Stefan Butz: “20 Minuten Takt beim Busverkehr ist die absolute Untergrenze”

Stefan Butz ist für die Wählervereinigung “Progressives Bad Kreuznach” (PBK) in den Rat der Stadt Bad Kreuznach gewählt worden. Dort hat er in den vergangenen drei Jahren sowohl die Rekommunalisierung des Busverkehres gestimmt, als auch für die Beteiligung der Stadt an der Busgesellschaft der Kreise Mainz-Bingen und Bad Kreuznach KRN GmbH. Die ist seit dem 17. Oktober 2022 für das Angebot auch in der Stadt verantwortlich. Und wird dafür von vielen Seiten kritisiert. Weil trotz mehr als einjähriger Vorbereitngsphase Busse und Fahrer fehlen, massenhaft Notbushaltestellen ausgewiesen wurden, veränderte Linienführungen für Ärger sorgen und eine hohe Zahl von Ausfällen zu beklagen ist.

Ergänzend gibt es aus dem Kreis der Kommunalpolitiker*Innen Hinweise auf “Geisterbusse”. Gemeint sind – nicht nur nachts – leer oder fast leer durchs Stadtgebiet rollende Busse. Dazu nimmt Stefan Butz wie folgt Stellung: “Im Stadtrat beschweren sich die üblichen Verdächtigen und tun ganz ganz verwundert, dass die Omnibusse in der Stadt, seitdem sie in einem besseren Takt unter KRN-Flagge fahren, nicht bis auf den letzen Platz gefüllt sind: ein Paradebeispiel für anekdotische Evidenz und selektive Wahrnehmung. Wenn zum Beispiel Herbert Drumm (Freie Wähler, Ex-CDU) im Stadtrat erzählt, was er alles von seinem Fenster aus beobachten kann, nämlich nur mit wenigen Fahrgästen besetzte oder ganz leere Busse, dann hat das leider wenig Aussagekraft.

Denn nicht alle Buslinien der Stadt sind von einem Fenster eines einzigen Hauses in Bad Kreuznach aus beobachtbar. Auch der stadtbekannte CDU-Polit-Widergänger Werner Klopfer, der von seiner eigenen Partei einst abgesägt wurde, stößt ins gleiche Horn: Die Busse, die er so beobachtet hat, seien ja alle leer. Es steht allerdings zu vermuten, dass auch Werner Klopfer nur ein paar Augen hat und auch nicht über Stunden oder gar Tage Busse in der Stadt beobachtet hat. Seine wie auch Drumms Aussagen sind daher anekdotische Beweise – und damit eben nur vermeintliche Beweise. Denn sie geben eben gerade nicht eine allumfassende Übersicht zur Busnutzung, sondern mit ihnen wird versucht, einen winzigen, statistisch irrelevanten Ausschnitt des Bildes zum Gesamtwerk, zur allgemeingültigen Tatsache zu erklären.

Das Ziel dabei ist klar: Den ungeliebten ÖPNV so gut es geht beschädigen und die auch in Bad Kreuznach dringend benötigte Verkehrswende weiter herauszuzögern. Damit werden Drumm und Klopfer wie auch ihre Brüder im Geiste dazu beitragen, das Leiden der Menschen insbesondere in der jetzt schon deutlich heißeren Innenstadt zu verlängern. Abgase, Staus, Hitze, Lärm: Das alles wird – jede Statistik zu diesem Thema bestätigt das – zum allergeringsten Teil von Bussen, zum allergrößten Teil aber durch den Individualverkehr mit Verbrenner-Autos verursacht. Und nicht, wie Klopfer vermutet, etwa von Bussen. So viel zum Thema selektive Wahrnehmung.

Nur dass der KRN-Start mehr als unglücklich war, ist so ziemlich die einzige korrekte – und partei- und lagerübergreifend geteilte – Einschätzung, die den beiden Polit-Senioren gelingt. Sollten die beiden ÖPNV-Verächter tatsächlich so ahnungslos sein, als dass sie nicht wissen, dass der Umstieg vom Privat-Pkw auf ÖPNV-Busse nicht von heute auf morgen geschieht? Dabei ist es doch völlig offensichtlich, dass jahrzehntelang eingeübte Verfahrensweisen, also eben mal schnell mit dem Auto in die Stadt zu fahren, sich nicht über Nacht und auch nicht nach wenigen Wochen oder Monaten ändern. Wer ein Auto besitzt, der hat zumeist viel Geld dafür bezahlt.

Eine Investition, die sich lohnen soll, weswegen das Fahrzeug so lange genutzt wird, wie es wirtschaftlich ist. Eine zusätzliche Bus-Monatskarte ist da schlicht eine für viele nicht tragbare Zusatzinvestition. Die Änderung des Verkehrsverhaltens kann also nur mittel- bis langfristig geschehen – bei Einzelpersonen z.B. wenn der eigene Wagen abgestoßen wird. Sie wird aber nur geschehen, wenn ein entsprechend attraktives ÖPNV-Angebot vorgehalten wird – auch und gerade wenn die Busse nicht bis zum letzten Platz gefüllt sind. Sukzessive muss es daher erschwert werden, mit dem Auto in die Stadt zu kommen, sukzessive muss das Bus-Angebot attraktiver werden.

Beides trägt zu einer schnelleren Verkehrswende bei. Der 20-Minuten-Takt, den man inzwischen in Bad Kreuznach hat, ist dabei die absolute Untergrenze. Denn: Eine für die Bürger:innen attraktivere Taktung bedeutet, dass man sich sicher sein kann, dass relativ bald ein Bus zum gewünschten Ziel verfügbar ist. Da sind 20 Minuten schon recht lange. Wird die Taktung größer, kann man eben nicht mehr „mal schnell“ mit dem Bus in die Stadt. Und nimmt, wenn man’s eilig hat, eben wieder das Auto. Dann wäre Bad Kreuznach wieder da, wo die Dinosuarier-Fraktion die Stadt gerne hätte: im Dauer-Stau”.