OB Letz will die Verwaltungsarbeit neu verteilen – stimmt der Hauptausschuß zu?

Recherchiert und bewertet von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Emanuel Letz (Oberbürgermeister), Thomas Blechschmidt (Bürgermeister) und Markus Schlosser (Beigeordneter) bilden den Stadtvorstand der Stadt Bad Kreuznach. Jeder der drei Herren hat einen eigenen Arbeitsbereich. Dieser ist im sogenannten Dezernatsverteilungsplan festgeschrieben. Weil diese Verteilung so bedeutend ist, kann sie nur auf eine einzige Art und Weise geändert werden: der OB macht einen Vorschlag, der Stadtrat nimmt diesen Vorschlag an. Dieser Beschluß ist die einzige Entscheidung des Kommunalparlaments, bei dem die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*Innen keinen Änderungsantrag stellen dürfen. Sie können nur “ja” oder “nein” sagen. Oder den OB – auch per Beschluß – auffordern, einen anderen Vorschlag vorzulegen.

Eigeninitiativ einen Beschluß fassen darf der Stadtrat nicht. Denn zwei gleich starke Rechte stehen sich gegenüber. Kommt es nicht zu einer Einigung zwischen OB und Stadtrat, bleibt alles so, wie es jetzt ist (Kontinuitätsprinzip). Der neue Oberbürgermeister möchte die Aufgabenverteilung ändern. Dabei sollen u.a. Sport und Wirtschaftsförderung zur Chefsache werden. Einige andere Aufgaben, so die Verantwortung für das Stadtjugendamt, möchte Letz abgeben. Die Veränderungen sind durchaus umfangreich. Das macht ein Vergleich der aktuellen Dezernatsverteilung, die auf der Stadtseite bad-kreuznach.de als “Organigramm” veröffentlich ist, mit dem Letz-Vorschlag (Anlage der heutigen Sitzung des Hauptausschusses) deutlich:

Umstrukturierung Hauptamt:

Erst Mitte Januar 2021 hatte die damalige OBin die Strukturen in ihrem direkten beruflichen Umfeld verändert (diese Seite berichtete unter der Überschrift “Dr. Kaster-Meurer ordnet Aufblähung der Zentralverwaltung an”). Weil dies nur Veränderungen innerhalb ihres eigenes Dezernates waren, durfte sie das ohne die Zustimmung des Stadtrates. Die OBin machte damals aus dem Hauptamt drei Ämter mit drei Amtsleitungen: das “Amt für Kommunales und Öffentlichkeitsarbeit” (wobei Dr. Kaster-Meurer mit Öffentlichkeitsarbeit ihre persönliche PR meinte), das Organisationsamt und das Personalamt.

Aktuell gültige Struktur.
Von Emanuel Letz angekündigte Veränderung.

Die neuen Amtsleiterstellen wurden natürlich linientreu besetzt. Das alles nimmt Letz in seinem Vorschlag zurück. Er setzt das Hauptamt wieder ein. Und macht aus den drei Ämtern wieder Abteilungen. Also auf dem Papier. Tatsächlich ist das noch nicht vollzogen. Vermutlich weiß Letz gar nicht, dass er das per Organisationsverfügung einfach nur anordnen muss. Denn auf der Stadtseite bad-kreuznach.de wird Daniela Stein immer noch als “Amtsleiterin Organisationsamt” bezeichnet und Isabelle Merker immer noch als “Leiterin des Personalamtes”.

Amt für Schulen und Kultur (40):

Das von Grit Gigga geleitete Amt war bisher das einzige, das zwei Herren dienen mußte. Ein Teil seiner Aufgaben fiel in das Dezerenat I der OBin, ein Teil in das Dezernat III des Beigeordneten Schlosser. Diese schwierige Sonderstellung soll beibehalten werden. Allerdings kommt es zu einem umfangreichen Aufgabentausch. Derzeit sind Volkshochschule (vhs), Stadtbibliothek und die drei Museen (PuK, Römerhalle und Schloßpark) als “Einrichtungen” beim Dezernat I. Das soll sich in dem Sinne – zustimmungsbedürftig durch den Stadtrat – ändern, als Volkshochschule und Stadtbibliothek ins Dezernat III wechseln sollen. Eine inhaltliche Begründung hierfür gibt Emanuel Letz in seiner Beschlußvorlage nicht.

Stadtbauamt (60):

Dort heißt die Abteilung 650 bisher “Hochbau und Gebäudewirtschaft”. Gebäudewirtschaft ist dieser zwar sehr wichtige, aber wegen der hohen Kosten und der geringen öffentlichen Wahrnehmung unbeliebte und sträflich mißachtete Aufgabenteil, der sich mit der Unterhaltung der dutzenden im Besitz der Stadt befindlichen Gebäude beschäftigt. Dieser Aufgabenbereich wechselt in das Amt 231 “Liegenschaften”. Allein dazu müßte einiges ausgeführt werden. Aber angesichts der Themenfülle ist das hier und heute nicht möglich. Relevant ist hier der Hinweis, dass auch diese Veränderung zustimmungsbedüftig durch den Stadtrat ist, weil so oder so ein Dezernatswechsel erfolgt. Entweder für die Gebäudewirtschaft aus dem Dezernat I heraus zu den Liegenschaften ins Dezernat III. Oder mit diesen ins Dezernat I.

