Gerhard Merkelbach’s (Faire Liste) Replik auf Andrea Manz (Grüne)

Die Stadtratssitzung vom 17.2.2022 wird noch lange für Gesprächsstoff sorgen. Eines von vielen Themen ist, dass im neuen Winzenheimer Bürgerhaus zwar Platz für ein Büro für Ortsvorsteher Mirko Kohl (CDU) einplant ist. Aber keine behindertengerechte Toilette. Diesen Mißstand hatte Gerhard Merkelbach (Faire Liste) über Monate thematisiert. Auf seine Fragen aber nur unvollständige Antworten von Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer (SPD) erhalten. Daraufhin setzte die Fraktion FDP, Freie Wähler + Faire Liste das Thema kurzerhand als Tagesordnungspunkt für die Stadtratssitzung durch.

Dort ist es seit Jahrzehnten eine gute Praxis, dass die Antragsteller ihre Anträge zunächst einmal begründen dürfen, bevor eine allgemeine Aussprache erfolgt. Das war am 17. Februar nicht der Fall. Denn wegen der von der OBin anfangs der Sitzung verweigerten technischen Hilfe (diese Seite berichtete), schalteten sich Gerhard Merkelbach und Co schon vor Sitzungsbeginn aus der Videokonferenz ab. Als dann der Antrag dran war, wurde der von der Oberbürgermeisterin nicht etwa auf die nächste Sitzung verschoben. Sondern mit einem breiten Grinsen erklärte Dr. Kaster-Meurer: “jetzt kann ich den Antragsteller gar nicht fragen, was er wünscht”.

Ganz offen erklärt das Stadtbauamt: der Behindertenbeirat wird entgegen eines entgegenstehenden Stadtratsbeschlusses gar nicht erst gefragt.

Und versuchte ihre Verteidigungsstellung zu verbessern, in dem sie Anette Glöckner als “Vorsitzende des VdK” vorstellte und diese zu einem Redebeitrag bat. Glöckner zeigte dann selbstbewußt, dass sie sich eben nicht als Feigenblatt für Verwaltungsversagen mißbrauchen läßt. Und teilte unmißverständlich mit: “ich spreche für den Behindertenbeirat und die Arbeitsgruppe Barrierefreiheit. Ich gehe davon aus, dass wir von der Verwaltung angefragt werden”. Glöckner machte damit klar, was Merkelbach bereits Wochen vorher recherchiert hatte: das Stadtbauamt hatte einmal mehr weder vor noch nach Beginn der Bauplanung das demokratisch gewählte Fachgremium Behindertenbeirat nicht einbezogen.

Nach einem sehr informativen, bebilderten mehrminütigen Sachbericht durch Stadtbauamtsleiter Klaus Christ, folgte eine Rechtfertigungsarie des Winzenheimer Ortsvorstehers Mirko Kohl, der ohne mit der Wimper zu zucken den ihn belastenden Christ-Bericht lobte (Anmerkung der Redaktion: darauf gehen wir in einem gesonderten Beitrag später noch ein). Weil Kohl in seinen Ausführungen seine Kritiker kritisierte, wurde er anschließend vom SPD-Co-Fraktionsvorsitzenden Holger Grumbach gelobt. Der sprach “Mirko” zärtlich via Webex an und warf die Frage auf: “warum beschäftigen wir uns eigentlich heute mit dem Thema?”

Um sich die Antwort selbst zu geben: “für mich ist das sehr fragwürdig, warum wir uns mit dem Thema beschäftigen. Wir sind im Wahlkampf”. Danach schloß sich die grüne Co-Fraktionsvorsitzende Andrea Manz den beiden Vorrednern an. Sie bekannte zunächst, die Räumlichkeiten noch nicht persönlich in Augenschein genommen zu haben und stellte fest: die “Planung sieht auf dem Papier gut aus”. Dann sprach sie die nicht anwesenden Stadtratsmitglieder an: “es drängt sich einem so ein bißchen auf, dass manche im Stadtrat gerne versuchen Keile zu treiben. Und die Verwaltung zu kontrollieren und Maßgaben vorzugeben.

