Weil der Stadtrat versagt hat: die ADD zieht die Notbremse

Die große Mehrheit im Stadtrat sagte am 27. Januar 2022 ja. Zu noch mehr Schulden. Zu einem nicht ausgeglichenen Haushalt 2022. Zum Verzicht auf Einsparungen. Die wenigen Mahner wurden überstimmt. Für sie ist das Schreiben der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) vom 30. März 2022 eine Genugtuung. Wer lesen kann weiß: die Antwort von Kämmerer Thomas Blechschmidt wird nicht zu einer Haushaltsgenehmigung führen. Seine Argumentation ist nicht nur dünn und widersprüchlich. Sie geht vollinhaltlich an der Kritik der ADD vorbei (diese Seite kommentierte). Die Aufsichtsbehörde hat die Notbremse für den Stadthaushalt 2022 gezogen.

Der Stadtkasse fehlen viele Millionen Euro. Die Stadtratsmehrheit ist zu feige, den Einwohner*Innen reinen Wein einzuschenken.

Die einzige Möglichkeit für deren Lockerung ist eine Neuberatung und Neuverabschiedung des Zahlenwerkes. Denn der theoretisch mögliche Rechtsweg bringt nichts. Zum einen, weil das gesetzeswidrige Verhalten des Stadtrates offensichtlich ist. Und zum anderen weil ein solches Verfahren Monate dauern würde. Und selbst ein – nur rein theoretisch möglicher Sieg – sich am Jahresende praktisch nicht mehr auswirken würde. Dem Stadtrat bieten sich jetzt zwei Alternativen. Er beschließt spürbare Einnahmeverbesserungen. Also Steuererhöhungen. Mit oder ohne Aufklärung der Einwohner*Innen. Oder er schließt eine Vielzahl öffentlicher Einrichtungen bzw reduziert dramatisch das dortige Leistungsangebot. Und zieht die Stadt aus einer Reihe von Verlustprojekten zum jeweils nächst möglichen Zeitpunkt zurück.

Dabei hängt ein weiteres finanzielles Damoklesschwert, vor der Öffentlichkeit weitgehend verborgen, über der Szenerie: die desolate finanzielle Lage der städtischen Konzernstruktur. Weil die Kommunalpolitiker wie bei den Einsparungsmöglichkeiten auch hier wegen der Konsequenzen Entscheidungen verweigern, türmen sich die Probleme zu immer größeren Bergen auf. Längst gibt es Stadtratsmitglieder, die vor der von ihnen selbst erzeugten Problemlast kapitulieren, subjektiv eine Lösung angesichts ihrer persönlichen Begrenztheit für unmöglich halten und auf die Einsetzung eines Staatskommissars durch das Land hoffen. Das gabs in Bad Münster schon mal. Und war, wie die Beteiligten noch heute versichern, gar nicht so schlimm. Das Verfahren hatte sogar den positiven Effekt, dass alles, was nicht lief, anderen in die Schuhe geschoben werden konnte.

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