Gericht berät am 8. November: war die Blechschmidt-Wahl rechtmäßig?

Die Oberbürgermeisterin und die Mehrzahl der Fraktionen sind noch heute davon überzeugt: am 24. Juni 2021 hat der Rat der Stadt Thomas Blechschmidt (CDU) zum Bürgermeister gewählt. Sein Amtsantritt soll demnach am 18. November 2021 stattfinden. Um die künftige Zusammenarbeit vorzubereiten, hat Dr. Heike Kaster-Meurer Thomas Blechschmidt sogar schon zu verwaltungsinternen Besprechungen zugeladen. An den öffentlichen Sitzungen der städtischen Gremien nach der Sommerpause, an denen Blechschmidt genau wie jeder andere Bürger als Zuhörer teilnehmen dürfte, ließ sich Blechschmidt allerdings nicht sehen.

Die Oberbürgermeisterin gratulierte am 24. Juni 2021 Thomas Blechschmidt zur Wahl. Das könnte sich als voreilig erweisen.

Obwohl eine solche Teilnahme den Kennenlernprozess erheblich beschleunigen würde. Blechschmidt müßte nach zwei Monaten als Zuhörer nicht erst im Amt die vielen Dutzend ehrenamtlichen Mandatsträger und ihre individuellen Mitarbeitsweise kennenlernen. Warum er auf diese Möglichkeit verzichtet, hat Thomas Blechschmidt von sich aus bisher nicht erklärt. Sicher ist, dass vor seinem Amtsantritt am 18.11. eine große Hürde steht. Fachjuristen haben diese im Gespräch mit der Redaktion dieser Seite als “rechtlich nicht überwindbar” bezeichnet. Ob dies zutrifft, wird das Verwaltungsgericht Koblenz am 8. November 2021 in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung beraten.

Hauptkritikpunkt an der Blechschmidt-Wahl ist: er hatte sich für den Posten erst nach Ablauf der vom Stadtrat gesetzten Bewerbungsfrist beworben. Diese Frist wurde nicht vom Stadtrat, sondern nur vom Hauptausschuss informell um einen Monat verlängert. “Formwidrig” lautet dazu das Urteil der Fachjuristen. Thomas Blechschmidt hätte also am 24. Juni 2021 gar nicht kandidieren dürfen. Und demzufolge konnte er auch nicht gewählt werden. Würde sich das Verwaltungsgericht dieser Rechtsauffassung anschließen, entstünde durch den Formfehler der Oberbürgermeisterin, in diesem Fall gebilligt und unterstützt von einer Stadtratsmehrheit, die dadurch auch politisch für das Desaster mitverantwortlich wäre, eine Hängepartie.

Denn eine Amtseinführung Blechschmidts ohne oder entgegen einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung käme einem offenen Rechtsbruch gleich. “Auch eine demokratische Mehrheit muss sich an die Regeln halten, kann sich diese nicht willkürlich zurechtbiegen”, stellt ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht fest. Wie ernst die Richter in Koblenz die Einhaltung formaler Bestimmungen nehmen, hat die Oberbürgermeisterin erst am 29. Juni 2021 durch den Erfolg Antonio Valentino’s auch mit seinem zweiten Normenkontrollantrag gegen die Tourismusbeitragssatzung erlebt. Dr. Kaster-Meurer hatte in der entscheidenden Sitzung nicht veranlasst, dass in ihrer Sichtweise befangene Stadtratsmitglieder die Beratungstische verlassen.

Die sassen also bei Beratung und Abstimmung mit dabei, obwohl das aus guten Gründen seit Jahrzehnten verboten ist. Die Quittung des Oberverwaltungsgerichtes Rheinland-Pfalz (OVG): bundesweit einmalig wurde die Tourismusbeitragssatzung zum zweiten Mal in Folge für rechtsunwirksam erklärt. Aber auch wenn das Verwaltungsgericht am oder nach dem 8. November 2021 die Blechschmidt-Wahl durchwinken würde, ist eine Amtseinführung noch in diesem Jahr eher unwahrscheinlich.

Denn durch eine solche erstinstanzliche Entscheidung wäre der jetzige Amtsinhaber Wolfgang Heinrich im Rechtssinne beschwert. Und dürfte Berufung einlegen. Innerhalb eines Monts nach der schriftlichen Vorlage des Urteils. Zu diesem Zeitpunkt haben sich die Kommunalpolitiker längst in den Weihnachtsurlaub verabschiedet.