Emanuel Letz ist schon jetzt politisch angezählt

Erfahrene Beobachter hatten das schon im Wahlkampf befürchtet: ein Oberbürgermeister ohne Hausmacht im Stadtrat muss mit seiner Kompetenz punkten. Oder hat nur eine sehr reduzierte Einflußmöglichkeit. Auf Emanuel Letz trifft genau das zu. Der FDP-Mann kann sich nur auf seine beiden Parteifreunde Mariana Ruhl und Werner Lorenz stützen. Von den beiden weiteren Liberalen im Rat, Jürgen Eitel und Wolfgang Boffleur, hatte sich der FDP-Stadtverband distanziert. Eine erste schmerzhafte Quittung dafür gab es am Montagabend (12.9.2022) im Hauptausschuß. Das erfahrene kommunalpolitische Schlachtroß Jürgen Eitel, der bis zum FDP-internen Krach liberale Positionen immer wieder wortgewaltig vertreten und durchgesetzt hatte, hörte interessiert zu, wie der Letz-Plan von CDU, Grünen und SPD teils süffisant zerlegt wurde.

Dachte sich seinen Teil. Und blieb stumm. Da die FDP-Fraktionsvorsitzende Mariana Ruhl zwar minutenlang über ihre durch die zunächst verlegte Stadtratssitzung bedrohte Urlaubsplanung sprach, aber zur Dezernatsverteilung – vermutlich aufgrund schlechter Beratung – kein einziges Wort herausbrachte, trat der von dieser Seite bereits gestern berichtete Fall ein: ausser Letz sprach kein Ausschußmitglied für seinen Vorschlag. Diese Aufgabe mußte Beigeordneter Markus Schlosser übernehmen. Damit ist Letz schon jetzt politisch angezählt. Gelingt es ihm nicht Veränderungen bei den Dezernatszuschnitten durchzusetzen, obwohl er diese im Wahlkampf und nach der Amtseinführung angekündigte, wird seine Glaubwürdigkeit erheblich Schaden nehmen.

In der Sitzung des Hauptausschusses am Montag war bereits klar erkennbar, welche Ablehnungsblöcke sich im Stadtrat bilden könnten. So ist der CDU offensichtlich daran gelegen, ihren Parteifreund Bürgermeister Blechschmidt mit zusätzlichen Aufgaben auszustatten. Wie mit der Zuständigkeit für die Stadtwerke und die Wirtschaftsförderung. Ohne diese Veränderung steht das Nein aus der immerhin größen Fraktion schon jetzt fest. Weil von der Verwaltung konsequent benachteiligt, haben weder AfD noch Faire Liste / BüFEP einen Grund, sich dem Nein der CDU nicht anzuschließen. Kommt es dann zu einer geheimen Abstimmung, dürften sich – wenn auch zum Teil aus sachfremden Motiven – weit mehr als die dann noch nötigen fünf Ratsmitglieder gegen den Letz-Vorschlag aussprechen. Selbst eine Einigung mit SPD, Grünen und Linken in der Weise, dass das Jugendamt – wie von diesen gewünscht – in der Verantwortung des OB verbleibt, würde Letz nicht helfen.

Denn es bleibt die nachvollziehbare Kritik des SPD-Co-Fraktionsvorsitzenden Holger Grumbach an der Ausgliederung der Sport-Zuständigkeit aus dem von Grit Gigga geführten Amt. Die im Kopf der Amtsleiterin gespeicherten Zusammenhänge, Spezialkenntisse und Kontakte fehlen der neu zuständigen Person und würden deren Arbeit um Monate oder Jahre zurückwerfen. Zudem Beigeordneter Schlosser mit Sport und Wirtschaftsförderung so viele Aufgaben verlieren würde, dass seine Tätigkeit zum Teilzeitjob verkäme. Also müßte Schlosser zum Ausgleich der Aufgabe “Wirtschaftsförderung und Liegenschaften” mindestens Sport behalten und “Kultur und Schulen” vollständig dazubekommen.

Was SPD, Grüne und Linke befrieden könnte. Den Makel, das von ihm ungeliebte Jugendamt trotzdem verantworten zu müssen, würde Letz mindestens bis zur Kommunalwahl 2024 nicht mehr abstreifen können. Denn sein Verhalten ist allzu offensichtlich. Selbst für den Senionenbeirat nahm sich der OB in den ersten Amtswochen Zeit. Den bedeutenden Jugendhilfeausschuss lernt er erst heute kennen. Und das nicht mal auf eigene Einladung. Sondern auf die von Grünen-Stadtratsmitglied Juliane Rohrbacher. Aus spezialrechtlichen Gründen ist Letz nur Gast im eigenen Haus.

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