Am Beispiel FDP aufgezeigt: das Haushalts-Versagen der Stadtratspolitik

Die Meinung unseres Redakteurs
Claus Jotzo

Formal kann das nur positiv bewertet werden: die FDP-Stadtratsfraktion nimmt in Sachen Haushaltsablehnungsschreiben der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) eine konkrete Position ein. Anders als die SPD, von der nur die sattsam-bekannte Leerfloskel-Rhetorik kommt. Und die Grünen, denen es offenbar die Sprache verschlagen hat. Obwohl aus der Öko-Fraktion von Lothar Bastian (aber auch anderen) immer wieder zutreffende Hinweise auf die Schieflage des Haushaltes kamen. Leider mit ÖPNV und Jugendamt halt auch zwei der konkreten Problemursachen – ohne dass die Grünen über Jahre hinweg eine Lösung, etwa durch ihre Beteiligung an der Landesregierung, präsentiert hätten. CDU, AfD und einige unabhängige Stadträte haben immerhin die Stadtratssitzung am Donnerstag dieser Woche erzwungen. Und werden dort Farbe bekennen müssen.

Also, die Liberalen haben sich jetzt öffentlich festgelegt (diese Seite berichtete gestern. Die Presseerklärung ist untenstehend noch einmal im Wortlaut abgedruckt). Der Inhalt Ihrer Erklärung zeigt allerdings deutlich, dass es den vier Stadtratsmitgliedern mit FDP-Parteibuch schlicht an Gestaltungserfahrung und Fachwissen der kommunalen Finanzwirtschaft fehlt. Die abgewählte Oberbürgermeisterin würde an dieser Stelle zusätzlich darauf hinweisen, dass ihr nicht richtig zugehört wurde. Und in den Protokollen des Finanzausschusses und des Stadtrates nur sehr sehr wenige konkrete Vorschläge aus liberalem Mund dokumentiert sind. Das inhaltliche Defizit der Liberalen wird schon an der Überraschung deutlich, die die FDP bezüglich der Methode der Trierer Aufsichtsbehörde (“ohne Rückfragen”) zeigt.

Wer die Arbeitsweise der ADD kennt, der-die-das weiß: mit der Aufsichtsbehörde ist jederzeit eine Abstimmung möglich. Man muss diese nur aktiv und glaubwürdig betreiben. Vor allem, wenn man die Dreistigkeit besitzt, einen krass rechtswidrigen, im Schweinsgalopp durchgewunkenen Haushaltsentwurf vorzulegen. Es ist doch nicht die Aufgabe der ADD, mit einfältigen und/oder unwilligen Bad Kreuznacher Kommunalpolitiker*Innen eine Gesprächstherapie zu führen. Es war die Aufgabe des Kämmerers Thomas Blechschmidt, über die nackten Zahlen hinaus der ADD jene weichen, entscheidungserheblichen Informationen zur Verfügung zu stellen, die es der Aufsichtsbehörde ermöglicht hätten, wie beim Landkreis mit Auflagen, Gnade vor Recht ergehen zu lassen. Die Einwohner*Innen müssen dem neuen Kämmerer ja fast dankbar sein, dass er seine Arbeit nicht gemacht und so zur aktuellen Lage entscheidend beigetragen hat.

Auch mit der Ausrede “Pandemie” und dem Hinweis auf dadurch bedingte Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer 2020/2021/2022 geht die FDP fehl. Einbrüche bei der Gewerbesteuer sind nichts Neues. Die mußten die städtischen Gremien in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder berücksichtigen. Und zwar schon lange vor COVID19. Zudem unterschlagen die Liberalen, dass Bund und Land das Coronadefizit für 2020 explizit bei der Gewerbesteuer mit einer zweistelligen Millionenzahlung ausgeglichen haben. Das rechtswidrige rechnerische Rest-Defizit im Haushalt für 2020 war also – wie vom damaligen Kämmerer Wolfgang Heinrich korrekt vorgetragen und entgegen der heutigen Darstellung der FDP – allein hausgemacht. U.a., weil auch die FDP in 2020 vor der in 2021 anstehenden Landtagswahl den Wähler*Innen Stimmen kostenden, reinen Wein nicht einschenken wollte.

