Trotz Dürre: wertvolles Grundwasser wird ins Gulli gepumpt

Recherchiert und bewertet von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Am Montag dieser Woche titelte die Allgemeine Zeitung: “Dürre hinterm Gartenzaun”. Und nicht nur dort ist es trocken. Auch die öffentlichen Parks und Grünanlagen leiden. Im Casinogarten werfen die Kastanien ihre Blätter wie sonst erst im Herbst (siehe Bilder unten). Die Kreisverwaltung verbietet die mechanisierte Wasserentnahme aus Bächen und Flüssen. Die Stadtverwaltung ruft die Einwohner*Innen zum Gießen von Strassenbäumen auf. Wassersparen wird zum bundesweiten Thema. Ausser im Korellengarten. Dort wurde über Wochen mit riesigen Pumpen Grundwasser aus dem Boden gesaugt. Und so unfaßbar es klingt, aber leider wahr: in ein Gulli abgeleitet. Kubikmeterweise. Wasser in einer Gesamtmenge die ausgereicht hätte, um die städtischen Grünanlagen zu bewässern.

Tatort sind die früheren Gärtnereiflächen Foos und Rehner, ein Innenliegergrundstück zwischen Dürerstrasse, Korellengarten, Holbein- und Matthias-Grünewald-Strasse. Umgeben von vielen Wohnblöcken, die im Eigentum der Gewobau stehen bzw standen. Dort soll nach Jahren der Vorbereitung ein größeres Neubauvorhaben realisiert werden (diese Seite berichtete mehrfach). Geplant und mit mehreren Bebauungsplanänderungen ermöglicht wurde dies in den Jahren 2017, 2018 und 2019. Die zunächst als Bauträger aufgetretenen Unternehmen (die auch die Grundstücke von den Gärtnereibesitzern kauften) haben sich später zurückgezogen und an Nachfolger übergeben. Der Stadtrat hat die Weitergabe des städtebaulichen Vertrages abgenickt.

Anschließend tat sich jahrelang nichts. Bei den Tiefbauarbeiten für die Fahrstuhlschächte und die Tiefgarage stellten die Bauherren dann fest, dass in diesem Bereich ein hoher Grundwasserstand besteht (früheres, vorzeitliches Nahebett, Kies statt Fels usw). Zum Schutz der Baumaßnahme bzw des Gebäudes vor dem Grundwasser kann man für viel Geld eine Schutzwanne bauen. Oder das Grundwasser abpumpen. Eigentlich nur mit Genehmigung. Gepumpt wird seit Wochen. Das hat die Redaktion dieser Seite im Bild dokumentiert. Die Folgen des Abpumpens sind jetzt schon zu sehen: ein privater Brunnen, in dem sonst mindestens einen Meter Wasser ansteht, ist bereits trockengefallen.

Stadtratsmitglied Nelson Prieß (AfD) zeigte sich vor Ort geschockt von der Größenordnung des Wasserentzuges. Und von dem Umstand, dass wochenlang wertvolles Grundwasser in den Abwasserkanal geleitet wurde, statt es etwa für städtische Grünflächen zu nutzen.

Ein Baumfachmann, der sich im Auftrag der Redaktion dieser Seite die gut drei Dutzend Bäume rund um die Baustelle herum angesehen hat, entdeckte erste Schäden. Stark gefährdet sind aus seiner Sicht vor allem die Birken, Pappeln und Fichten, weil diese flachwurzelnde Bäume sind. “Die werden sich von diesem Wasserentzug nicht mehr erholen”, ist sich der Fachmann sicher. Die Schäden an den anderen Bäumen müßten genauer untersucht werden. Sicher ist: “das Grundwasser über einen Meter abzusenken ist ein ökologisch unverantwortlicher Eingriff”. Gegen den die Stadtverwaltung nichts unternommen hat. Und dadurch die Gefährdung von Jahrzehnte alten Bäumen ermöglicht hat, die in dem dicht besiedelten Wohngebiet den einzigen Schatten für Häuser, Grünflächen und Bewohner*Innen spenden.

Ein Teil dieser Bäume zeigt bereits Schadenbilder. Nach Einschätzung von Fachpersonen wird aber erst im kommenden Jahr deutlich werden, wie groß die Schädigungen sind.

Die Redaktion dieser Seite hatte Stadt- und Kreisverwaltung gesondert und zeitgleich den Sachverhalt schriftlich vorgelegt. Und um eine Stellungnahme gebeten. Landrätin Bettina Dickes (CDU) reagierte sofort. Erkennbar in dem Bemühen eine umfassende Sachaufklärung zu gewährleisten. Von der Stadtverwaltung und dem seit 1. Juli 2022 amtierenden Oberbürgermeister und Baudezernenten Emanuel Letz (FDP) kam … nichts. Nicht einmal eine Eingangsbestätigung. Null Stellungnahme in der Sache. Das könnte daran liegen, dass die Bauherren zwar Ende Mai 2022 eine wasserrechtliche Erlaubnis für eine bauzeitliche Grundwasserabsenkung beantragt haben. Der Antrag von der zuständigen Behörde jedoch wegen fehlender naturschutzfachlicher Stellungnahme bisher noch nicht beschieden wurde.

Dieser Bilder wurden am 25. Juli 2022 im …

Das heisst: das Bauamt der Stadtverwaltung Bad Kreuznach als Bauaufsicht hat wochenlanges, nicht genehmigtes Abpumpen und Verschwenden von wertvollem Grundwasser durch wie auch immer motiviertes Wegschauen zugelassen. Wie eng die Verbindungen zwischen Verwaltung und Bauherren sind, wird an folgendem Umstand deutlich. “Zufällig” am Tag nachdem die Anfrage der Redaktion dieser Seite der Verwaltung bekannt war, wurden die Pumpen eilig abgebaut und abtransportiert. Gäbe es nicht die reich bebilderte, u.a. bei einem Rechtsanwalt gesicherte Dokumentation der Redaktion dieser Seite: der unglaubliche Vorgang wäre heute nur noch schwer nachzuweisen (weitere Berichte folgen).

… Bad Kreuznacher Casinogarten aufgenommen.