Stadt hat Baugenehmigung für Moschee am Grenzgraben erteilt

Recherchiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

In den letzten Jahren war nur ein anderes Bauprojekt in der Bevölkerung so umstritten: die Fahrradgarage am Bahnhof. Bei der kam der Protest allerdings erst auf, als das Gebäude bereits errichtet war. Bei der Moschee stand die Ablehnungsfront lange vorher. Nämlich als die Stadt vor Jahren eine Bauvoranfrage positiv beschied. In der Folge ergaben sich vielfältige politische und juristische Aktivitäten, um den Neubau am Grenzgraben zu verhindern. So erließ der Stadtrat 2020 eine Veränderungssperre, mit der die Errichtung eines Bauvorhabens für religiöse Zwecke von der Liste der zulässigen Nutzungen gestrichen wurde. Die antragstellende DITIB-Gemeinde hatte den Stimmungswechsel in den kommunalpolitischen Gremien allerdings vorhergesehen.

Und den Bauantrag noch im Februar 2020, wenige Tage vor der entscheidenden Sitzung des Planungsausschusses (PLUV), eingereicht. Zwei Wochen später praktizierte der damalige DITIB-Vorsitzende Cihan Sen auf Initiative der Redaktion dieser Seite in beispielhafter Art und Weise Transparenz. Und präsentierte in einer öffentlichen Informationsveranstaltung sämtliche Planunterlagen des vorgesehenen Baukörpers und seine Nutzungen. Dann wurde es öffentlich ruhig um das Projekt. Intern ließ Baudezernentin Dr. Heike Kaster-Meurer (SPD) den Bauantrag kritisch prüfen. Und die Bauaufsicht eine Reihe von tatsächlichen und behaupteten Mängeln vortragen. Die DITIB-Gemeinde suchte daraufhin die Unterstützung eines Fachjuristen.

Auf eine von der AfD geforderte Akteneinsicht, der sich fast alle anderen Fraktionen anschlossen, folgte ein Ablehnungsbescheid des Stadtbauamtes. Gegen den richtete sich ein Widerspruchsverfahren vor dem Stadtrechtsausschuss. Und das mündete in das für die DITIB schlußendlich positive Ergebnis: am 5. Juli 2022 erteilte die Stadt Bad Kreuznach (Oberbürgermeister und Baudezernent: Emanuel Letz) den entsprechenden Baubescheid. Von dieser Tatsache wurden durch die Stadt offiziell bis heute weder die Öffentlichkeit noch der PLUV noch der Stadtrat noch andere städtische Gremien informiert: weder der Grundstücksausschuss, der nichtöffentlich am 5.7. tagte. Noch der PLUV, der sich am 6.7. unter Leitung von OB Letz traf.

Auch am 18.7. im Hauptausschuss und am 21.7. im Stadtrat hielt es der OB und Baudezernent als Sitzungsleiter nicht für nötig, auch nur ein Sterbenswörtchen zu sagen. Am 16. August 2022 fand eine Sondersitzung des Planungsausschusses statt. Gegen den Willen der Verwaltung, die per erstmaliger Anwendung einer entsprechenden Vorschrift aus der Gemeindeordnung von den Mitgliedern des Gremiums zur Einladung gezwungen werden mußte. Wohl daher fehlte auf der widerwillig aus dem Stadthaus verschickten Tagesordnung auch der Punkt “Anfragen und Mitteilungen”, der bei städtischen Gremiensitzungen aus guten Gründen obligatorisch ist. Es war der AfD-Fraktionsvorsitzende Jörg Fechner, der per Änderungsantrag auf das Defizit hinwies und die Korrektur veranlaßte.

Eingangs der Sitzung verlangte er den Tagesordnungspunkt “Anfragen und Mitteilungen”. Wörtliche Antwort des sitzungsleitenden OB: “vier ergänzen wir natürlich”. Als der TOP 4 dann kurz vor 20 Uhr vom Oberbürgermeister aufgerufen wurde, hatte der OB keine Mitteilungen zu machen. Erneut kein Wort zur Baugenehmigung der Moschee. Emanuel Letz fragte direkt nach Anfragen. Und in seiner von den Honoratioren vielbeklatschten Rede auf dem Jahrmarkt-Frühschoppen stellte er sich ausdrücklich und wortreich vor seine Verwaltungsmitarbeitenden. Ohne ein Wort darüber zu verlieren, dass das von ihm persönlich geleitete Baudezernat diese relevante und lange strittige Baugenehmigung erteilt hat.

Dieser ganze Vorgang ist um so bemerkenswerter, als Letz-Vorgängerin Dr. Heike Kaster-Meurer, deren Amtszeit als Oberbürgermeisterin und Baudezernentin am 30.6.2022 endete, rund zwei Jahre lang mehrere Anfragen von Stadtratsmitgliedern und aus der Öffentlichkeit bis zum Ende ihrer Amtszeit zunächst auf die Bearbeitung im Stadtbauamt, dann auf die verweigerte Baugenehmigung und dann auf ein schwebendes Verfahren verwies, allerdings nie auch nur angedeutet hatte, dass eine Baugenehmigung kurzfristig möglich sei. Mehrere Stadtratsmitglieder, die von der Redaktion dieser Seite am Wochenende über die Baugenehmigung informiert wurden, zeigten sich daher von diesem Ergebnis vollkommen überrascht.

“Mir wurde von der OBin der Eindruck ermittelt, dass die Sache erledigt ist und auch juristisch nichts zu machen ist”, erklärte ein stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Ein in der selben Funktion für eine andere Partei tätiger Mandatsträger stellt fest: “wie kann Emanuel Letz denn fünf Tage nach seinem Amtsantritt sowas zulassen – und danach niemanden informieren?” Die große Mehrzahl der Gesprächspartner dieser Redaktion ärgert nicht das Ergebnis in der Sache. Sondern die Geheimniskrämerei des neuen Oberbürgermeisters Emanuel Letz. “Der wollte doch alles besser machen. Es wird ja jetzt noch schlimmer”, zeigt sich ein Stadtratsmitglied tief enttäuscht, dass im Wahlkampf den FDP-Kandidaten sogar aktiv unterstützt hatte.