Um eine Nebelkerze handelt es sich bei der Behauptung, Bund und Land übertrügen immer mehr Aufgaben, ohne dafür ausreichend Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Das mag ja teilweise inhaltlich zutreffen. Aber wer sitzt denn seit Jahren in der Landesregierung und seit Monaten (wieder) am Bundeskabinettstisch? Richtig, die FDP. Vor Ort beklagen, was die Parteibosse in Berlin und Mainz verzapfen, ist einfach nur schwach. Fast schon als Versuch der Volksverdummung zu werten. Da sollten die liberalen Funktionsträger an der Nahe endlich mal innerparteilich Dampf machen, statt irreführende Floskeln an der Basis auszustreuen. Die FDP-zitierte Finanzschwäche vieler rheinland-pfälzischer Kommunen – erst recht die Bad Kreuznachs – ist klar überwiegend örtlich veranlaßt.

Weil eine TEILWEISE unfähige Verwaltung im kollusiven Zusammenwirken mit einem MEHRHEITLICH faulen und inkompetenten Stadtrat sich Possenspiele erlaubt, die kein privater Haushalt und keine Unternehmensbilanz überleben würden. So leistet sich Bad Kreuznach den Luxus, Falschparker auf Rad- und Gehwegen, illegale Müllablagerungen usw nicht zu verfolgen. Mit dem bereits vorhandenen und Jahr für Jahr bezahlten Personal könnten die Einnahmen allein in diesem Bereich über eine Million Euro höher liegen. Aber dann gäbe es ja Proteste von den Egomanen und Rechtsbrechern, die halt teilweise auch FDP-Wähler*Innen sind. Und daher hat es von den Bad Kreuznacher Liberalen trotz etwa der Veröffentlichungen dieser Seite noch nie einen lösungsorientierten Vorschlag zum härteren Durchgreifen gegen sozialschädliche Elemente vor Ort gegeben.

Von der FDP ebenfalls als Ursache der Haushaltsdefizite ignoriert: die städtische Bauverwaltung. Die schafft es bei fast jedem Projekt teilweise riesige Kostenüberschreitungen zu fabrizieren. Beim Casinogebäude wurden 2015 (ja: für einen deutlich geringeren Leistungsumfang – aber warum wurde der tatsächliche Bedarf von Anfang an nicht ehrlich offengelegt???) 1,5 Millionen Euro in den Gremien genannt. Laut Haushalt werden am Ende über 7,5 Millionen Euro verbraten sein. Wer eine Mobilitätsstation für 1,8 Millionen Euro andenkt und für 3,7 Millionen abrechnet, handelt unverantwortlich. Wie war die Reaktion der FDP (und anderer) auf diese Steuergeldverbrennung? Sinngemäß: “schlimm, dass das so teuer wurde. Aber jetzt ist es nunmal da und wir müssen das Beste daraus machen”.

Mit diesem Konzept kommt man vielleicht im Kindergarten pädagogisch wertvoll zurecht. Weil der Kitaträger alles zahlt. Aber in der harten Lebenswirklichkeit handelt kein FDP-Unternehmer so. Sondern sucht mindestens zusätzlich nach Verantwortlichen, kostentreibenden Strukturen und anderen – möglicherweise sogar strafrechtlich relevanten – Fehlentwicklungen. Es gab allerdings von der FDP keine Forderung nach personellen Konsequenzen. Keinen Untersuchungsausschuss. Und das, obwohl diese Seite massive Geldvernichtungsbeispiele aufgedeckt und veröffentlicht hat (Beispiel: Treppenbau – Treppenabriss – Rampenbau). Wieso hat da die FDP nicht nachgehakt, um Verantwortliche zu fassen? Mindestens aber um untaugliche Strukturen für die Zukunft zu verändern? Weil das Arbeit gemacht und selbstredend im Stadtbauamt Reaktionen hervorgerufen hätte.

