Stadt verwandelt Bad Münsterer Pouilly- in Poller-Brücke

Seit Jahren gibt es Beschwerden wegen der Pouilly-Brücke. Diese überspannt die Nahe zwischen dem Bad Münsterer Kurpark und Ebernburg. Und ist benannt nach dem französischen Partnerort Pouilly-sur-Loire. Fußgänger*Innen klagen immer wieder über die Belästigung durch Radfahrer*Innen. Die müßten ihre Drahtesel eigentlich schieben, weil das Radeln auf der Brücke verboten ist. Die meisten, darunter auch Ortsbeiratsmitglieder, halten sich aber daran nicht. Eine weitere Beschwerde betrifft den Lärm, der durch die Brückennutzung bewirkt wird. Hier werden wegen der Konstruktion der Brücke und ihrem Belag auch die Fußgänger*Innen als Störer ausgemacht. Aber auch Hochgeschwindigkeitsradfahrende, die die Brücke zu besonders lauten Geräuschen bewegen.

Passanten aus beiden Gruppen beklagen daneben den optisch verbesserungswürdigen Zustand des Bauwerkes. Alle, die nicht gerade Spinnenfreunde sind, stören sich zudem an den umfangreichen Netzspinnaktivitäten der Arachnida. Seit Jahren sind all diese Punkte Gegenstand von Diskussionen im Ortsbeirat und anderen städtischen Gremien. Geändert hat sich nichts. Bis zum Donnerstag dieser Woche. Da fügte die Stadtverwaltung diesem bunten Strauss Kritik- mehrere Erregungspunkte hinzu: rund ein Dutzend Poller. Diese sind am östlichen Brückeneinstieg und im Bereich des Brückenträgers eingebaut. Offensichtlich soll mit diesen Pollern erreicht werden, dass Radfahrende absteigen.

Ziel erreicht: einfach rechtswidrig Durchradeln ist nicht mehr. Aber wieder einmal wurde das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Den jetzt kommen auch Behinderte mit großen E-Fahrstühlen nicht mehr durch.

Diese gut gemeinte und von vielen Passant*Innen im Grundsatz unterstützte Absicht wurde allerdings in den Augen zahlreicher Kritiker*Innen so umgesetzt, dass de facto eine Sperrung der Brücke für große Rollstühle und Räder mit Anhänger bewirkt wurde. Gleich mehrere Betroffene meldeten sich in der Facebook-Gruppe “Mein Bad Kreuznach” zu Wort. Und nehmen dabei kein Blatt vor den Mund. Barbara A.: “ich bin auch entsetzt! Normalerweise fahre ich da mit dem eMobil vom Salinental zum Lidl einkaufen. Soll man als behinderter Mensch jetzt über die Bundesstraße fahren? Mit 15km/h Viel zu gefährlich!!” Ernst S.: “scheinbar eine reine Fußgängerbrücke, absolute Frechheit” Walter S.: “oh lieber Gott, lass es Hirn regnen und nimm den Bedürftigen den Schirm weg, auf dass sie wieder denken können”.

Sylvi H.: “stammen die Pfosten von Vollpfosten?” Beate K.: “das ist doch echt Schilda, was eine Frechheit. Und sieht auch noch hässlich aus”. Angela M.: “sorry ich könnte da platzen. gibt es nur noch Volldeppen auf den Ämtern? So schlimm.” Elke W.: “Schildbürger. unvorstellbar für Menschen mit Handycap, Radfahrer mit Anhänger, Zwillingskinderwagen usw. Wer handelt so unüberlegt?” Val D.: “die Brücke muss definitiv umgetauft werden, von Pouillybrücke in Pollerbrücke”. Biggi L.: “das ist echt ne Sauerei, kann man da nicht irgendwo anrufen?” Walter S.: “wo ?? kennst Du das Beamtenmikado? wird schon seit einiger Zeit auch von “höheren” Angestellten gespielt! wer denkt dabei an Rollifahrer? Mal wieder keine SAU – unfassbar. Soll man sich jetzt an der Strasse entlang quälen ??????

DENKEN ist bei der Stadtverwaltung offenbar Glücksache. Da werden Poller montiert weil die Bretter beim schnellen darüberfahren mit dem Fahrrad rappeln. Hmmm und die Campinguser gestört werden. Die Bretter einfach besser befestigen und auch an behinderte mit Rolli denken ist wohl bei der Stadtverwaltung NICHT vorgesehen. Diese “Schreibtischtäter” von der Stadtverwaltung sollten nur für einen Tag in diese Situation kommen, dann wüssten sie wie sich Rollstuhlfahrer fühlen wenn ihnen Wege versperrt werden, sie nicht mit dem Bus sondern mit dem Taxi fahren müssen und sich immer und immer wieder als von der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen”. Selena B.: “unglaublich was die Stadt da schon wieder gemacht hat”.

Deborah S.-S.: “also ich komme mit meinem einfachen Dreirad nicht da durch. egal ob leer oder vollgepackt.” Marta O.: “Pollerwald … statt nach guten Lösungen zu suchen, versperrt man halt alles”. Uwe B.: “die Städter können halt nix schweres. alles Amateure am Werk”. Insgesamt hat sich eine dreistellige Zahl Einwohner*Innen an den Diskussionen beteiligt. Reaktion der Stadtverwaltung: keine. Es ist diese arrogante, bürgerfeindliche Kommunikationsverweigerung, mit der sich die Stadtverwaltung immer weiter von den Menschen entfernt. Auch die Art und Weise des Vorgehens (erst mal Fakten schaffen, erst dann bessere Lösungen suchen) belegt die Engstirnigkeit der städtischen Vorgehensweise. Denn ohne großen Mehraufwand könnte die Stadt es mit eigenen Mitteln viel viel besser machen.

Bad Kreuznach hat seit 27 Jahren einen Behindertenbeirat. Aktuell ist dieser mit einer beispiellos engagierten wie kompetenten Fachfrau ausgestatttet: Anette Glöckner (SPD). Die hat ihre hohe Sachkenntnis bereits in dutzenden von Fällen ergebnisverbessernd eingebracht. Wurde aber einmal mehr nicht verwaltungsintern einbezogen. Für diese Borniertheit und Sturheit wird die Stadtverwaltung jetzt sehr zu recht kritisiert. Leider hat sich mit der Wahl von Emanuel Letz (FDP) an die Stadtspitze (der Mann ist als Baudezernent für die Pouilly-Brücken-Poller persönlich zuständig) all das nicht verbessert. Statt Veränderungen zu veranlassen, hat Letz seine Linie auf dem kommunalpolitischen Frühschoppen der Stadt am Jahrmarktsmontag im Naheweinzelt wie folgt erklärt:

“Ich stelle mich vor meine Mitarbeitenden”. Die Enttäuschung beim Wahlvolk, das Letz noch am 27. März 2022 mit einem Rekordergebnis ins Amt katapultierte, ist riesengroß. Wie schon bei den Diskussionen in den Sozialen Netzwerken über die Verwaltungsfehlleistungen “illegale Grundwassernentnahme Korellengarten”, “Umleitungs- und Baustellen-Chaos” und der “Steinsturz-Bedrohung” wird die Feststellung, “wir haben doch einen neuen Oberbürgermeister”, auch im Fall “Pouilly-Brücken-Poller” von vielen Kommentator*Innen mit Spott und Häme versehen. Und Letz per Emoticon “haha” lächlich gemacht. Übrigens: nach seiner Jahrmarktsrede ist der erst seit dem 1. Juli amtierende Oberbürgermeister bis zum 5. September in Urlaub gefahren.