Stadtverwaltung bereitet den nächsten Rechtsfehler aufwändig vor

Edward A. Murphy jr. hat Bad Kreuznach nie besucht. Und doch hat er bereits 1949 geradezu prophetisch vorhergesagt, wie die hiesige Kommunalpolitik funktioniert: “wenn es zwei oder mehrere Arten gibt, etwas zu erledigen, und eine davon kann in einer Katastrophe enden, so wird jemand diese Art wählen.“ Eine weitere Aufführung dieser als “MURPHY’S LAW” bekannten Lebensweisheit über berechenbares menschliches Versagen findet diese Woche im Stadthaus statt. Einer der Hauptakteure: Jürgen Cron. Der kommissarische Leiter des Amtes für Kommunales und Öffentlichkeit hat gestern Nachmittag viel telefoniert. Die acht Stadtratsfraktionen waren über den jüngsten Plan des Stadtvorstandes zu informieren:

Gerhard Merkelbach (rechts neben Wilhelm Zimmerlin) in der Stadtratssitzung am 24.11.2022.

Am Dienstag kommender Woche soll eine Sonderstadtratssitzung stattfinden. Vor der des Hauptauschusses. Dessen im Jahresterminkalender vorgesehener Termin wurde im aktuellen Ratsinformationssystem schon mal gelöscht. Damit viel Platz für eine neue Eintragung ist. Grund für die Sondersitzung sind eine Reihe von Rechtsfehlern, die die Stadtverwaltung vor und in der Stadtratssitzung am Donnerstag vergangener Woche (24.11.2022) verwirklicht hat. Jörg Fechner (AfD) und Gerhard Merkelbach (Faire Liste) hatten auf diese Rechtsbrüche bereits eingangs der letztwöchigen Sitzung hingewiesen (diese Seite berichtete). Und hatten damit den Widerspruch des Stadtrechtsdirektors Fouad Yahia ausgelöst.

Der Jurist auf der A15-Stelle wies die Kritik zurück. Und ließ anschließend zu, dass in öffentlicher Sitzung vom Stadtrat mehrheitlich beschlossen wurde, den Tagesordnungspunkt “Ankauf Gebäude Kornmarkt 5 (Sparkassengebäude) als Verwaltungsgebäude” aus dem nichtöffentlichen auch in den öffentlichen Teil als TOP 9 aufzunehmen. Ein glatter Rechtsbruch, wie Gerhard Merkelbach am Montagvormittag dieser Woche dem Oberbürgermeister schriftlich nachwies. Denn damit wurde gegen den Wortlaut einer Bestimmung der Gemeindeordnung (GemO) verstossen. In § 35 ist wörtlich vorgeschrieben: “über Anträge, einen Beratungsgegenstand entgegen der Tagesordnung in öffentlicher oder nicht öffentlicher Sitzung zu behandeln, wird in nicht öffentlicher Sitzung beraten und entschieden”.

Merkelbachs Konsequenz: der Beschluß wurde rechtsfehlerhaft gefaßt und muss daher wiederholt werden. Wie die ganze Stadtratssitzung. Denn zu der, so Gerhard Merkelbach in seinem Anfechtungsschreiben, sei fehlerhaft eingeladen worden. Und zwar sowohl per Email als auch durch die Amtliche Bekanntmachung. Weil nämlich für den Sitzungsbeginn um 17:30 Uhr ausdrücklich zu einer “nichtöffentlichen Sitzung” eingeladen worden war. Tatsächlich fand aber zunächst eine öffentliche Sitzung statt. Der offensichtliche und nachgewiesene Verstoss gegen die GemO hat die Verantwortlichen im Stadthaus nachdenklich werden lassen. Denn ein Formfehler beim Kauf des künftigen Rathauses könnte das ganze Projekt gefährden.

Daher wurde Jürgen Cron auf die fernmündliche Mission geschickt. Obwohl die gestern schon am frühen Nachmittag stattfand, wurde das Vorhaben gegenüber der Presse verschwiegen. Um 16:48 Uhr reagierte die Stadtpressestelle auf eine Anfrage der Redaktion dieser Seite mit der schmallippigen Mitteilung: “wir prüfen aktuell den Vorgang und werden uns dazu melden”. Der Plan aus dem Stadthaus sieht, Stand gestern Abend bis zum Ende der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaftsförderung, lediglich die Wiederholung des Beschlusses zum Erwerb des Sparkassen-Gebäudes vor. Die anderen 23 Punkte nicht. Denn die Verwaltungsfachleute haben den Ernst der Lage, anders als Gerhard Merkelbach und andere, nicht erkannt.

In den Augen des Planiger Stadtratsmitgliedes ist es unverantwortlich die Anfechtbarkeit der am 24.11.2022 öffentlich wie nichtöffentlich gefaßten Beschlüsse hinzunehmen. So könne etwa der nichtöffentlich gefaßte zum Bebauungsplan “Verlängerung Humperdinckstrasse und Hohe Bell”, weil es sich rechtlich um eine Satzung handelt, ein Jahr lang mit dem Hinweis auf die Fehler bei der Einladung zur Stadtratssitzung angefochten werden. Auf die Stadt könnten so sechs- oder siebenstellige Kosten zukommen. Aber auch die öffentlich gefaßten Sachbeschlüsse wären – wenn auch nur drei Monate – angreifbar.

Gerhard Merkelbach ist über die Handlungsweise der Stadtverwaltung mehr als verwundert. Jetzt würde wieder auf die Leute gehört, die die Probleme erst mit ihren Fehlhandlungen und Unterlassungen ermöglicht hätten. Dabei wäre es ganz einfach es endlich richtig und korrekt zu machen: statt nur einen Tagesordnungspunkt eben die ganze Sitzung wiederholen. Da alle Beschlüsse am 24.11. mit großen Mehrheiten gefaßt wurden und in den vergangenen Tagen keinerlei inhaltliche Kurswechsel bekannt geworden seien, würde das in der Sache nichts ändern. Aber Rechtssicherheit schaffen. Und Prozesse ersparen. Statt dessen bereitet die Stadtverwaltung den nächsten Rechtsfehler aufwändig vor. Ganz so, wie Edward A. Murphy jr. es vorhergesagt hat.

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29.11.22 – “Inkompetenz behindert die Ratsarbeit”
24.11.22 – “Peinlich: Stadt erklärt “öffentlich” eingestufte Vorlage zur Geheimsache”