Gerhard Merkelbach hat das – und viele persönliche Nachteile bei seinen Bauprojekten – in Kauf genommen. Die FDPler sind da, sagen wir mal, pragmatischer. Bad Kreuznach ist landesweit leider kein Einzelfall. Das belegen das “Schwarzbuch” des Steuerzahlerbundes. Und die Prüfberichte des rheinland-pfälzischen Landesrechnungshofes. Also liebe FDP: bitte künftig an die eigene Nase fassen, wenns um die kommunale Finanzschwäche geht. Und nicht “haltet den Dieb” schreien, wenn die Beute im eigenen Hosensack steckt. Aber auch andere konkrete Einnahmemöglichkeiten werden – in der Mitverantwortung der FDP – nicht realisiert. So könnten in der Stadtkasse längst jene 10.300 Euro plus Zinsen einvernahmt worden sein, die der Stadtrat bei sachgerechter Amtsführung von der Oberbürgermeisterin wegen deren Schwärzungs-Skandal hätte zurückfordern müssen.

Aber u.a. weil einer der FDP-Stadtratsmitglieder wegen den Erschließungskosten auf dem Galgenberg mit der städtischen Gewobau (Aufsichtsratsvorsitzende: Baudezernentin und Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer) quer liegt und auf eine für ihn finanziell vorteilhafte Vereinbarung aus war (was privat gesehen sein gutes Recht ist), blieb die FDP in dieser Causa bisher untätig. Trotz eines entsprechenden Auftrages der ADD an die Stadt. Der von der Stadt-FDP nach eigenem Bekenntnis “bereits seit mehreren Jahren” vertretene Ansatz einer “pauschalen Kürzung in den meisten Positionen der ungebundenen freiwilligen Leistungen” ist nicht mehr als Ausdruck von finanztechnischer Hilfslosigkeit. Weil von dem entsprechenden Millionenbetrag der Löwenanteil durch Verträge und Vereinbarungen nur haushaltsrechtlich “freiwillig”, tatsächlich aber gebunden ist, käme durch eine entsprechende Vorgehensweise nur ein sehr kleiner Betrag zusammen.

Nicht einmal 2% des Defizits könnten so ausgeglichen werden. Mit teilweise erheblichen Schäden für die davon betroffenen Leistungen. Zielführend ist allein der Weg, den Wegfall von Leistungen und Angeboten zu beraten. Damit würde man aber Wähler*Innen treffen. Daher schrecken – mit Ausnahme der AfD, der Freien Wähler, der Fairen Liste, der FWG und dem BüFEP – alle anderen Parteien davor zurück. Mit der Forderung nach der internen Arbeitsgruppe des Finanzausschusses zeigen die Liberalen, dass sie die Größe der Aufgabe nicht verstanden haben. Es geht nicht mehr, wie noch vor fünf Jahren, um eine “Verschlankung”. Die Bad Kreuznacher Stadtverwaltung muss richtig abspecken. Wie beim ÖPNV, ein Thema, bei dem die FDP in den letzten Monaten – möglicherweise mit falschen Argumenten – aber im Ergebnis zukunftsorientiert und verantwortungsbewußt abgestimmt hat, muss es beim Jugendamt und vor allem im Bauamt Veränderungen geben.

In diesem Zusammenhang hätte die FDP längst fragen müssen: was wurde umgesetzt aus der über 400.000 Euro Kienbaum-Studie? Wo sind die vor Jahren für so viel Steuergeld versprochenen Effekte? Die Antwort würde klar machen: die Stadtverwaltung braucht wesentlich tiefgreifendere Veränderungen. Es müssen wesentlich schärfere Ziele formuliert werden. Die FDP-Forderung nach einer Reduktion der Investitionen für 2022 um 30% ist eine Luftnummer. Zum einen, weil der Investitionsbereich nicht der Problemteil des Haushalts ist. Dort kann das Defizit des Verwaltungshaushaltes nur marginal reduziert werden. Zum anderen, weil ein – mit Zustimmung der FDP – verspätet beratener und verabschiedeter Haushalt von Anfang an niedrige Umsetzungsquoten der geplanten Investitionsmaßnahmen mit sich bringt. Dieser 30%-Beschluß wäre lediglich haushaltstechnische Selbstbefriedigung.

