“Das ist ein Verbrechen!”

Beobachtet und bewertet von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Auf dem Weg in die Stadt habe ich am Sonntagnachmittag am Schwimmbad Bosenheim vorbeigeschaut. Dort traf ich einen Mitbürger, der aussen am Zaun stand. Und sehnsüchtig nach innen blickte. Wasser im Becken, die Liegewiese gemäht. Die äusseren Bedingungen: 32 Grad im Schatten. Ein wolkenloser Himmel. “Das ist ein Verbrechen!” brach es aus dem Mann heraus. “Das Bad ist betriebsbereit, das Wetter perfekt. Und die machen nicht auf”. Ich kenne den Herrn seit Jahrzehnten. Er ist nachhaltig nicht gewaltbereit. Aber was er von den Verantwortlichen der Stadt hält, die Kinder bei über 30 Grad von einem Bad fernhalten, liegt rhetorisch nicht weit entfernt von der Politikkritik der RAF (Rote Armee Fraktion).

Das Einfüllen des Wassers trotz Schließung ist nicht etwa eine Provokation, wie der eine oder die andere vermutet. Sondern eine sachgerechte Vorgehensweise der BAD GmbH, die damit eine schnellere Öffnung ermöglichen wollte. Das Bild wurde schon vor 2 Wochen aufgenommen.

Und Lenin’s Erkenntnis, derzufolge eine Revolution, bei der Köpfe rollen, ab und zu gesellschaftlich gut tut. Bei allen mathematischen Rechenkunststücken im Stadthaus und in der Kommunalpolitik bezüglich des Bosenheimer Bades wurden die Menschen vergessen. Aus den Reaktionen der Leser*Innen auf meine Berichterstattung weiss ich: nicht nur die Betroffenen sehen die Spielchen um die immer wieder verschobene Öffnung des Bades in 2022 sehr negativ. Die Posse um die Zahl der Öffnungstage und den Eingemeindungsvertrag des Bosenheimer Bades wird von immer mehr Einwohner*Innen als Beispiel für den maroden Zustand der Bad Kreuznacher Kommunalpolitik verstanden.

Mit der immer weniger Menschen etwas zu tun haben wollen. Ja, bei der OB-Wahl im März gab es einen Erdrutschsieg für Newcomer Emanuel Letz. Das dahinter stehende Protestpotential in der Bevölkerung haben die Stadtratsfraktionen bis heute nicht richtig verstanden. Die einen sehen darin eine Bestätigung ihres guten Wahlkampfes, die anderen waren schon darüber froh, dass Sabine Drees im zweiten Wahlgang nicht unter 30% rutschte. Und die HKM unterstützenden Fraktionen denken aufgrund selbst verhängter Verbote gar nichts. Weil die krachende Abwahl der Dr. Heike Kaster-Meurer ja nicht deren schuld sein kann. Und jeder Hinweis auf Fehler in der Amtsführung eine kommunalpolitische Lawine auslösen könnte. Dabei ist die schon längst unterwegs.

Denn den Letz-Erdrutschsieg haben ja nur jene 33% der Wahlberechtigten bewirkt, die an die Urnen gingen bzw sich Wahlscheine besorgten. 67% war der Zustand der Bad Kreuznacher Kommunalpolitik nicht einmal das mehr wert. Die Sonne scheint. Das Bosenheimer Bad ist zu. Und die Unzufriedenheit breiter Bevölkerungskreise köchelt still vor sich hin. In diese Lage hinein kommen nach der Sommerpause die neuen Grundsteuer- und Gewerbesteuerbescheide mit rückwirkenden Erhöhungen zum 1.1.2022. Und die Ankündigung weiterer Belastungen in 2023. Folgen dann wieder undurchdachte Coronaeinschränkungen, braucht es nicht mehr viel, um die französische Konfliktbereitschaft (“Gelbwesten”) auch in Bad Kreuznach auf die Strassen bzw den Kornmarkt zu bringen.