Und ich finde in diesem Fall ist für mich son bißchen anstössig, dass man die Barrierefreiheit son bißchen wie son Schild vor sich her trägt und eigentlich seinen Kampf auf Kosten und auf dem Rücken anderer ausficht”. War schon dieser Ansatz vergleichsweise unklar, wurde es dann noch undeutlicher, was Manz konkret meint: “ich bin mir sicher, dass es in Winzenheim einen barrierefreien Ort gibt. Und zumindest in der Kita ist das ja auf jedem Fall der Fall. Wenn es eine Veranstaltung geben sollte, wenn Herrr Kohl besondere Gespräche mit Personen hätte oder irgendwelche Zusammenkünfte, die man dann auch am anderen Ort nebendran in der Kita am Nachmittag oder frühen Abend abhalten kann, dass man da auch räumlich für die Zeit, wo man noch keine Behindertentoilette vor Ort haben kann, natürlich ausweichen kann.

Das heisst ja nicht, dass man dann Veranstaltungen macht und man schickt die Leute dann 500 Meter weiter. Sondern da wird man je nach dem was sein wird, auch andere Möglichkeiten finden und das anders aufziehen. Und ich denke in diese Richtung sollte man sich erst mal bewegen. Das wie’s ist, ist jetzt ein Provisorium, es ist ein Übergang. Man sollte kucken dass der Übergang so schnell wie möglich und im Einvernehmen mit allen Beteiligten, die dazu gehören, zum guten Abschluß gebracht werden kann. Aber bis dahin werden sich andere Lösungen finden”. Davon, dass schon vor Corona die “Fremdnutzung” der Kita Zur Klaster etwa durch den Ortsbeirat für Kritik, u.a. aus der Elternschaft sorgte, sprach Andrea Manz kein Wort.

Auch das Problem, wie am morgen danach bei laufendem Kitabetrieb die Reinigung der Toiletten erfolgen soll, bedachte die grüne Fraktionsvorsitzende nicht. Einen weiteren Schwachpunkt ihrer Ausführungen legte direkt nach ihr Karl-Heinz Delaveaux offen. Der Fraktionsvorsitzende von FWG / BüFEP stellte zutreffend fest, “als Kontrollorgan ist der Stadtrat natürlich vorgesehen”. Auf die Erinnerung daran, wie die Stadtratsgrünen rund zwei Jahrzehnte lang bis zur Jamaika-Koalition mit CDU und FDP 2009 und der Wahl von Andrea Manz zur Kulturbeigeordneten, mehr oder weniger erfolgreich genau das versucht haben, nämlich eine Kontrollfunktion wahrzunehmen, verzichtete Delaveaux.

Zu diesem Ablauf nahm gestern Gerhard Merkelbach schriftlich Stellung. Darin wird das Stadtratsmitglied deutlich: “Frau Manz‘ Unterstellung, ich würde diese Menschen benutzen, um die OB und ihr Bauamt anzugreifen, ist sehr schlechter Stil. Und so über mich herzuziehen, wenn ich nicht dabei bin, ist außerdem feige”. Merkelbach, der schon lange vor seinem Einzug in den Stadtrat im Juni 2019 gemeinnützige Projekte, Vereine und Initiativen mit Privatgeld und -leistung in erheblicher Höhe unterstützt hat, geht noch weiter und hält Manz vor, sich – anders als er – nicht “für die Schwachen der Gesellschaft” engagiert zu haben. Als Beispiel führt er die Obdachlosenhilfe der Bastgässjer an, auf deren Bauwagenplatz er Manz noch nie gesehen habe.