Das Beschlußgremium macht sich glücklich – sonst hat niemand etwas davon. Denn für die Haushaltslage ändert das nichts. Zutreffend ist der Hinweis auf die “hauptsächlichen gewerblichen Nutznießer unserer Bäderlandschaft”. Die Wahrheit ist allerdings: BüFEP-Frontmann Wilhelm Zimmerlin vertritt diese Position seit vielen Jahren. Bei der Beratung des Haushaltes für 2019 hat er entsprechende Anträge gestellt. Leider wurden diese von der FDP damals nicht aktiv unterstützt. Und natürlich greift die Forderung nach Verzicht auf die “eingeräumten Vergünstigungen” zu kurz. Wie von der BüFEP gefordert, muss es namhafte, sechsstellige Kostenbeteiligung geben. Alles andere hilft der BAD GmbH nicht. Nach 23 Jahren rote Zahlen muss ansonsten ein Schlußstrich unter das Bäderhaus gezogen werden.

Ob die crucenia kurthermen – wenn man neutral genau hinschaut – tatsächlich jene 1,6 Millionen Euro jährliches Defizit an anderer Stelle reinholen bzw überkompensieren, bezweifle nicht nur ich. Aber auch hier gibt es keinen Beitrag der FDP, dieses Thema transparent und prüffähig aufzuarbeiten. Schließlich ist die Stellungnahme der FDP nicht nur inhaltlich dünn. Sondern auch taktisch ein Rohrkrepierer. Um das Fehlverhalten auch von FDP-Amts- und Mandatsträgern in der Vergangenheit zu vertuschen, statt einen echten Neuanfang zu wagen, wird der neue Oberbürgermeister mit FDP-Parteibuch mit den ganzen Fehlern der Vergangenheit belastet.

Denn ohne einen ehrlichen, harten Schnitt jetzt, ohne das Bekenntnis viele Jahre dumm getan zu haben, wird schon in zwei Jahren bei der Kommunalwahl keiner mehr entlastend bedenken, dass Emanuel Letz erst seit dem 1.7.2022 im Amt ist. Das Gemisch aus irreführenden Erklärungen und billigen Ausreden heute wird bei den Einwohner*Innen dann zur Meinungsbildung führen: die fatale Haushaltslage der Stadt ist (auch) seine Schuld. So wird ein Hoffnungsträger durch die Unehrlichkeit, Unwilligkeit und/oder Unfähigkeit seiner eigenen Parteifreunde schon heute demontiert. Monate vor seinem Amtsantritt.

Lesen Sie zum Thema auch auf dieser Seite:

25.04.22 – “FDP für pauschale Kürzung der freiwilligen Leistungen”
25.04.22 – “AfD lobt rückblickend Ex-Bürgermeister Heinrich’s “verantwortungsvolle Tätigkeit””
25.04.22 – “Zweifelhafte Arbeitseinstellung”
23.04.22 – “Wilhelm Zimmerlin: “Einsparungen beschliessen, bevor an Steuererhöhungen gedacht wird””
22.04.22 – “Neue Gefahr für den Stadthaushalt: Erhöhung der Kreisumlage”
21.04.22 – “Thomas Blechschmidt muss liefern – jetzt!”
18.04.22 – “Leserbrief des Gerd Cremer zum Haushaltsablehnungsschreiben der ADD”
16.04.22 – “Stadthaushaltskrise: der Schnitt bei den “Freiwilligen Leistungen” kommt noch”
15.04.22 – “Weil der Stadtrat versagt hat: die ADD zieht die Notbremse”
14.04.22 – “Gut rechnen kann Thomas Blechschmidt schlecht”
14.04.22 – “Stadtratssitzung am 28. April findet doch statt”
14.04.22 – “Eigentor-Festival”
14.04.22 – “Der Blechschmidt-Brief an die ADD”
13.04.22 – “Schock für die Stadt: ADD kündigt Verweigerung der Haushaltsgenehmigung an”