Amt für Wirtschaftsförderung, Liegenschaften und Sport (23):

Allein die Namensgebung macht die ganze Tragik des Letz’schen Arbeitsverteilungsplanes deutlich. Wirtschaftsförderung hat mit Sport so viel zu tun, wie die Kämmerei mit der Stadtbibliothek. Daher käme kein Mensch auf die Idee, die Bücherei als Abteilung oder Einrichtung neben die Stadtkasse umzustellen. Auch für die Neuzuordnung des “Sportes” weg vom Amt für Schulen und Kultur (40), das ja teilweise beim Dezernat I verbleibt, gibt es von Letz kein einziges Argument. Ein solches vorzutragen wird ihm auch heute Abend in der Sitzung des Hauptausschusses schwer fallen.

Amt für Kinder und Jugend (51):

Hier sind rund die Häfte aller städtischen Mitarbeitenden tätig (Stichwort: Kitas). Aber auch der in Sonntagreden immer wieder bekräftigte Anspruch der Politik, Kinder als wichtigste Zielgruppe ihrer Arbeit zu verstehen, weil diese die gesellschaftliche Zukunft darstellen, ist hier einzulösen. Eine Mammutaufgabe. Mit vielfältigen Themengebieten und Aufgabenstellungen. Und einem akuten Führungserfordernis. Nicht nur, weil der etatmäßige Amtsleiter längere krankheitsbedingte Ausfallzeiten hat. Sondern weil die Frage einer gerechteren Finanzierung durch das Land oder der Abgabe an den Kreis angesichts des hochdefizitären Stadthaushaltes nach wie vor drängend ist. Letz möchte diese Verantwortung an Schlosser abgeben. Da der – anders als bei anderen Themen – sich darüber bei seinen christdemokratischen Parteifreunden nicht ausgeweint hat, dürfte dessen interne Zustimmung vorliegen. Na dann, viel Erfolg!

Wie würde ein vernünftiger Menschen die Neuordnung vornehmen?

Dieser würde sich von verschiedenen Argumenten leiten lassen. Etwa von dem Fakt, dass das Amt für Schulen, Kultur und Sport mit der zum Glück noch einige Jahre zur Verfügung stehenden Amtsleiterin Grit Gigga in den besten Händen ist. Die etwa aus dem Amt für Wirtschaftsförderung und Liegenschaften bekannten Peinlichkeiten falscher Haushaltsansätze bei Etaberatungen und massenhaft fehlender Unterlagen für Ausschußberatungen, sind dort nicht zu beklagen. Demzufolge würde ein vernünftiger Mensch überlegen, ob es für dieses Amt und seine Aufgabenerfüllung nicht ein Vorteil sein könnte, wie alle anderen nur noch in einem Dezernat angesiedelt zu sein.

Wegen der vielfältigen Berührungspunkte zwischen Jugend, Sport, Schule und Kultur (mit allen Einrichtungen und Abteilungen) wäre es naheliegend, die Aufgaben in die Hand einer verantwortlichen Person zu legen. Aktuell ins Dezernat III. Richtig ist, dass die derzeitige Aufgabenverteilung den OB überlastet. Letz’ Vorgängerin wollte das so, weil sie als “Alleinherrscherin” die Jahrtausende alte Lebenserfahrung hinter dem römischen “divide et impera” (die auch in Wikipedia-Übersetzungen nicht einmal ansatzweise deutlich wird) nie verstanden hat. Daher ist es notwendig, Letz – auch gegen seinen Willen – zu entlasten, damit er sich um höchst relevante Fragen wie die bürgerfreundliche Umgestaltung der Verwaltung, bessere Kommunikation mit den Einwohner*Innen und Veränderungen beim Stadtbauamt tatsächlich kümmern kann.

Weil Bürgermeister Thomas Blechschmidt ganz offensichtlich gern den “Hans Dampf in allen Gassen” gibt und zudem mit seiner gewinnenden rheinhessischen Frohnatur als positives Aushängeschild für die Stadt wirken kann, wäre eine Zuordnung der Arbeitsgebiete Wirtschaftsförderung und Liegenschaften in sein Dezernat, dort vereint mit dem Tourismus (unter dem Motto: “aus Gästen Geschäftspartner*Innen machen”), ein zielführender Ansatz. Wie entscheiden es Emanuel Letz und die gewählten ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*Innen? Davon kann sich die Öffentlichkeit heute Abend (12.9.2022) ab 17:30 Uhr anlässlich der öffentlichen Beratung im Hauptausschuß überzeugen. Im Sitzungssaal der Stadtverwaltung, Brückes 2-8 (ehemals Telekom).

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