SPD will neuen Tourismusbeitrag ab 2023

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Nicht einmal der Tourismusbeitrag für 2017 ist bis heute vollständig kassiert. Alle Bescheidempfänger*Innen, die Widerspruch eingelegt haben, dürfen sich zudem darauf freuen, dass Antonio Valentino auch gegen die zweite Mutation der Abgabe den dann dritten Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz stellen wird. Sein beiden ersten Anträge waren in 2018 und 2021 jeweils erfolgreich. Gelingt dies auch beim diesjährigen, erhalten alle Widerspruchsführer*Innen ihr Geld zurück. In den nunmehr neun Jahren, in denen sich die Stadtverwaltung um die Durchsetzung eines Fremdenverkehrs- bzw Tourismusbeitrages bemüht, ist es ihr weder gelungen, die krassen Ungerechtigkeiten bei der Beitragshöhe noch im Erhebungsverfahren in den Griff zu bekommen.

So sind die größten Beitragszahler*Innen im Stadtgebiet nicht etwa die Hotels oder Gaststätten. Sondern Gewerbebetriebe und ein Versicherungsunternehmen. Selbst viele Ärzte, Steuerberater und Rechtsanwälte zahlen mehr Tourismusbeitrag, als die meisten Gastronome. Als Reaktion auf die teils unfassbaren Details, die das Team Valentino aufgedeckt hat und die exklusiv von dieser Seite veröffentlicht wurden, hat sich unbemerkt von der etablierten Kommunalpolitik eine breite Protestfront formiert. Dutzende von Einwohner*innen haben am Beispiel des Tourismusbeitrages erkannt, wie inkompetent örtliche Amts- und Mandatsträger sind. Und wie verantwortungslos sie mit dem von den Steuerzahler*Innen anvertrauten Geld umgehen. Ein aktuelles Beispiel für dieses Fehlverhalten liefert die SPD-Stadtratsfraktion.

Im Rahmen der Etatberatungen für dieses Jahr hat sie als einen Einnahme-Verbesserungsvorschlag die Wiedereinführung des Tourismusbeitrages vorgeschlagen. Dessen Erhebung war per Stadtratsbeschluss am 29.11.2018 auf das Jahr 2017 begrenzt worden. Seit dem ist kein einziges der von den Beitrags-Kritikern nachgewiesenen Probleme gelöst worden. Die Fehler und Schlampigkeiten beim Erhebungsverfahren gehen so weit, dass noch heute, im Juni 2022, ein Teil der für 2017 festgesetzten Beiträge nicht kassiert ist. Zahllose Mahnungen wurden daher in den letzten Tagen verschickt. Schon beim Fremdenverkehrsbeitrag für 2016 hatten die Betroffenen kritisiert, weder frühzeitig einbezogen noch zeitnah mit Bescheiden ausgestattet worden zu sein.

So ging der große Teil der Beitragsbescheide für 2016 erst 2017 raus. Nach dem ersten Erfolg von Antonio Valentino gegen den Tourismusbeitrag 2017 am 19.12.2018 wurden keine weiteren Bescheide für 2016 mehr verschickt. Und allen Gebührenschuldnern, die bis zu diesem Zeitpunkt nicht gezahlt hatten, wurde der Beitrag erlassen. Die Stadt hat das nie veröffentlicht. Aber im Aufsichtsrat der Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach (GuT) GmbH und in nichtöffentlichen Sitzungen des Finanzausschusses wurden die Mandatsträger – auch die der SPD – darüber informiert. Trotzdem haben die Sozialdemokraten nicht die geringste Initiative ergriffen, um die eklatanten Probleme zu lösen.

Die SPD-Schlauberger hielten es bis heute auch nach zwei Niederlagen der Stadt beim Verwaltungsgericht und zwei verlorenen Normenkontrollanträgen nicht für nötig, sich an der einzig fachkomptenten Stelle zu erkundigen. Statt dessen wird lieber weiter vor sich hin gestümpert und von Einnahmen geträumt. Dabei steht eine weitere, bundesweit einmalige Pleite der Stadt bereits fest: die Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrages für 2016 und des Tourismusbeitrages für 2017 zusammen haben Stadt und GuT bis heute bereits mehr gekostet, als an Beiträgen alles in allem eingenommen wurde. Wenn man eine ehrliche Vollkostenrechung anstellt und sich nicht selbst in die Tasche lügt.