Die Presseerklärung der FDP-Stadträte im Wortlaut:

“Pressemitteilung der FDP-Stadträte zum Haushalt der Stadt Bad Kreuznach: Die Reaktion der ADD auf den Haushaltsbeschluss der Stadt Bad Kreuznach war sehr deutlich und bestimmt, wobei insgesamt nicht damit zu rechnen war, dass sich die Aufsichtsbehörde ohne Rückfragen und Beanstandungen anschließen würde. Zur besseren Einordnung der Gesamtsituation muss festgestellt werden, dass auch das aktuelle Haushaltsjahr noch immer unter den besonderen Einflüssen der Pandemie steht. Dies betrifft insbesondere die Einnahmenseite, hier vor allem das Gewerbesteueraufkommen. Zur Wahrheit gehört weiterhin, dass auch die vergangenen zwei Haushalte rechtswidrig gewesen wären, wenn die ADD nicht auf Veranlassung des Innenministeriums des Landes besondere Maßstäbe angelegt hätte.

Diese Sonderregelung betrifft jedoch noch viele weitere Kommunen in Rheinland-Pfalz, die ebenfalls stark unter den finanziellen Folgen der Pandemie zu leiden hatten. Was den Haushalt des Jahres 2022 betrifft, so hat die Fraktion FDP / Freie Wähler im Rahmen der Beratungen im Finanzausschuss diverse konstruktive Vorschläge zur Konsolidierung unterbreitet, die leider insbesondere bei CDU und SPD, aber auch der Mehrheit der Grünen, keine Unterstützung gefunden haben. Bereits seit mehreren Jahren werben wir wiederholt für eine pauschale Kürzung in den meisten Positionen der ungebundenen freiwilligen Leistungen.

Nur diese Lösung ist unserer Meinung nach geeignet, einen langwierigen Streit um Einzelinteressen zu vermeiden und zu einem produktiven Ergebnis zu gelangen. Schlussendlich hat ein Teil unserer Fraktion dem Vorschlag des Kämmerers zugestimmt und den Haushaltsentwurf in seiner jetzigen Form akzeptiert. Dies war stets verbunden mit dem Versprechen von Herrn Blechschmidt, dass im Laufe des Jahres alle Dezernate auf potentielle Einsparpotentiale untersucht werden. Auch wenn ein ausgeglichener Haushalt trotz weiterer Anstrengungen für dieses Wirtschaftsjahr utopisch bleibt, so lohnt es die wesentlichen Positionen zu betrachten:

1. Bei der vom Stadtrat beschlossenen Abgabe des Jugendamtes an den Kreis gibt es bekanntlich ungeklärte rechtliche Fragestellungen und divergierende Rechtsauffassungen. Zudem ist davon auszugehen, dass eine Abgabe kaum kurzfristige Haushaltsentlastung mit sich bringt. Für den Haushalt 2022 ist dies daher nicht das Allheilmittel, mittelfristig sind hier jedoch Einsparungen im Millionenbereich erzielbar. Fest steht, dass wir in der Causa Jugendamt endlich eine langfristige Lösung finden müssen – entweder eine bessere Finanzausstattung der kreisangehörigen Städte mit eigenem Jugendamt oder aber die Abgabe an den Kreis.

2. Trotz der desolaten Haushaltslage hat eine Mehrheit im Stadtrat entschieden, den ÖPNV zu rekommunalisieren (was schon beim Müll schief gegangen ist), zudem wird sich die Stadt auch ohne Not an dieser kommunalen Gesellschaft beteiligen, die mit Sicherheit die kommenden Jahrzehnte ein enormes Zuschussgeschäft darstellen wird. Es wäre zu prüfen, ob diese Fehlentscheidung zum jetzigen Zeitpunkt noch reversibel ist.

