Heute Gedenken am immer noch beschädigten Mahnmal

Das Mahnmal am höchsten Punkt der Kirschsteinanlage wurde am 9. November 1988 eingeweiht. Heute um 16:30 Uhr findet dort die Gedenkveranstaltung der Stadt an die Opfer des Nationalsozialismus statt. Das diesjährige Gedenken wird einmal mehr von Schüler*Innen der Integrierten Gesamtschule (IGS) Sophie Sondhelm bereichert. Außerdem wird ein Abschnitt aus dem Buch „Damals war es Friedrich“ (Autor Hans-Peter Richter) gelesen.

Die Ansprache hält Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer. Die musikalische Begleitung übernimmt Fryderyck Jona (Saxophon). Für die hoffentlich zahlreichen Teilnehmenden wird vor Ort deutlich werden: noch immer zeigt das Mahnmal die Spuren einer Straftat vom April vergangenen Jahres. Vor neun Monaten waren die vier in die Sockeloberfläche eingelassen bronzenen Schriftbänder ausgebrochen und gestohlen worden.

Da in einem engen zeitlichen Zusammenhang auch die Bronze-Tafeln am Originale-Brunnen auf dem Kornmarkt und die Edelmetal-Tafel am Gedenkstein für Magister Laukhard in der Kurhausstraße entwendet wurden, darf ein Zusammenhang unterstellt werden. Die vier Bronzebänder waren wie folgt beschriftet:

#Den jüdischen Mitbürgern unserer Stadt zum Gedenken.
#Die unter der National-Sozialistischen Diktatur entehrt, verfolgt und ermordet wurden.
#Uns allen eine Mahnung zur Wachsamkeit.
#Eine Hoffnung auf gerechten Frieden in der Welt.

Die Redaktion dieser Seite hat den Zustand des Mahnmals in den vergangenen Monaten mehrfach im Bild dokumentiert. Und, nachdem sich auch in den letzten Wochen keinerlei Veränderung ergab, der Stadtverwaltung eine Presseanfrage vorgelegt. Diese wurde am 26.1.2022 teilweise beantwortet. So erklärt die Stadtverwaltung, die von ihr seinerzeit gestellte Strafanzeige sei von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden, weil kein(e) Täter ermittelt werden konnte(n).

Die Ermittlungen würden jedoch wieder aufgenommen, falls sich konkrete neue Anhaltspunkte bezüglich des oder der Täter ergeben sollten. Die Frage, warum eine Reparatur seit nunmehr neun Monaten nicht erfolgte, beantwortet die Stadt wie folgt: “ein Ersatz der Teile ist nicht so einfach möglich, da sie Bestandteil der Kunstwerke (Mahnmal und Brunnen) sind und sämtliche Rechte beachtet werden müssen”. Das mag sein. Aber das beantwortet mehrere andere Fragen nicht.

Warum hat die Stadtverwaltung über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens von sich aus nicht informiert? Warum hat die Stadtverwaltung der Öffentlichkeit nicht mitgeteilt, welche eigenen Ermittlungsmaßnahmen sie durchgeführt hat? Warum war es aus Sicht der Stadtverwaltung nicht erforderlich in einem städtischen Ausschuß über die Rekonstruktion der Beschilderung des Originale-Brunnens und des Mahnmals zu sprechen? Betreffend die Karl-Steiner-Grabplatte geschah dies. Auch über die Stele im Schloßpark wurde ausführlich beraten.

Sowie über die Nachfolge des Eisernen Buches. Mit Vielem mehr wurden die Gremien umfassend befaßt. Passend zum OB-Wahlkmapf initiierte die OBin eine Spendenaktion für eine Kanu-Flachwasserstrecke. Für viele andere Projekte (Salinen, Baumpflanzungen, Brückenhäuser usw) wurde getragen und / oder unterstützt von der Stadt und / oder städtischen Gesellschaften Geld gesammelt. Warum nicht für zwei derart bedeutende Werke wie das Mahnmal und den Originale-Brunnen?

Die Bürger*Innen dieser Stadt haben ein Recht darauf zu erfahren, ob die Stadtverwaltung gemäß der nach aussen proklamierten Erinnerungskultur wirklich alles getan hat, um das Mahnmal heute, am 27.1.2022, wieder vollständig zu präsentieren. Angesichts der unfassbaren Pannenverläufe bei anderen Projekten mit jahrelangen Verzögerungen und exorbitanten Kostensteigerung (Fähre Huttental, Sanierung Casinogebäude, Neubau Fahrradgarage, Beschaffung Schließfächer Fahrradstation Rossstrasse, Entsorgung belastetes Erdreich nach Weltkriegsbombensprengung und und und) erscheint dies eher unwahrscheinlich.