Droht den “Spaziergänger*Innen” heute Abend Ungemach?

Auch für die Profis von der Polizei ist es keine Alltagsarbeit, 800 oder mehr versammelte Menschen zu trennen. Zunächst einmal wird dafür eine erhebliche Anzahl von Einsatzkräften benötigt. Dann ein geeigneter Zugriffsort. Der muss jenen Teilnehmenden, die sich in letzter Minute für ein rechtstaatlich unanfechtbares Verhalten entscheiden, eine sichere Entfernungsmöglichkeit bieten. Und idealerweise den Polizeibeamt*Innen ermöglichen, ohne großen Aufwand und Gefahr (Eigenschutz) Zugriffe durchzuführen. Für den kleinen Teil gewalttätiger Straftäter*Innen müssen zudem ausreichend bewachte Unterbringungsmöglichkeiten organisiert werden.

Im Bereich der Wilhelmstrasse soll ein Zugriff mit minimalen “Kollateralschäden” möglich sein.

Auch die rechtzeitige Information und Einbindung der örtlichen Rettungsdienste und Krankenhäuser gehört – neben vielen anderen Details – zu einer solchen Planung. Ein Ex-Beamter, der in seinem früheren Berufsleben mit derartigen Einsätzen befaßt war, hat die Redaktion dieser Seite gestern auf diese Punkte aufmerksam gemacht. Und hält es für möglich, dass die Polizei heute Abend gegen den Massenspaziergang durch die Bad Kreuznacher Innenstadt vorgeht. Anlaß für diese Einschätzung liefert der Fachperson eine Presseerklärung der Stadtverwaltung. Diese ging auch der Redaktion dieser Seite am vergangenen Freitagnachmittag zu. Aber weil darin nichts Neues steht, wurden wir dazu nicht zu weitergehenden Überlegungen veranlaßt. Das sieht unser Informant ganz anders.

Und verweist in Verbindung mit den seit Tagen in die Höhe springenden Infektionszahlen auf den Schlußsatz der Erklärung vom 14.1.2022: “Die weitere Duldung von Verstößen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen des Staates führten zur weiteren und rasanten Ausbreitung, was das Gesundheitssystem überlaste, aber auch die sicherheitsrelevante Infrastruktur bei Polizei, Feuerwehr und öffentlichen Stellen”, heisst der wörtlich. Mit der Allgemeinverfügung und dieser Feststellung, so unsere Quelle, habe die Stadt Bad Kreuznach neben der einschlägigen Landesverordnung auch eine saubere ortsrechtliche Grundlage geschaffen, um gegen “ungenehmigte und nicht angemeldete Spaziergänge” aktiv vorzugehen.

“Wenn nicht jetzt, wann dann?” fragt der Informant angesichts der vier Wochen in Folge rasant ansteigenden Teilnehmendenzahlen: “um so größer die Versammlungen werden, um so schwieriger ist es diese mit einem Minimum an Gewalt aufzulösen”. Bleibe die Stadt nach ihrer Ankündigung vom letzten Freitag untätig, werde das – “nicht ganz zu unrecht” – als Schwäche wahrgenommen. “Das zieht dann ein ganz anderes Publikum an”. Leute, denen es nicht ums Impfen, sondern um Randale geht. Die Verantwortlichen einer Stadt in der Größenordnung von Bad Kreuznach seien auf derartige Einsatzlagen vorbereitet. “Einfach so verhängen die weder eine solche Allgemeinverfügung.

Noch wird eine derartige Presseerklärung abgegeben. Das sind ganz eindeutige, mit Bedacht geplante Eskalationsstufen”. Auch den Bereich des Zugriffes kann sich unser Informant aufgrund der Berichterstattung über die bisherigen Spaziergänge gut vorstellen: “längs der Wilhelmstrasse zwischen Kirschsteinanlage und Magister-Faust-Gasse”. Dort ziehe sich der Spaziergang wegen des schmalen Gehweges in die Länge. Die Einsatzkräfte hätten viel Platz und einige Möglichkeiten anzurücken. “Die machen am Stadthausknoten und am Bourger Platz die Strassen dicht. Dann gibts kein Problem mit dem Autoverkehr”.

Die Presseerklärung der Stadtverwaltung Bad Kreuznach vom 14.1.2022 im Wortlaut:

Stadtverwaltung reagiert mit Allgemeinverfügung auf nicht angemeldete „Spaziergänge“: Die rasant steigenden Corona-Fallzahlen auch und besonders in Bad Kreuznach, die aktuell über dem Landesdurchschnitt liegen, schränken weiter das gesellschaftliche Leben ein. Die Stadtverwaltung sieht es daher als geboten an, als Versammlungsbehörde in enger Abstimmung mit der Polizei mit einer Allgemeinverfügung auf die nicht angemeldeten Versammlungen, die sogenannten „Spaziergänge“, zu reagieren.

Mit der Allgemeinverfügung, die sich an die Teilnehmer der nicht angemeldeten und somit nicht genehmigten Versammlung richtet, wird noch einmal explizit auf die wichtigen Regelungen für Teilnahmen an öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel hingewiesen. Diese sind das Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske oder einer FFP2-Maske und das Abstandsgebot zu anderen Teilnehmern von 1,5 Metern. Verstöße werden mit Bußgeld geahndet. Das Versammlungsrecht als eines der höchsten Verfassungsgüter soll auch in der aktuellen Krisensituation wahrgenommen werden, allerdings besteht auch ein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit.

„Es sind immer schwierige Abwägungsprozesse, aber hier gilt für die Behörden – gerade wegen der rasanten Ausbreitung der aktuell vorherrschenden Corona-Variante – dieses Grundrecht zu gewährleisten“, sagt Ordnungsdezernent Markus Schlosser. Die weitere Duldung von Verstößen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen des Staates führten zur weitern und rasanten Ausbreitung, was das Gesundheitssystem überlaste, aber auch die sicherheitsrelevante Infrastruktur bei Polizei, Feuerwehr und öffentlichen Stellen.