3. Die freiwilligen, ungebundenen Leistungen sind auf Einsparpotentiale zu untersuchen. Dies sollte durch eine Arbeitsgruppe aus Mitgliedern des Finanzausschusses erfolgen. Die Ämter und Dezernate sind eng einzubinden.

4. Wir unterstützen die Forderung der ADD nach der Implementierung einer verwaltungsinternen Arbeitsgruppe, die zusammen mit Herrn Bürgermeister Blechschmidt die Strukturen auf Optimierungen überprüfen soll. Dafür sind keine teuren Berater notwendig, war haben das Potential in den eigenen Reihen.

5. Steuer- und Abgabenerhöhungen dürfen in der aktuellen Situation nur das letzte Mittel der Wahl sein. Die Bürger kämpfen mit den Auswirkungen von Coronapandemie, Ukraine-Krieg und Inflation. Die Bevölkerung darf jetzt nicht unter dem Sparunwillen der Politik leiden.

6. Ohne einen genehmigten Haushalt können die für 2022 geplanten Investitionen bis aufs Weiteres nicht umgesetzt werden. Vor dem Hintergrund, dass der Haushalt 2022 frühestens im Mai genehmigt sein könnte, ist es unrealistisch, dass die Verwaltung die geplanten Investitionen vollumfänglich im Jahr 2022 umsetzen kann. Eine Reduktion der Investitionen für 2022 um 30% bietet sich insofern an, um die Errichtung eines genehmigungsfähigen Haushalts zu unterstützen.

7. Die hauptsächlichen gewerblichen Nutznießer unserer Bäderlandschaft sollten mit Blick auf eine mögliche dauerhafte Schließung derselben die Bereitschaft zeigen, auf die ihnen eingeräumten Vergünstigungen zu verzichten. Die hieraus resultierenden Einnahmensteigerungen wären ein deutliches Signal an die ADD, dass ihre Mahnung zu erkennbaren Kraftanstrengungen zur Konsolidierung des Haushalts in Bad Kreuznach ernst genommen wird.

8. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Stadthaushalt nicht nur wegen mangelnder Haushaltsdisziplin nicht ausgeglichen ist. Vielmehr sind die Kosten auch deswegen explodiert, weil der Bund und das Land den Kommunen in der Vergangenheit immer mehr kostenauslösende Pflichtaufgaben zugewiesen haben, ohne dass die kommunale Finanzkraft durch Bundes- oder Landeszuschüsse angemessen erhöht wurde. Bis Mitte des Jahres ist zwar mit näheren Informationen zu rechnen, wie die Kommunen künftig besser mit Landes- und Bundesmitteln ausgestattet werden sollen. Diese Informationen müssen auch in die mittelfristige Haushaltsplanung eingearbeitet werden. Dennoch muss genau beziffert werden, ob die vom Bund oder Land verursachten Kostensteigerungen tatsächlich auch die Kosten decken und ggfs. von kommunaler Seite mehr Mittel eingefordert werden.

9. Mit Blick auf die aktuelle Versagung der Genehmigung des Haushalts ist es insgesamt wichtig, die zeitliche Dimension nicht aus den Augen zu verlieren.

Wir müssen kurzfristig darauf hinwirken, dass mit der ADD eine einvernehmliche Lösung für einen genehmigungsfähigen Haushalt gefunden werden kann. Dies geht nur, wenn die ADD davon überzeugt werden kann, dass die Stadt Bad Kreuznach zur Einhaltung einer deutlichen Haushaltsdisziplin bereit ist. Wir müssen mittelfristig alle Potentiale zur Konsolidierung nutzen und gleichzeitig ein bürger- und investorenfreundliches Klima schaffen, damit das Steueraufkommen erhöht werden kann. Werner Lorenz (Fraktionsvorsitzender), Jürgen Eitel, Wolfgang Boufleur, Mariana Ruhl”