“Wir Verwaltungsmitarbeiter sehen es nicht ein uns diesem Risiko auszusetzen”

Die Diskussionen um die Konsequenzen begannen bereits am Donnerstag (17.2.2022) um kurz nach 18 Uhr. Da hatten die Stadtratsmitglieder von FDP, AfD, Freien Wählern und Fairer Liste die Videokonferenz des Stadtrates unter Protest gerade erst verlassen. OBin Dr. Heike Kaster-Meurer hatte den im Sitzungssaal tagenden Ratsmitgliedern die über Monate gewährte personelle und technische Hilfe entzogen. Diese Seite hat die vorhergehende Diskussion im Wortlaut dokumentiert. Nachzulesen in dem Bericht “Eklat im Stadtrat: FDP, Freie Wähler, Faire Liste und AfD ziehen aus”. In den rund zweieinhalb Stunden Sitzung danach dämmerte sowohl der Oberbürgermeisterin, dass der Diskussionsverlauf mit der Bewertung “subopotimal” noch zu positiv beschrieben war.

So hatte Dr. Kaster-Meurer die später ausgezogenen Ratsmitglieder – wahrheitswidrig – mit dem Vorwurf konfrontiert, diese hätten im Sitzungssaal sitzungsbegleitende “Fraktionssitzungen” durchgeführt. Und sie rechtfertigte den Abzug des Stadthaus-Personals mit dem Bedarf für ihren Sitzungsdienst. Mit beiden Aussagen lieferte sie ihren Kritikern neue Argumente. Um das Thema noch in der Sitzung etwas weiter weg von der Oberbürgermeisterin zu rücken, wurde hinter den Kulissen hektisch kommuniziert. Und unter dem Punkt “Anfragen” meldete sich dann der Ehemann der Oberbürgermeisterin, Ofenbaumeister Günter Meurer zu Wort: “Ganz am Anfang der Sitzung, die bißchen unangenehm war, dort wurde vom Herrn Eitel gesagt, dass die Verwaltung abgezogen wurde.

Ich würde doch gerne hören, wie, und das auch zu Protokoll geben, wie die Verwaltung selber, sprich auch ein Herr Wirz, wenn er dazu bereit ist, dazu eine klare Aussage zu treffen. Das wäre nett. Wenn Herr Wirz dazu bereit ist. Ich würde es nur gerne zu Protokoll geben, dass was der Herr Eitel gesagt hat, dass ich auch die andere Seite, sprich die Verwaltung, gerne dazu hören würde”. Mit dem sprachlichen Ausdruck hat es der Vielredner Meurer halt nicht so. Gemeint hat Günni: Wirz möge bitte zu Protokoll geben, dass er nicht etwa auf Anweisung der Oberbürgermeisterin die sitzungsbegleitende technische Hilfe für die Stadtratsmitglieder einstellte, sondern aufgrund eigener Entscheidung. Dr. Heike Kaster-Meurer fragte Ihren Adlatus dann auch öffentlich in der Videokonferenz:

“Herr Wirz: sind Sie dazu bereit?” Und der entäuschte seine Dienst-Herrin und deren Ofenbaumeister nicht: “Gern, der Herr Cron und ich sind ja im Sitzungssaal immer dabei zur Unterstüzung. Ich möchte dazu sagen, dass es mitnichten so ist, dass im Sitzungssaal nur Personen anwesend waren, die Unterstützung benötigen. Wir waren jetzt seit knapp zwei Jahren alle zwei Monate zum Hauptausschuss und zum Stadtrat im Sitzungssaal und haben uns da natürlich auch einer möglichen Infektion ausgesetzt. Ich denke Sie können uns oder mir alle zustimmen, dass Sie sich wenn Sie Probleme haben oder hatten, technische Schwierigkeiten, sich immer an uns wenden konnten. Wie Frau Roeren-Bergs schon richtig gesagt hatte, haben wir zu Beginn der digitalen Sitzungen jedem Ratsmitglied und jedem Ausschußmitlgied eine persönliche Schulung in WEBEX angeboten.

