Der Blechschmidt-Brief an die ADD

Die Meinung unseres Redakteurs
Claus Jotzo

Hatte Begonia Hermann am 30. März 2022 nur einen schlechten Tag? Kündigte die Vizepräsidentin der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) der Stadt aus einer Laune heraus die Verweigerung von Kreditgenehmigungen an? Und werden Begriffe wie “Rechtsverletzung” von ihr an Stelle von Höflichkeitsfloskeln wie “Guten Tag” verwendet? Diesen Eindruck muss gewinnen, wer den Brief des Thomas Blechschmidt vom 12. April 2022 an die ADD liest. Als Antwort auf das vernichtende, mehrseitige Haushaltsablehnungsschreiben der Kommunalaufsicht vom 30. März 2022 hat der neue Bürgermeister erst mal mit der Aufsichtsbehörde telefoniert.

Das ändert zwar nichts an den Millionenschulden der Stadt und anderen unerfreulichen Fakten. Aber Thomas Blechschmidt gewinnt so möglicherweise die subjektive Wahrnehmung etwas getan zu haben. Das Ferngespräch mit der ADD beschreibt Blechschmidt als “konstruktiv und offen”. Das Telefonat scheint, folgt man dem Kämmerer, das ADD-Schreiben vollkommen entschärft zu haben. Während die ADD schriftlich die juristisch notwendigen Genehmigungen ablehnt und ein Umdenken von knallharten “Voraussetzungen” abhängig macht, spricht Blechschmidt in seinem Antwortschreiben verharmlosend von “Bedenken”, die die ADD habe.

Die Bedeutung deutscher Begriffe wie “beanstanden”, “nicht bereit”, “Verstösse” und “Generationengerechtigkeit” scheint Blechschmidt nicht zu verstehen. Offensichtlich ist sein Brief nur vordergründig an die ADD gerichtet, wo er höchstens ein Mitleidslächeln auslösen wird, sondern eigentlich an die Mitglieder des Finanzausschusses. Die haben zwischenzeitlich nämlich eine Kopie erhalten. Um sie in Sicherheit zu wiegen. Diesen Personenkreis hatte Blechschmidt bei der Beratung des Hauhaltes für 2022 wortreich um einen Vertrauensvorschuss gebeten nach dem Motto “Papa regelt das schon”. Nur allzu gern hat sich die Mehrheit der Kommunalpolitiker darauf eingelassen.

Was auch diese Personen natürlich nicht daran hindern wird, bei einem Scheitern Blechschmidts zu diesem auf Distanz zu gehen. Der einzige inhaltliche relevante Punkt, den Thomas Blechschmidt in seinem ADD-Brief anspricht, ist der Hebesatz für die Grundsteuer. Den will er in diesem Jahr nicht erhöhen. Sondern erst für 2023. Seine Begründung: “Pandemiebedingt und jetzt auch noch verstärkt durch den Krieg in der Ukraine, kommt es in allen Lebensbereichen der Menschen zu teilweise drastischen Kostensteigerungen. Jeden Tag kann man in den Medien mitverfolgen, wie auf landes- und bundespolitischer Ebene Maßnahmen diskutiert werden, um die betroffenen Personen zu entlasten.

Aus unserer Sicht wäre es daher kontraproduktiv, wenn jetzt durch eine deutliche Erhöhung der Grundsteuer B die Situation weiter verschärft würde”. Selten hat ein Verantwortlicher seine Unfähigkeit bei der Erfassung der Probleme so offengelegt, wie Blechschmidt mit dieser Darstellung. An der ist alles falsch bzw verdreht. Hauptfehler des Kämmerers ist seine Fokussierung auf die Einnahmenseìte. Richtig wäre dagegen, die Ausgaben zu kürzen. Also bestimmte Leistungen und Angebote zu streichen. Eine Verwaltung, die eine faktisch nicht genutzte Mobilitätsstation mit 1,8 Millionen Euro schätzt und am Ende 3,7 Millionen Euro ausgibt, handelt schlampig und verschwenderisch.

Damit muss endlich Schluß gemacht werden. Wo ist der Einsparnachweis durch die Ausgabe von Digitalisierungsmillionen? An keiner Stelle gibt es dazu konkrete Aussagen. Aber auch die Blechschmidt-Interpretation der Ausgleichszahlungen durch Land und Bund ist abwegig. Es gibt diese Zahlungen. Damit werden die von Blechschmidt zitierten Mehrkosten der Menschen wenigstens zum Teil ausgeglichen. Die Gewerkschaften setzen Tariferhöhungen durch, die die Inflation einpreisen. Das widerlegt die Blechschmidt-Sichtweise schon formallogisch. Und ablauflogisch ist sein Ansatz sowieso Unsinn. Wenn die Ausgleichszahlungen von Land und Bund nicht reichen, dann haben die Menschen ja auch nächstes Jahr kein Geld.

In 2023 will Blechschmidt aber erhöhen – wenn man seinen Worten Glauben schenken kann. Das passt einfach nicht. Richtig ist, den Einwohner*Innen jetzt endlich die Wahrheit zu sagen. Nämlich, dass die Kaster-Meurer-Stadtverwaltung und der sie tragende Stadtrat jahrelang deutlich über die Verhältnisse gelebt haben. Die Grundsteuer muss also dramatisch erhöht werden. Und den Menschen gleichzeitig erklärt werden, warum: u.a. weil man für sie das Salinenbad gebaut hat (in das bisher kaum eine(r) geht), weil es das PuK gibt, weil das Jugendamt mit etwa 4 Millionen Euro jährlichen Mehrkosten bei der Stadt bleibt, weil sich die Stadt unbedingt an der Busgesellschaft der Landkreise beteiligen musste mit der Folge eines weiteren zusätzlichen Defizits von nicht unter 1,5 Millionen Euro im Jahr.

Die Fakten werden natürlich Reaktionen auslösen. Aber warum sollen die nachfolgenden Generationen für die Lügen, die Gleichgültigkeit, die Ideologisierung kommunaler Aufgaben und die Spendierhosen einiger Wichtigtuer im Stadtrat und der Verwaltung geradestehen? Geradezu putzig mutet angesichts dieser Begriffstutzigkeit Blechschmidts an die ADD gerichtete Feststellung an, “für einen regen Austausch stehen wir Ihnen gerne weiterhin zur Verfügung”. Also lieber Thomas Blechschmidt, wenn die in Trier eine Belustigung suchen, dann haben die dort vielfältige Möglichkeiten. Da braucht es keinen Komiker aus Bad Kreuznach.

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13.04.22 – “Schock für die Stadt: ADD kündigt Verweigerung der Haushaltsgenehmigung an”