Stadt verweigert Angaben zu Besonderheiten der morgigen Stadtratssitzung

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Claus Jotzo

Auch wenn das ein oder andere Stadtratsmitglied – und auch Verwaltungspersonen – immer wieder mal Symptome des “Gott-Syndroms” zeigen: der Souverän in Bad Kreuznach sind dem Gesetz nach nach wie vor die Einwohner*Innen. Aus Respekt vor dieser Tatsache wurde daher über Jahrzehnte der öffentliche Teil von Stadtrats- und Ausschusssitzungen immer vor dem nichtöffentlichen Teil durchgeführt. Damit wurde ausgeschlossen, dass interessierte Bürger*Innen warten müssen, bis das nichtöffentliche Palaver vorüber ist. Ausgerechnet für die erste von ihm geleitete Stadtratssitzung hat der neue Oberbürgermeister Emanuel Letz das geändert: am morgigen Donnerstag findet zunächst ab 17 Uhr der nichtöffentliche Teil statt.

Die öffentliche Sitzung soll laut Einladung um 18 Uhr beginnen. Was dazu führt, dass entweder im nichtöffentlichen Teil die Stadtratsmitglieder immer mit Blick auf die Uhr reden und entscheiden müssen, also unter – per Gesetz verbotenem – Druck. Oder aber die nichtöffentliche Sitzung überzieht. Was bedeutet: die Öffentlichkeit muss warten. Zunächst war nicht einmal der Beginn der nichtöffentlichen Sitzung bekannt gemacht. Erst auf einen Hinweis der Redaktion dieser Seite hin wurde auf der Stadtseite diese Information eingestellt. Natürlich wollte die Redaktion dieser Seite auch die Begründung für die veränderte, problematische Vorgehensweise erfahren.

Und schrieb den Oberbürgermeister daher an. Eine Antwort steht allerdings noch immer aus. Diese Sprachlosigkeit des Stadthauses steht im krassen Widerspruch zu der Bürgerfreundlichkeit, die Emanuel Letz noch vor vier Monaten im Wahlkampf versprochen hat. Und auch in anderer Hinsicht scheint im Stadthaus eine neue Heimlichkeit an Stelle von mehr Transparenz Platz zu greifen. Noch am Montag wurde der FDP-Antrag für die morgige Stadtratssitzung korrekt mit “Wahl Geschäftsführung Stadtwerke” ausgewiesen (diese Seite veröffentlichte gestern ein entsprechendes Bildschirmfoto). Heute heisst er der selbe Tagesordnungspunkt nur noch “Antrag der FDP-Fraktion vom 14.7.2022”.

Diese informatorische Beschneidung ist schon lange als rechtswidrig ausgeurteilt. Besonders elegant hat es das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig formuliert. Wenn ein bestimmter Vorgang in der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde, “ist das “Geheimnis” derart konkretisiert, dass es schwerlich noch gewahrt werden kann”. Besser kann man es in wenigen Worten nicht sagen. Es ist erschütternd, dass trotz der jahrelangen Hinweise der Redaktion dieser Seite bei der Stadtverwaltung noch immer eine rechtsferne Sicht- und Handlungsweise vorherrscht.