Bündnis Pflegeaufstand nimmt Stellung zu den Plänen der Ampelkoalition

Pünktlich zum Tag der Kanzlerwahl und Regierungsbildung richteten Pflegefachkräfte, Hebammen und weitere Berufsgruppen aus der Gesundheitsversorgung sowie deren Unterstützer, am 8.12.21 ab 14 Uhr klare Worte an die neue Bundesregierung und den Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Initiiert wurde die Kundgebung vom Bündnis Pflegeaufstand Rheinland-Pfalz mit der Unterstützung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). Die Open Mic-Aktion fand auf dem Augustusplatz statt, gegenüber des Haupteingangs der Universitätsmedizin Mainz und stand ganz unter dem Motto der direkten Ansprache der Ampelkoalition mit ihrem Koalitionsplan, weithin sichtbar durch eine von den Aktivisten gebaute große Ampel.

Nach dem Open Mic-Prinzip konnte und sollte jeder Interessierte das Wort für eine Stellungnahme zu den Plänen der neuen Bundesregierung ergreifen. An das offene Mikrofon traten vor allem Pflegekräfte aus Krankenhäusern und Altenpflegeeinrichtungen, aber auch unterstützende Organisationen und Personen, darunter die Gewerkschaft ver.di, verschiedene Pflegeinitiativen, Parteien und auch Prof. Dr. Gerhard Trabert, 1. Vorsitzender des Vereins Armut und Gesundheit. Auch der Hebammenlandesverband Rheinland-Pfalz erklärte sich erneut solidarisch mit den Pflegenden und mahnte gleichzeitig die defizitäre geburtshilfliche Versorgung und den massiven Hebammenmangel in den Kreißsälen an.

Die Redner waren sich einig, dass die im Koalitionsvertrag angekündigte Einführung des lange und lautstark geforderten Personalbemessungsinstruments PPR 2.0 (Pflegepersonalregelung 2.0) ein erster, erfreulicher und wichtiger Schritt gegen die ständige Überlastung des Pflegepersonals ist. Zu einer erfolgreichen Umsetzung gehörten allerdings auch die kurzfristige und verbindliche Einführung, Nachweisführung und Konsequenzen, wenn Personalvorgaben nicht eingehalten werden. Von ebenso essentieller Bedeutung sei allerdings die schnelle, deutliche und vor allem auch nachhaltige finanzielle Aufwertung der Pflegeberufe. Nach Auffassung der Redner kann nur beides in Kombination den derzeitigen Teufelskreis der Berufsflucht – den sogenannten Pflexit – wirksam stoppen um die pflegerische Versorgung zu sichern.

„Offenbar erkennen die Koalitionäre die Mängel und Schwächen des Systems. Ja, sie kritisieren auch bestimmte Auswüchse. Aber erkennt Lauterbach, erkennen „Gelbe, Grüne und Rote“ die Ursache? Man scheint bereit zu sein, das DRG-System verbessern zu wollen. Von Abschaffen ist aber keine Rede. Wenn wir aber doch gerade diese Bewegungsform als Ursache der Misere erkannt haben, dann kann man doch nicht einfach weitermachen“, so Michael Quetting, Gewerkschaftssekretär und Pflegebeauftragter der Gewerkschaft ver.di Rheinland-Pfalz-Saarland. „Notwendig ist ein Umdenken. Weg von der Ökonomisierung. Gesundheit ist Daseinsvorsorge, ist für die Menschen da, darf nicht nach der Logik des Wettbewerbs, des Marktes oder gar des Profits betrieben werden“, sagt Quetting weiter.

„Wir werden diese Bundesregierung und diesen Bundesgesundheitsminister an ihren Taten messen. Wir freuen uns über jeden kleinen Schritt. Wir erwarten aber auch, dass endlich echte Entlastung und Aufwertung bei uns systemrelevanten Kräften auch ankommt“, so Julia-Christina Stange, eine der Sprecher*innen des Bündnisses Pflegeaufstand Rheinland-Pfalz und formuliert dabei erneut deutlich die Forderungen des Bündnisses: „Wir fordern jetzt die Kehrtwende! Wir fordern eine bedarfsorientierte Personalbemessung und keine Nacht mehr allein im Dienst zu sein. Wir fordern eine bedarfsgerechte Finanzierung der Krankenhäuser und die Abschaffung der DRGs auf Bundesebene! Wir fordern eine solidarische Pflegegarantie!“

Die Veranstaltung war zudem Startschuss für eine „Pflegerallye“, bei der der Staffelstab in Form einer Ampel durch die verschiedenen Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen in ganz Rheinland-Pfalz wandern wird. Jede Übergabe wird einhergehen mit einer Veranstaltung der jeweils abgebenden Einrichtung, bei der die aktuellen politischen Entwicklungen im Bereich Pflege und Gesundheitswesen beleuchtet und bewertet werden sollen. Am heutigen Mittwoch (8. Dezember 2021) wurde der Staffelstab von den Beschäftigten der Universitätsmedizin Mainz an die Beschäftigten der Altenpflegeeinrichtung Pro Seniore in Bad Bergzabern überreicht.

Wer ist das Bündnis?

Aktuell unterstützen 262 unterschiedliche Pflegepersonen das Bündnis Pflegaufstand Rheinland-Pfalz. Diese Pflegenden kommen aus 81 Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. 21 Gruppen bzw. Organisationen haben ihre Solidarität mit dem Bündnis bekundet und unterstützen die Forderungen. Zu den Unterstützern zählen neben der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), verschiedene Pflegeinitiativen, der Hebammenverband, der Sozialverband VdK, demokratische Initiativen und auch Parteien. Neben zahlreichen anderen Aktionen und Redebeiträgen trat das Bündnis erst kürzlich im September dieses Jahres mit einer ca. 800 Personen-starken Pflegedemonstration durch Mainz in Erscheinung.

Quelle: ver.di Landesbezirk Rheinland-Pfalz-Saarland, Fachbereich für Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen