Oberbürgermeister Letz lässt 80 Bürger*Innen zwei Stunden stehen

Von Claus Jotzo

Die eine Entscheidung des Oberbürgermeisters zur Bürgerinformationsveranstaltung zum Thema “Windradpark am Bosenberg” am 17.6.2024 (diese Seite berichtete) wurde vor Ort ausdrücklich begrüsst: der Veranstaltungsort sollte in Planig liegen, weil die dortigen Einwohner*Innen stärker noch als andere betroffen sind. Die andere Entscheidung, nämlich die Auswahl des katholischen Pfarrheimes als Tagungsraum, wurde allerdings von Anfang an in Frage gestellt. Weshalb Emanuel Letz diese in der Stadtratssitzung am 5. Juni ausdrücklich verteidigte.

Mittlerweile liegen der Redaktion dieser Seite von mehreren Personen Erklärungen vor, die aufgrund der Angabe des Veranstaltungsortes auf eine Teilnahme verzichtet haben, weil sie vorhergesehen haben, dass es ihnen zu eng wird. Die Tatsache, dass staatliche Stellen drei Coronajahre lang immer wieder “Abstand halten” gepredigt haben, hat halt ihre Spuren hinterlassen(*).

Vor zwei Wochen stellte er vor dem Kommunalparlament fest, der Aufwand die Nahetalhalle für diese Veranstaltung herzurichten, sei zu gross. Angesichts der Menschenmasse, die sich am vorgestrigen Montagabend im und vor dem Veranstaltungsraum drängte, erweiterte Letz sein Begründung. Er habe bei “Herrn Gaul” nachgefragt. Dieser habe ihm bestätigt, dass das Pfarrheim ausreiche. Die 17 Veranstaltungsteilnehmer*Innen, mit denen ich unmittelbar nach der Veranstaltung persönlich gesprochen habe, verstanden diesen Hinweis so, als sei die “ausreichende Raumgrösse” vom bis Monatsende amtierenden Ortsvorsteher Dirk Gaul-Rosskopf testiert worden.

Das Bild entstand ganz am Anfang der Veranstaltung. Die Zahl der Personen, die von draussen zuhören mussten, erhöhte sich im Laufe des Abends noch.

Dieser war leider für eine Stellungnahme bisher nicht zu erreichen. Weil der Dirk aufgrund seines jahrelangen Engagements für den Ortsbezirk allergrössten Respekt bei den Planiger*Innen geniesst, fiel der Protest gegen die räumliche Enge nach der zitierten Erklärung des OB sehr moderat aus. Obwohl der Zustand mitteleuropäischen Standarts für Sitzungen mit Publikum nicht entsprach. In keiner einzigen Schulung etwa für Stadtverwaltungsmitarbeitende müssen bis zu 40 % der Teilnehmenden zwei Stunden oder länger stehen. Oder gar von ausserhalb des Tagungsraumes zuhören.

Das war am Montagabend dieser Woche leider ganz anders. Denn für die fast zweieinhalbstündige Veranstaltung standen nur rund 100 Sitzplätze zur Verfügung. Der neue Ortsvorsteher David Feld und mehrere Ortsbeiratsmitglieder brachten für die rund drei Dutzend Personen, die im Innneraum nicht einmal mehr einen Stehplatz bekommen konnten, eilig noch Bänke von Biertischgarnituren bei. Innen mussten etwa 50 Personen dicht gedrängt im Eingangsbereich, vor der Theke und an den Fenstern stehen. Emanuel Letz hatte damit kein Problem. Der OB hatte sich vorn am Verwaltungstisch einen bequemen Sitzplatz gesichert.

Das ehrenamtliche Personal im katholischen Pfarrheim sorgte nicht nur dafür, dass alle etwas zu trinken bekamen, sondern auch für gute Laune trotz Enge.

Beim Aufnehmen der Bilder im Aussenbereich habe ich selbst mehrere Personen gesehen, die zunächst zum Pfarrheim kamen. Dann die Veranstaltung aufgrund der räumlichen Enge aber wieder verlassen haben. Auch haben mehrere Teilnehmer*Innen, die nur einen Stehplatz ergattern konnten, die zweieinhalbstündige Veranstaltung innerhalb der ersten 90 Minuten vorzeitig verlassen. Anders als die Fans auf den Stehtribünen im Fritz-Walter-Stadion oder der Mainzer MEWA-Arena sind halt nicht mehr alle Menschen stundenlanges Stehen gewöhnt.

Oberbürgermeister Emanuel Letz hatte einen bequemen Sitzplatz am Verwaltungstisch. Dutzende Bürger*Innen mussten stehen.

(*) Zur Klarstellung: es war aus vielen Gründen richtig fürs Abstand-Halten zu werben. Falsch ist es, dies heute nicht mehr zu tun. Und jenen Menschen, die die staatlichen Hinweise ernst nahmen und nehmen, durch ohne Not künstlich herbeigeführte Enge aktiv auszugrenzen.