Neues Finanzloch: ab 2026 keine Gewinnausschüttungen der Stadtwerke mehr

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Heute um 16 Uhr trifft sich der Finanzausschuss der Stadt Bad Kreuznach. Schwerpunktthema der öffentlichen Sitzung (Sitzungssaal Verwaltungsgebäude Brückes 2 – 8) sind Haushaltssatzung und Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2022. Der erste Versuch zu einem genehmigten Etat für dieses Jahr zu kommen, scheiterte am Veto der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD). Diese verlangt eine sofortige deutliche Verringerung des Haushaltsdefizites. Und dann für die Folgejahre jeweils spürbare Verbesserungen mit der klaren Vorgabe, schon bald eine “schwarze Null” zu erreichen. Dieses auch gesetzlich vorgegebene Ziel rückt durch eine aktuelle Entwicklung in weite Ferne. Das geht aus einer Mitteilung der Bürgerinitiative für faire Energiepreise e.V. (BIFEP) hervor.

Deren Vorsitzender Gerd Cremer legt darin offen, dass städtische Steuerspar-Konzernmodell kurz vor dem finanziellen Kollaps steht. Bisher funktioniert das System wie folgt: die Stadtwerke, an denen die Stadt mit rund 51% beteiligt ist, machen Gewinne. Früher hat auch die Parkplatzbewirtschaftung ein fettes Plus erbracht. Würden diese Millionen direkt an die Stadt ausgeschüttet, würden Steuern anfallen. Aus diesem Grund verbleibt bzw fließt das Geld an die städtische BGK GmbH. Dort werden die Gewinne mit den Millionenverlusten der Bäder errechnet. Die Steuer wird so gespart. Doch damit ist schon in dreieinhalb Jahren Schluß. Denn, das haben Stadtspitze und die Stadtratsfraktionen den Einwohner*Innen bisher verheimlicht:

Dann “gibt es keine Gewinnausschüttungen der Stadtwerke mehr”, hat Gerd Cremer erfahren. Damit hat der heute tagende Finanzausschuss ein millionenschweres Zusatz-Problem. Und den Kommunalpolitiker*Innen fällt ihre Lieblingsausrede weg. Bisher schwadronierten die talent- und fachwissenfreien Amts- und Mandatsträger*Innen gern von den bösen Parteifreunden auf Landes- und Bundesebene, die zwar Aufgaben nach unten an die Städte und Gemeinden delegieren, aber nicht das dafür benötigte Geld mitschicken. Das sich nun abzeichnende Scheitern der städtischen Konzernstruktur ist allein hausgemacht. Erdacht in Bad Kreuznach. Beschlossen in Bad Kreuznach. Gescheitert in Bad Kreuznach (weiterer Bericht folgt).

Die BIFEP-Presseerklärung “Stadtwerke, BGK und Badgesellschaft stecken in finanziellen Nöten” im Wortlaut:

Erneut müssen sich die Stadtwerke um die Konzernstruktur BGK im Zusammenhang mit dem nicht genehmigten Haushaltsplan 2022 der Stadt mit einer Einsparvorgabe der ADD in Höhe von 12 Mio Euro beschäftigen. In zwei Sitzungen am 12. Mai und 3. Juni 2022 ging es in einer kleinen, ausgesuchten Arbeitsgruppe mit Vertretern der Parteien SPD, CDU, Grüne/Bündnis90, Linke, AfD, BÜFEP um den Wirtschaftsplan der Gesellschaft für Beteiligungen und Parken in Bad Kreuznach in den kommenden Jahren. Grund zum einen ist die sinkende Eigenkapitalverzinsung und der damit verbundenen Gewinnabführung der Stadtwerke in den kommenden Jahren, welche bis 2026 auf Null Euro fallen wird.

Der aktuelle steuerliche Querverbund wird dann nicht mehr funktionieren. Die Stadt muss spätestens dann Gelder in die BGK reinpumpen um somit den Ausgleich der Bäderverluste auf Null Euro zu kommen. Gemäß den Chancen und Risikobericht 2020 der Stadtwerke, laufen im technischen Bereich der Stadtwerke Maßnahmen die die Versorgungssicherheit der Strom-, Gas-, und Wasserversorgung langfristig aufrechterhalten können. Es wurde festgestellt, dass ein erheblicher Erneuerungsbedarf für die Strom- und Wassernetze notwendig ist. Ich weise beispielsweise hin auf die Ertüchtigungen der Stromnetze in Bezug der Umstellung mit Wärmepumpen und Errichtung von privaten Ladestationen für E-PKW zwingend notwendig.

Der Finanzierungsbedarf wird auf ca. 50 Millionen Euro geschätzt. Ich hatte im Februar 2005 die BIFEP, Bürgerinitiative für faire Energiepreise, gegründet. Im Herbst 2004 hatten die Stadtwerke exorbitant die Preise für Strom und Gas erhöht. Der Energiemarkt war im Umbruch. Strom und Gas wurden liberalisiert, nur bei der Sparte Wasser als Monopol mußten die Kunden weiterhin bei den Stadtwerken bleiben. Die Gewinne aus den 3 Energiesparten sollten die Verluste der Schwesterfirmen BGK, Bad und GuT durch die Quersubventionierung abdecken. Die BIFEP propagierte damals schon, das Bäderhaus und die Cruceniathermen zu verkaufen, denn durch die Neueröffnung der Rheinwelle in Gau-Algesheim mit einem anderen geschäftlichen Modell war Konkurrenz entstanden. Die Rheinwelle übrigens macht schwarze Zahlen.

Jetzt steht man wieder vor dem Dilemma einer erneuten Umstrukturierung und kommt auf den kleinsten Einsparungsposten den es gibt: man schließt jetzt für immer das Freibad Bosenheim ab Ende September 2022. Bei den einzusparenden Kosten im Haushalt der Stadt in Höhe von 12 Mio Euro sind die 150.000 Euro für das Freibad nur Peanuts. Die Stadt hat bereits 1,5 Millionen Kapitalzuführung in die BGK in 2021 getätigt. Weitere Kapitalmarktdarlehen sind notwendig. Aber: Die „heiligen Kühe“ wie Bäderhaus und Cruceniathermen bleiben unangetastet, ebenso die Nichtabgabe des Jugendamtes an den Kreis und den defizitären Weiterbetrieb des Mobilitätscenters (Fahrradparkhaus).

Im Gegenteil, man beteiligt sich ferner am ÖPNV der beiden Landkreise Bad Kreuznach und Mainz-Bingen als Minderheitspartner (mit ca. 10%) bei momentan bekannten jährlichen Kosten von „nur“ 1,5 Mio. Euro. Die künftigen Kosten dürften aber ein Vielfaches betragen. Auf der Arbeitssitzung am 3.6.2022 bei den Stadtwerken, halten Herr Pörksen von der SPD und Herr Welsbach von der CDU weiterhin an dem alten Konstrukt der Quersubventionierung fest. Damit wird spätestens 2026 Schluß sein, denn es gibt keine Gewinnausschüttungen der Stadtwerke mehr. Das Problem wird nur um 5 Jahre in die Zukunft verschoben. Das finanzielle Desaster wird nur verschoben. So kann es wirklich nicht weitergehen. Gerd Cremer 1. Vorsitzender der BIFEP”