rheinwiesenlager (als Andenken an die Kriegsgefangen) außerhalb der Potenzialfläche Nr. 21 liege, was richtig ist. Des Weiteren schreiben Sie: das übrige Lager für die Kriegsgefangenen ist heute nicht mehr erkennbar. Das mag sein, aber die Einheimischen wissen, wo das Lager sich befand und dass aus Pietätsgründen über diese Fläche ein Grabungsverbot verhängt wurde.

5. Große WEA wirbeln mit ihren Rotoren Luftschichten durcheinander. Die Anordnung von 6 WEA in dieser kleinen Fläche ist kontraproduktiv, sie beeinflußen sich gegenseitig was zu ggf. kleinerem Wirkungsgrad in der Gesamtleistung der WEA führen kann.

6. Die Fläche weist vor allem Konflikte mit dem Schutzgut Landschaft auf. Somit kann von einer grundsätzlich erhöhten Konfliktträchtigkeit für das Landschaftsbild ausgegangen werden, da die begrenzte Flächenkapazität für Anlagen, insgesamt von einer Verträglichkeit, auszugehen ist. Damit wird die zur Verfügung stehende Fläche kleiner als die mindest notwendige Größe.

7. Der Landkreis Bad Kreuznach hat bereits die Mindestfläche für PV gemäß den gesetzlichen Vorgaben mit 2,2% übererfüllt. Deshalb ist es nicht notwendig, weitere Anlagen ob Wind- oder PV-Anlagen zu errichten.

8. Die Windhäufigkeit mit 6m/Sekunde ist als zu gering anzusehen, um eine wirtschaftliche Leistung aus diesem Gebiet mittels WEA entnehmen zu können. Nach meiner Kenntnis sollen auf dieser Vorrangfläche 6 WEA entstehen. Jede Anlage soll insgesamt 299m hoch und die Nabenhöhe soll 199 m betragen. Die installierte Leistung soll pro WEA 7,3 MVA betragen. Ich bitte um Angabe wieviele WEA geplant sind, welche Nabenhöhe, Gesamthöhe und welche Einzelleistung die WEA haben.

10. Der Abstand von 2 WEA zueinander zum Schutz vor gegenseitigen Beschädigungen zwischen zwei Anlagen soll einen Abstand von 5x Rotordurchmesser in Hauptwindrichtung und das Dreifache des Rotordurchmessers in Nebenwindrichtung. Nach dieser Faustformel sollte bei den geplanten Anlagen der Abstand zwischen zwei Anlagen ca. 850m bis 520m auf einer elliptischen Fläche von >23 ha um eine WEA herum keine zweite stehen.

11. Die dargestellte Fläche überschreiten deutlich die Landesvorgabe. Die Flächenziele sollen in Rheinland-Pfalz 1,4% bis Ende 2027 und 2,2% bis Ende 2030 betragen. Die vorliegende planung stellt aber ein nicht notwendiges Flächenpotenzial von 3,85% dar, Dies übersteigt die Zielvorgabe erheblich.

12. Aktuell wird die Fläche als Weinbau- und Ackerfläche genutzt. Der Weinbau stellt in unserer Region ein landschaftbildprägendes Element dar und die Weinberge werden seit jeher zur Naherholung genutzt. Die Freiluft-Steinkirche auf dem Bosenberg kommt dem Gebiet eine besondere lokale Bedeutung zur Naherholung zu. Auch der Landschaftplan der Stadt Bad Kreuznachführt aus, dass der Bosenberg eine der markantesten Erhebungen im Naheraum darstellt und in besonderer Weise das Landschaftbild prägt. Er ist für die Erholung und für die Ausflüge gestalteter Zielpunkt, der in der umgebenden Weinbaukulturlandschaft das erleben eben dieser das Gebiet prägenden Kulturlandschaft in besonderer Weise ermöglicht. Vorzufindende struktureiche Partien mit Natursteinmaueren, Böschungen, Hohlwegen, Felsfluren, Halbtrockenrasen, trockenen Säumen und Brachen unterschiedlicher Entwicklungsstadien bieten einer vielfältigen Flora und Fauna Lebensraum und bilden den Grundstock des biotopverbundes in den Weinbergen des Nahehügels.