Wir saßen dann jetzt im Januar in der Stadtratssitzung mit 12 Personen im Sitzungssaal knapp zwei Stunden oder drei Stunden, ich weiß nicht mehr genau wie lang die Sitzung ging. Und es war natürlich dann auch zumindest bei mir meine eigene Entscheidung auch, dass ich mich diesem Risiko nicht aussetzen möchte. Zumal nicht alle Personen, die da im Sitzungssaal sassen, wirklich die Hilfe benötigten. Wir hatten heute wie sonst auch immer eine technische Ausstattung zur Verfügung gestellt. Sie hat auch funktioniert. Und das Argument, dass die Anwesenden nicht ohne uns diese Technik bedienen können, möchte ich so auch nicht gelten lassen. Weil die Diskussion am Anfang hat ja auch funktioniert. Mehr will ich dazu jetzt auch nicht sagen”.

Muss der liebe Lukas auch nicht. Denn wie die Redaktion dieser Seite in den kommenden Tagen zeigen wird: das war hinreichend deutlich, um Inkompetenz und das marode, bürgerfeindliche Arbeitssystem im Hauptamt der Stadtverwaltung öffentlich klarzustellen. Das hat die Oberbürgermeisterin wohl mitbekommen. Und entsprechend reagiert: “Um den Fokus auch noch Mal von dem Herrn Wirz wegzuholen. Also wir haben im Planungsausschuss, mir haben ja die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das selbe berichtet, und wir haben dann gesagt, es gibt jemanden von der IT-Abteilung, der dafür sorgt, dass die Tabletts anständig eingerichtet werden. Und das Herr Lorenz eben gesagt hat, dass ein anderer Mitarbeiter anwesend war.

Das war aber kein Mitarbeiter des Sitzungsdienstes, sondern das ist Ihnen vielleicht bekannt, das ist ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes. Und Sie können sich vorstellen, dass das nicht auf mein Geheiß hin erfolgt ist. Als ich dann nachher selber rübergegangen bin, um den Raum abzuschliessen, war auch niemand mehr da, so dass ich das auch nicht sehen konnte”. Dann meldete sich, zunächst übersehen von der OBin, Jürgen Cron zu Wort: “Als Amtsleiter will ich noch was sagen. Ich war vorhin drüben und habe den Damen und Herren im Sitzungssaal alle Tabletts soweit hergerichtet, dass der einwandfreie Zugang möglich war. Das hat man auch gesehen, nachdem der gesammte … kurz war, hat nachher alles funktioniert. Jeder konnte an der Diskussion teilnehmen und etwas zu sagen.

Ich habe auch gesagt, warum wir an der Sitzung nicht teilnehmen. Das hat u.a. die Gründe in der Pandemie. Die Zahlen sind sehr hoch. Und auch, dass wir es nicht einsehen als Verwaltungsmitarbeiter uns diesem Risiko auszusetzen. Ich habe auch das Beispiel gebracht: Herr Wirz und ich, wenn wir drüben sitzen, und schauen Sie mal auf die Uhr, wieder drei Stunden, wie im Januar auch, Herr Wirz und ich sind diejenigen, die hier die Wahl durchführen. Wenn wir hier ausfallen, wegen Corona oder anderem, dann haben wir ein Problem. Auch darauf habe ich hingewiesen. … Die Verwaltung wird in diesen Bereichen von einigen Ratsmitgliedern über Gebühr beansprucht”.

Und weil Cron und Wirz so brav sagten, was das Ehepaar Meurer-Kaster-Meurer hören wollte, gabs dann auch das öffentliche Lob von Günter Meurer: “Vielen Dank für die klaren Ausführungen”. Aber auch die Öffentlichkeit hat zu danken. Für diese unfreiwillige Offenlegung von Denkstrukturen und Verhaltensweisen. Und bereits darin liegt ein für die ganze Stadtgesellschaft wertvoller Gewinn des konsequenten und konfliktbereiten Verhaltens der neun Stadtratsmitglieder: sie haben diese Reaktion erzwungen. Im Tennis würde man das einen Forced Error nennen. Wer solche Fehler erzwingen kann, dem ist beim nächsten Aufschlag durchaus ein Ass zuzutrauen (weiterer Bericht und Kommentar folgt).

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