Illegale “Wirtschaftsförderung” behindert den Tourismus

Beobachtet und bewertet von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Eine Tourismusstadt wollte Bad Kreuznach schon sein, als dieses Wort noch unbekannt war. “Fremdenverkehr” nannte man diesen Wirtschaftszweig damals. Solcher fand nicht nur in den Vorgängeretablissements der Capri-Bar statt. Sondern mit kurbezogenen Anwendungen auch in den ersten Häusern der Stadt. Heute ist es so, dass in diesem Segment tatsächlich noch immer Geld auf Rädern in die Städte rollt. Auf denen von Reisebussen. Anderenorts. Welche Ziele diese ansteuern, wird von Reiseunternehmen entschieden. Und deren Chefs hören, das ist in der Branche ein offenes Geheimnis, häufig auf ihre Busfahrer*Innen. Aus mehreren Gründen.

Reisebusse verirren sich nur noch selten in die Stadt.

Zum einen sind es ja die Personen am Lenkrad, die auf der Hin- und Rückfahrt langen Kund*Innenkontakt haben. Und daher genau wissen, was diese über die Reiseziele tatsächlich denken. Zum anderen nutzen Busfahrer*Innen die Wartezeiten zwischen Programmpunkten, die sich regelmäßig wiederholen, um vor Ort Neues in Erfahrung zu bringen und Kontakte zu knüpfen. Tourismus-Destinationen, die hier hilfreich sind, schneiden als Zielort besser ab. Zu den Zeiten von Friedhelm Sturm, Reinhold Kaufmann und Klaus Kahlstadt (t) bei der längst nicht mehr existierenden städtischen Kurhaus GmbH wußte man um solche Marketing-Tricks.

Weil in der Stadt jeder unbestraft auf Busparkplätzen Autos abstellen darf.

So wurden Busfahrer*Innen damals mit allerlei Zuwendungen umgarnt und im wahrsten Sinne des Wortes gewertschätzt. Bis irgendeiner der Klugschwätzer irgendwo – möglicherweise in der Capri-Bar – das Wort vom “Individualtourismus” aufschnappte. Und die Busgesellschaften aus dem Zentrum des Interesses rückte. Die Bonusprogramme für Busfahrer*Innen wurden eingestellt. Heute verirren sich kaum noch Busgesellschaften nach Bad Kreuznach. Obwohl Strukturanalysen die heutigen Busreisenden als zahlungskräftige Klientel beschreiben. In Bad Kreuznach wird seit 25 Jahren nichts mehr von dem gemacht, was die Stadt als Ziel für Bustourismus attraktiv machen würde.

Auch Intensiv- und Mehrfachtäter.

Es fehlen Busparkplätze überall in der Stadt. Eine Aufstellung von busgesellschaftstauglichen Veranstaltern und Gastronomie existiert ebenfalls nicht. Es gibt nicht einmal zielführende Beschilderungen für Busfahrer*Innen. Vor vier Jahren (!) habe ich GuT-Geschäftsführer Dr. Michael Vesper umfangreiche Verbesserungsvorschläge dazu vorgelegt. Geschehen ist – nichts. Tatsächlich ist es so, dass die Stadt sogar noch aktiv gegen Busparkplätze vorgeht. Der in der Hochstrasse wurde zu ganztägigen Kiss-and-Ride-Elterntaxi-Plätzen umgewandelt (die tatsächlich nur vom Pizza-Lieferdienst genutzt werden).

In der Roßstrasse wird seit Jahren einer der drei Busplätze als Materiallager genutzt – die anderen sind oft von Pkw zugeparkt. Und bezüglich des Busparkplatzes in der Kirschsteinanlage gibt es – offenbar unter der Überschrift “Wirtschaftsförderung” – Vereinbarungen, die dazu führen, dass dort regelmäßig Geschäftsleute und Kunden der Unternehmen aus der Mühlenstrasse ihre Pkw kostenlos abstellen. In den über vier Jahren, in denen ich jetzt als Redakteur für tourismusbeitrag-so-nicht tätig bin, habe ich dort noch nie eine Kontrollkraft ruhender Verkehr bei der Arbeit gesehen.

In dieser Zeit habe ich in der Kirschsteinanlage mit eigenen Augen Drogenhandel, Polizeieinsätze, einen Brandstifter, vielfach kopulierende Pärchen, tausende von Falschparkern und hunderte von rechtswidrigen Linksabbiegern wahrgenommen. Aber nicht eine einzige städtische Schutzkontrolle des Busparkplatzes. Den Dummschwätzern*Innen, die jetzt wieder ohne jeden fachlichen Hintergrund von einem Tourismusbeitrag schwafeln, rate ich: schafft erst einmal die Voraussetzungen, die in anderen Tourismuskommunen selbstverständlich sind.