13. Auf Grund der zurückliegenden Ereignisse im Jahr 1992 besteht die Befürchtung, dass erneut Aufmärsche von Neonazis stattfinden, sollte eine Überbauung des ehemaligen Rheinwiesenlagers angrenzende Erichtung von Windenergieanlagen erfolgen.

14. Die negativen Effekte auf das Orts- und Landschaftsbild sind durch den industriell-technischen Charakter der Anlagen als gravierend einzuschätzen. Das Vorhaben in der geplanten Größe und Form sollte aufgrund der Lage nicht zulässig sein, da die Schutzbestimmungen dem Vorhaben in der gewählten Dimensionierung entgegenstehen.

15. Die Bewertung des Artenschutzes ist aus folgenden Gründen komplett unzureichend. Sie erfolgt durch die Planungsgemeinschaft auf einer unzureichenden Datenlage, die hier angesetzt wurde. Neben den unvollständigen Daten zu Vogelvorkommen im LANIS sind zwingend auch die Angaben auf der Standard Datenbank ‚omitho.de‘ zu verwenden. Eine fach- und sachgerechte Abwägung ohne diese Daten ist nicht möglich. Der „Fachbeitrag Artenschutz“ des Landesamtes für Umwelt findet keine ausreichende Berücksichtigung.

16. Grundsätzliche Stellungnahme zu “erneuerbaren” Anlagen
Vorab zu meiner Person. Ich war in den 70er Jahren bei der Kraftwerk Union beschäftigt und hatte Kernkraftwerke, Kohle- und Gaskraftwerke gebaut. In den 80er Jahren war ich bei der AEG Großgebäudeausrüstung, Projektleiter für die technische Ausstattung der Autobahntunnel bei Leer unter der Ems, Projektleiter für die elektrotechnische Ausstattung von Krankenhäusern in Saudi-Arabien, ab 1990 bis 2014 dann Referent für die Fernmeldeangelegenheiten des Landes im Ministeriums des Innern und für Sport in Mainz. Natürlich schätze ich die erneuerbaren Energien.

Allerdings dies nur bis zu einem gewissen, vernüftigen Maß und Gessamtanteil an der öffentlichen Stromerzeugung in Deutschland. Eine 100%ige Versorgung aus erneuerbaren Energien wird es nie – ich werde es jedenfalls nicht mehr erleben – geben. Das Stromnetz ist noch nicht umgestellt von einem strahlenförmigen Netz – wenige Erzeugungsanlagen hin zu unendlichen Verbrauchern – zu sehr vielen Erzeugungsanlagen mit unendlich vielen Verbrauchern. Die Lastströme sind sehr komplex geworden.

Das deutsche Verbundnetz bzw. grundsätzlich alle Stromnetze werden von wenigen Kraftwerken, welche sich in der Führung des Stromnetzes abwechseln, „geführt“. Hauptfaktoren sind hier in erster Linie die Frequenz welche in einem sehr engen Bereich gehalten werden muss. Ferner gelten weitere Faktoren. Im Netz fließt Wirkleistung, kapazitive Blindleistung und induktive Blindleistung. Induktive Blindleistung entsteht bei Motoren und Vorschaltgeräten. Diese belasten das Netz also die Kabel und setzen dann den möglichen Stromtransport der Wirkleistung dadurch herab. Ausgleichen kann man das mit kapazitiver Blindleistung.

Dazu braucht man sogenannte „Phasenschieber“. Das sind Kondensatoren oder auch Generatoren die man so einstellt, dass sie kapazitive Blindleistung erzeugen. Das sind konkret die beiden Generatoren, jeder mit einer Wirkleistung von 1.200 MW des ehemaligen Kernkraftwerkes Biblis. Diese werden jetzt durch einen kleinen Motor von ca. 500 KW angetrieben. Es gibt auch noch große Kondensatoren Batterien für den kapazitiven Blindstrom. Damit kann man das Stromnetz im optimalen Betriebspunkt halten/fahren. Ferner spielt natürlich auch die Spannung eine nicht unerhebliche Rolle.

