“Rücksichtsloser Umgang mit Zeugnissen aus Bad Kreuznachs Stadtgeschichte”

“Ungeheurlich” bewertet der Denk-Mal e.V. den “rücksichtslosen Umgang mit den Zeugnissen aus Bad Kreuznachs Stadtgeschichte”. Wie diese Seite berichtete, wurden am gestrigen Dienstagmittag (6.9.2022) die auf einer Baustelle in der Salinen- Ecke Schloßstrasse entdeckten Reste des “Ebernburger Turmes” und der Stadtmauer zerstört. Der Bauträger durfte so handeln, weil weder der amtliche Denkmalschutz noch die Stadtverwaltung als Bauaufsicht die steinernen historischen Zeugen schützten. Jahrhunderte alte Gemäuer und Artefakte landen nun beim Bauschutt. In einem Protestschreiben an die Leiterin der rheinland-pfälzischen Landesarchäologie, Dr. Marion Witteyer, kritisiert der Verein Denk-Mal, dass “diese wertvollen historischen Funde dem Erdboden gleichgemacht” wurden.

Am gestrigen Dienstagabend (6.9.2022) war ein Teil der historischen Funde bereits weggebaggert.

Und zwar nur wenige Stunden vor einer Sitzung des Planungsausschusses, in der auf Antrag der Fraktion Faire Liste / BüFEP “über das weitere Vorgehen (Schutz, Erhalt) beraten werden sollte”. Auf der Baustelle wurden neben den mittelalterlichen Gebäuderesten auch Funde aus der Jungsteinzeit gemacht. Bezogen auf diese fragt Denk-Mal die Landesarchäologie: “wie werden Sie mit dem Areal umgehen, in dessen Bereich die neolithischen Funde gemacht wurden? Wird dort auch nach einer kurzen Schonfrist zubetoniert werden? Wie können Sie sicher stellen, dass der Investor Ihnen ausreichend Zeit gibt?” Der Verein bringt seine diesbezügliche Erwatungshaltung unmißverständlich zum Ausdruck: “Wir erwarten, dass mit den fast 7.000-5.000 Jahre alten Zeugnissen aus der Jungsteinzeit würdevoller und ihrer Bedeutung angemessener umgegangen wird – also nicht auf der Müllkippe landend wie geschehen” (weitere Berichte folgen).

Der Denk-Mal-Protestbrief vom 6.9.2022 im Wortlaut:

“Sehr geehrte Frau Dr. Witteyer, seit 1 Woche ist uns bekannt, dass bei den Erdaushubarbeiten auf der Baustelle Salinenstraße/ Schloßstrasse Mauerreste der historischen Stadtbefestigung (wahrscheinlich Ebernburger Turm) gefunden wurden, geschätzte Mauerstärke mindestens 2 Meter, der „dicke“ Turm ist prominent auf etlichen (Merian-) Stichen gut erkennbar. Heute am frühen Nachmittag, wurden diese wertvollen historischen Funde dem Erdboden gleichgemacht. Wenige Stunden vor der Ausschusssitzung (PLUV), in der per Eilantrag über das weitere Vorgehen (Schutz, Erhalt) beraten werden sollte. Dies hatte sich dann erübrigt. Der Investor hatte Fakten geschaffen. Der anwesende Vertreter der Bauverwaltung der Stadt, Herr Pauly, rechtfertigte dieses Vorgehen mit Verweis auf die Freigabe durch die Denkmalfachbehörde. Der Verein fragt Sie:

1. Meinte Herr Pauly damit die Freigabe durch Ihr Landesamt? (da Fragen als Zuhörer nicht erlaubt sind, richte ich meine Nachfrage an Sie)
2. Wie kann es sein, dass nur kurze Zeit nach der Entdeckung dieser für die Stadtgeschichte äußerst wertvollen Funde diese von Ihnen für die Zerstörung freigegeben werden? Was nützt eine Vermessung / Fotodokumentation, bei Ihnen archiviert, den Bürgern unserer Stadt?
3. Warum diese Eile? Warum haben Sie der Stadt keine Zeit gelassen, die ihr gehörenden Zeugnisse ihrer Stadtgeschichte zu sichern? Wäre man in Mainz mit solchen Funden auch so leichtfertig umgegangen?
4. WER TRÄGT DIE VERANTWORTUNG FÜR DIESE ZERSTÖRUNG?
5. Wie werden Sie mit dem Areal umgehen, in dessen Bereich die neolithischen Funde gemacht wurden?
6. Wird dort auch nach einer kurzen Schonfrist zubetoniert werden? Wie können Sie sicher stellen, dass der Investor Ihnen ausreichend Zeit gibt? Der heutigen Presse ist zu entnehmen, dass man von Ihrer Seite und von Seiten des Bauleiters mit keiner Verzögerung der Bauarbeiten rechnet.

Lassen Sie mich Ihnen sagen, dass wir diesen rücksichtslosen Umgang mit den Zeugnissen aus Bad Kreuznachs Stadtgeschichte ungeheuerlich finden. Wir erwarten, dass mit den fast 7.000 bis 5.000 Jahre alten Zeugnissen aus der Jungsteinzeit würdevoller und ihrer Bedeutung angemessener umgegangen wird – also nicht auf der Müllkippe landend wie geschehen. Für eine baldige Antwort dankt Ihnen der Verein. Mit freundlichen Grüßen Dr. Marlene Marthaler (Pressesprecherin)”

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