Die Erklärung von Gerhard Merkelbach im Wortlaut:

“Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Bad Kreuznacher Bürgerinnen und Bürger, bei der jüngsten Stadtratssitzung konnte man wieder erleben, wie unsere OB mit politischen Gegnern und für sie unangenehme Mandatsträgern umgeht. Zu meinem Erstaunen hat sie den Antrag der Fraktion FDP, Faire Liste und Freie Wähler auf Stellungnahme, warum die Behindertentoilette in Winzenheim nicht gebaut wird, gnadenlos durchgezogen, obwohl und nachdem kein Mitglied der Fraktion mehr an der Sitzung teilnahm. Ich kann mich erinnern, dass die OB Themen schon von der Tagesordnung genommen hat, wenn die antragstellende Fraktion nicht die Möglichkeit hatte, ihren Antrag in der Sitzung zu begründen oder dazu Stellung zu nehmen.

Aber diese Angelegenheit, als Baudezernentin „behinderte Menschen zu benachteiligen“, schien ihr dann doch in der Öffentlichkeit mehr als peinlich zu sein. In der Sitzung zuzulassen, dass Frau Manz mich angreifen darf, ohne dass ich die Möglichkeit habe, mich dagegen zu wehren, zeigt mir, dass die OB mit zweierlei Maß misst. Es ist unverschämt, dass Frau Manz mir unterstellt, ich würde die Barrierefreiheit als Schild vorhalten, um meinem Kampf auf dem Rücken anderer auszufechten. Denn meine Kritik ist rein sachlich und absolut angebracht: Das der OB unterstellte Bauamt hat den Bauantrag für das Winzenheimer Bürgerhaus gestellt und genehmigt, mit der Prämisse, dass nach § 51 Landesbauordnung eine barrierefreie Toilette einzubauen ist.

Aber gleichzeitig hat das Bauamt als verantwortliche städtische Bauleitung darauf verzichtet, mit der Aussage das wäre zu teuer. Stattdessen sollen behinderte Menschen eine Toilette aufsuchen, die 400 Meter entfernt liegt. Das ist absolut rücksichtslos und diskriminierend. Frau Manz‘ Unterstellung, ich würde diese Menschen benutzen, um die OB und ihr Bauamt anzugreifen, ist sehr schlechter Stil. Und so über mich herzuziehen, wenn ich nicht dabei bin, ist außerdem feige. Die grüne Politikerin sollte wissen, sofern sie die Presse verfolgt, dass ich mich – im Gegensatz zu ihr – für die Schwachen der Gesellschaft engagiere.

Frau Manz habe ich aber bei den „Bastgässjer“ auf dem Bauwagenplatz noch nie gesehen! Frau Manz hat nicht einmal nachgefragt, warum der Behindertenrat bei dem Projekt nicht involviert war. Sorry, Frau Manz, auch eine BI zu unterstützen, die aus Eigennutz versucht, ein Bauprojekt zu verhindern, obwohl es für behinderte Menschen geplant ist, nur damit die BI-Vorsitzenden ihre schöne Aussicht nicht verlieren, und dafür noch den Naturschutz in den Vordergrund zu stellen, das finde ich unredlich.

Wenn aber die Waldorfschule trotz Abholzungsverbotes vier 14 Zentimeter dicke Bäume fällt und die Grünen nicht intervenieren (so stand‘s in der Zeitung), gibt mir das zu denken. Ich werde jedenfalls nicht nachlassen – dem mir durch die Wähler erteilten Mandat verpflichtet – meine Finger in die Wunden der städtischen Filz-Politik zu legen und auf die Einhaltung von Recht und Gesetz zu bestehen”.

Lesen Sie zum Thema auch auf dieser Seite:

15.02.2022 – “FDP, Freie Wähler + Faire Liste machen das Winzenheimer Bürgerhaus zum Thema”
03.02.2022 – “Stadt baut Ortsvorsteherbüro an Stelle von Behindertentoilette”
03.02.2022 – “Dr. Kaster-Meurer unterscheidet zwischen “Bürgern” und “Behinderten”