Es entstehen Netzsprünge durch große Lastzu- oder Lastabschaltungen. Aktuell wurde die Ukraine vom Verbundnetz am 30.5.24 getrennt. Oder wenn große Verbraucher an- oder abgeschaltet werden (Aluminiumwerk). Das sind immer kritische Phasen, da die Frequenz mehr als gewöhnlich abweicht. Diese Eingriffe, sogenannte Redispatchmaßnahmen, waren letztes Jahr auf über 34.000 Fälle angestiegen mit Kosten von 3 Mrd. Euro, welche die Allgemeinheit, also von den Bürgern über die Netzentgelte, getragen werden. Sie können erläuternde Unterlagen in der Ausgabe von Transparent Nr. 21 von der TransnetBW GmbH auf Seite 20 einsehen was Grid-forming und Grid following ist.

Wir brauchen weiterhin für die nächsten 25-30 Jahre noch konventionelle Kraftwerke (Öl, Kohle, Gas) die das Stromnetz konstant halten und führen, genannt „Grid-forming“, wie oben erläutert. Die Netzumformer bei Windkraftanlagen oder die Wechselrichter bei PV Anlagen sind technisch noch nicht in der Lage dazu, siehe Ausgabe TransnetBW #21 Seite 20/21 Dr. Michael Heihsel hat es richtig im letzten Satz auf Seite 20 gesagt: ein stabiler Stromnetzbetrieb mit ausschließlich Grid following Anlagen ist technisch nicht möglich. Deshalb braucht es noch mindestens 20-25 Jahre Entwicklung und technische Umsetzung im großindustriellen Bereich.

Deshalb ist es unerlässlich den weiteren Zubau von Wind und PV zu stoppen. Sonst kommt es unweigerlich zu kritischen Situationen (Anstieg weiterer Redispatchmaßnahmen) die auch mal aus dem Ruder laufen können, also nicht beherrschbar sind. Und das führt zu einem Blackout. Dazu empfehle ich auch in YouTube die Seiten von outdoor Chiemgau/Mr. Blackout. Konkret gab es einen Blackout in Montenegro, Kroatien, Herzogovina, Albanien am 21.6.24 um 12 Uhr 24 Minuten. Eine 400 KV Leitung mit einer Übertragungsleistung von 1.300 MW war ausgefallen, da sie mit 2.250 MW belastet war. Weitere Umgehungsstrecken wurden thermisch überlastet.

Es gab dann kaskardische Ausfälle weiterer Leitungen innerhalb 3 Minuten!! Das Betriebspersonal des DC NOSBiH konnte den Zusammenbruch des Stromversorgungssystems von BiH verhindern, aber das Ereignis vom 21.6.24 lag aufgrund seiner Intensität und Geschwindigkeit der Eskalation völlig außerhalb der operativen Kontrolle von DC NOSBiH und es gab keine Möglichkeit dies zu verhindern. Das n-1 Sicherheitsprinzip gibt es nur noch auf dem Papier. Beherschbar ist dies nicht mehr ganz. Jede weitere Zuschaltung von volentilen Kraftwerken PV oder Wind höhlen das Sicherheitsprinzip weiter aus und das Stromsystem wird instabiler, abgesehen von den riesigen Kosten im Milliardenbereich welche von den Steuerzahlen allgemein aufgebracht werden müssen.

Und das macht mir immense Sorge um eine gesicherte Stromversorgung. Soweit nur in Kürze meine Ausführungen. Schwer zu verstehen für einen Nichtfachmann aus der Planungsgemeinschaft in bezug auf die gesamte Starkstromtechnik des deutschen und euroäischen Verbundnetzes. Für weitere Erläuterungen und Fragen stehe ich Ihnen zur Verfügung. Aus den vorgenannten Gründen fordere ich,

– dass die Potentialfläche Nr. 21 für Windkraft „Planig-Biebelsheim“ aus der Planung für künftige Windkraftpläne
herausgenommen wird.
– dass grundsätzlich, auch wenn es von der Bundesregierung und gesetzlich gefordert wird, der weitere Ausbau von erneuerbaren Energieanlagen von Wind- und PV in Rheinland-Pfalz absolut gestoppt werden muss.

Mit freundlichen Grüßen Gerd Cremer”