Verwaltungsgericht weist Klage von Wolfgang Heinrich ab

Das war nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung am 8. November absehbar: das Verwaltungsgericht Koblenz hat die Klage Wolfgangs Heinrichs gegen die in der Stadtratssitzung am 24. Juni 2021 erfolgte Wahl von Thomas Blechschmidt zu seinem Nachfolger zurückgewiesen. Sowohl aus formalen Gründen, als auch in der Sache. Wolfgang Heinrich, der bereits nach der Verhandlung am 8. November gelassen auf die Einschätzungen des Verwaltungsgerichtes in der mündlichen Verhandlung reagiert hatte, bleibt dieser Linie auch nach Vorlage der schriftlichen Urteilsbegründung treu.

“Ich werde das jetzt in aller Ruhe mit meinem Rechtsanwalt auswerten und dann entscheiden, wie ich weiter vorgehe”, erklärte Heinrich auf Anfrage der Redaktion dieser Seite. Zu Heinrichs Optionen zählt dabei nicht nur ein Antrag auf Zulassung der Berufung. Vielmehr könnte sich Wolfgang Heinrich auch in die Zuschauerrolle begeben. Und das Ergebnis der Klage abwarten, die zwei Mitglieder des Rates der Stadt gegen Ablauf und Ergebnis der Wahlhandlung am 24. Juni angekündigt haben. Den Stadtratsmitgliedern ist die Heinrich gerichtlich abgesprochene Klagebefugnis nicht nur gesetzlich garantiert.

Sondern auch von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier schriftlich bestätigt worden. Die Monatsfrist, um gegen deren am 6. November 2021 zugestellten Bescheid vorzugehen, endet erst in mehr als zwei Wochen. Daher würden die Mehrheitsfraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP, die zusammen mit der Oberbürgermeisterin den von ihnen gewählten Thomas Blechschmidt gern bereits in der Stadtratssitzung am kommenden Montag (22.11.2021) ins Amt einführen möchten, damit ein erhebliches Risiko eingehen. Denn als Augen- und Ohrenzeugen der städtischen Gremiensitzungen im März, April und Mai 2021 wissen sie ja, dass die vom Verwaltungsgericht im Heinrich-Urteil unterstellte Behandlung der Stellenausschreibung unzutreffend ist.

Und daher jedes einzelne Stadtratsmitglied durch die ohne Stadtratsbeschluß von der Oberbürgermeisterin vorgenommene Verlängerung der Ausschreibungsfrist vom 30. April auf den 31. Mai 2021 in seinen Rechten verletzt ist. Offen ist dann die Rechtsfrage, ob zur Nichtigkeit des gesamten Auswahlprozesses führt. Das sieht Dr. Heike Kaster-Meurer natürlich ganz anders. Während für sie ungünstige Urteile entweder gar nicht oder erst mit erheblicher Verzögerung von der Stadtverwaltung öffentlich kommuniziert werden, gabs es die für die Oberbürgermeisterin frohe Kunde aus Koblenz bereits gestern Nachmittag als Presseerklärung, die wir nachstehend im Wortlaut veröffentlichen:

“Verwaltungsgericht weist Klage gegen Bürgermeisterwahl ab – OB Kaster-Meurer zufrieden: Das Verwaltungsgericht Koblenz hat die Klage gegen die Bürgermeisterwahl abgewiesen. Das Urteil ging Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer heute, 18. November, zu. In der Begründung legt das Gericht dar, dass die Klage sowohl wegen der mangelnden erforderlichen Klagebefugnis des Klägers unzulässig als auch darüber dahinaus unbegründet ist. „Ich bin sehr froh, dass dieses unerfreuliche Kapitel ausgestanden ist. Das Gericht begründet sehr ausführlich, dass wir bei der Ausschreibung der Stelle keine Fehler gemacht haben“, ist Oberbürgermeisterin Kaster-Meurer zufrieden mit dem Urteil aus Koblenz.

Der gewählte Thomas Blechschmidt kann nun alsbald seine Arbeit als neuer Bürgermeister der Stadt Bad Kreuznach aufnehmen. Die zentralen Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts: Die Beschwerdebefugnis gegen die Wahl des kommunalen Beigeordneten ist nach der Gemeindeordnung (§ 53 a, 40 und 43) auf die Ratsmitglieder beschränkt. Einem unterlegenen Wahlbewerber, der nicht zugleich Ratsmitglied ist, kommt nach dem ausdrücklichen Willen des Landesgesetzgebers kein Beschwerderecht zu. Die Verlängerung der Ausschreibungsfrist durch die Oberbürgermeisterin stellt keinen Verfahrensfehler dar. Sie durfte durch die OB vorgenommen werden und war sachlich gerechtfertigt, da bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Bewerbungen eingegangen waren.

Die Gemeindeordnung (§ 53 a) sieht keine ausschließliche Zuständigkeit des Gemeinderats für die Bestimmung der Bewerbungsfrist vor. Die Festlegung der Modalitäten der Ausschreibung und Bewerbung wird vom Gesetzgeber nicht als derart rechtserheblich gehalten, dass eine Beschlussfassung des Gemeinderats erforderlich ist. Der Stadtrat hat zudem lediglich der grundsätzlichen Ausschreibung zugestimmt, die Bewerbungsfrist in der Ausschreibungsvorlage wurde ausdrücklich offengelassen. Schließlich sieht das Gericht die Wahl als nicht rechtswidrig an, selbst dann, wenn die Oberbürgermeisterin für die Verlängerung der Bewerbungsfrist nicht zuständig gewesen wäre. Für die Wahlentscheidung des Stadtrats ist es unerheblich, welches Gemeindeorgan die Ausschreibung veranlasst hat. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden”.

Wie es leider oft ist bei Verlautbarungen der von Dr. Heike Kaster-Meurer geführten Stadtverwaltung, sind in dieser Presserklärung wieder einmal unzutreffende Behauptungen enthalten. Denn entgegen der Aussage der Stadt (“Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden”) hat das Verwaltungsgericht – zum großen Erstaunen von Fachjuristen – eine Berufung nicht zugelassen. Das kann jede Person, die der deutschen Sprache mächtig ist, Blatt 9 des Urteils im Wortlaut entnehmen: “Die Beteiligten können … die Zulassung der Berufung beantragen”. Dafür setzt das Gericht eine hohe Hürde:

“Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 3. die Rechtssache besondere grundsätzliche bedeutung hat, 4. das Urteil von einer Entscheoidung des Oberverwaltungsgerichtes, des Bundesverwaltungsgerichtes, des gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichtes abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 5. ein der Beurteilung des Berufsungsgerichtes unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt auf dem die Entscheidung beruhen kann”. Keinen dieser fünf Punkte würde die Stadtverwaltung als gegeben bestätigen, so dass eben nicht einfach “Berufung eingelegt werden kann”, wie es in der Presseerklärung behauptet wird (weiterer Bericht folgt).