Trotz all dieser Fakten und Umstände hält die SPD, unterstützt von Grünen und Linken, an dem Traum vom Tourismusbeitrag, der die Stadtfinanzen saniert, fest. Die Grünen Co-Fraktionsvorsitzende Andrea Manz ging am Dienstagabend (7.6.2022) im Finanzausschuss sogar so weit vorzuschlagen, diesen in “Salinenbeitrag” umzubenennen. Der Etikettenschwindel soll, so Manz, den Einwohner*Innen suggerieren, “dass wir eine Zweckbindung haben in dieser Abgabe”. Schon im Rahmen der Etatberatungen für 2020 hatte der damalige Bürgermeister Wolfgang Heinrich ähnlich argumentiert und behauptet, die von ihm auf rund 500.000 Euro geschätzte Einnahme des Tourismusbeitrages würde benötigt für die Unterhaltung der Salinen.

Beide Behauptungen widersprechen im Wortlaut der Darstellung der Stadt vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG), demnach der auf die Salinen entfallende Ausgabenanteil bei deutlich unter 10% liegt. Erst durch den Normenkontrollantrag von Antonio Valentino kam heraus, dass der Stadtrat im Jahr 2016 die Tourismusabgabe ohne jedwelche Kalkulation beschlossen hatte. Und diesen Fehler erst Jahre später vor Gericht nachzuholen versuchte. Erfolglos. Um das zu wissen, müßte frau sich natürlich auskennen. Aber im Bad Kreuznacher Stadtrat wird ein Teil der Entscheidungen leider nicht auf der Basis von Fakten, sondern von Vermutungen, Wunsch- und Wahnvorstellungen getroffen.

Claus erklärts … Andrea Manz

Spätestens nachdem es einen Krieg mit zehntausenden von Toten, Millionen von Opfern und verheerenden Auswirkungen für die Weltwirtschaft brauchte, um die von den Grünen forcierte Energiewende praktisch konkret umzusetzen, ist klar: auch inhaltlich wertvolle und notwendige Anliegen sind keine Selbstläufer. Aber aus diesem Grund auf Propagandatricks statt auf Argumente zu setzen, wie Sie das mit dem Vorschlag getan haben, den Tourismusbeitrag in Salinenbeitrag umzubennen, ist der falsche Weg. Nicht nur, weil er rechtswidrig ist. Denn ein Beitrag speziell zur Erhaltung der Salinen ist juristisch aus vielen Gründen unmöglich durchzusetzen.

Und über den Versuch, den Unterhalt von öffentlichen Toiletten, des Bäderhauses, der Crucenia Kurthermen, der Wanderwege, der Stadtbibliothek und anderer öffentlicher Einrichtungen als “Salinenbeitrag” zu tarnen, lachen sich die Richter in Koblenz schon schlapp, bevor unser Schriftsatz dort vorliegt. Es ist genau dieser auf die Oberfläche zielende Politikansatz (der Sache nur den “richtigen” Namen geben, dann läuft es schon) und die Verweigerung – auch Ihre persönliche Verweigerung – sich mit den Problemen in der Sache zu beschäftigen, die den Karren in den Dreck gefahren hat. Sagen Sie den Leuten doch endlich die Wahrheit:

Der Tourismusbeitrag dient eben aufgerundet nur zu 10% dem Unterhalt der Salinen. Mit deutlich über 50% würden die Eintritte ins Bäderhaus und in die Crucenia Kurthermen subventioniert. Wenn da nicht die hunderttausende von Euro Erhebungskosten wären. Dazu gabs von Ihnen fünf Jahre lang kein einziges Wort. Sie persönlich haben das mit durchgewunken. Ohne die Kritiker auch nur ein einziges Mal zu fragen, geschweige denn sich mit den krassen, vor Gericht aufgedeckten Fehlern konkret zu beschäftigen. Selbst schwachsinnigste Ungerechtigkeiten haben Sie verteidigt – und nicht das Geringste dagegen unternommen.

So die dem Staatsziel “Beschäftigung” krass widersprechende Satzungsbestimmung, nach der Gastronomiebetriebe ohne Servicepersonal (für einfach Strukturierte: da arbeiten keine Menschen, die das Essen an die Tische bringen und Teller abräumen. Das machen die Gäste selbst. Häufig mit den von den Grünen zu recht kritisierten Einweg-Essenverpackungen) nur rund die Hälfte des Beitrages zahlen müssen, wie jene Betriebe, die Servicepersonal bezahlen. Und damit Arbeitsplätze auch für gering Qualifizierte schaffen. Also machen Sie sich bitte endlich sachkundig. Oder einfach mal die Klappe halten, wenn von Sachen die Rede ist, von denen Sie schlicht nichts verstehen.