Angemerkt: der Unterschied zwischen gutem Teamklima und Kommunalpolitik

Die Meinung unseres Redakteurs
Claus Jotzo

Könnten die Einwohner*Innen das Team des Planungsamtes so entspannt und harmonisch erleben, wie unser Fotograf am gestrigen Nachmittag: die dort erdachten Ansätze zur Veränderung des innerstädtischen Verkehres würden weniger Vorurteile hervorrufen. Aber der “Parking Day” findet nur ein Mal im Jahr statt. Und im Alltag wird die Stadtpolitik durch andere Persönlichkeiten vertreten, die schon wegen ihrer erkennbaren Widersprüche weitaus weniger glaubwürdig auftreten. Auch wenn das die Mitarbeitenden nicht einsehen: genau darauf kommt es aber an. Wer, wie Bärbel Germann es in ihrem Vortrag so schön erklärt hat, die Verkehrswende als notwendigen Baustein der Klimapolitik benötigt, muss die Menschen zum Mitmachen überzeugen.

Das gelingt einem Fachplaner wie Thomas Fischer, der schon vor 30 Jahren mit dem eigenen Rad aus Weinsheim zur Arbeit ins Stadtbauamt gefahren ist, natürlich eher, als der das E-Bike als Alibi nutzenden Baudezernentin, die auch nach 10 Jahren auf den 90.000-Euro-Benz als Dienstwagen nicht verzichten möchte. Mit Fischer und seinem Mobilitätsverhalten kann sich über Partei- und Berufsgrenzen hinweg ein Großteil der Menschen identifizieren. Und ihm auch die ein oder andere zweiradfreundliche Übertreibung nachsehen. Seiner Chefin werden es einige Dutzend der “oberen Zehntausend” nachmachen. Und sich ein schickes 4.000-Euro-E-Bike neben den SUV stellen. Und das auch ab und zu mal fahren.

Dazu gibts dann einen 500-Euro-Fahrrad-Airbag am Hals. Damit die persönliche Sicherheit auch ohne Proletenhelm garantiert ist und die Frisur beim nächsten Fototermin sitzt. Mit der Lebensrealität der Stadtmenschen, die mit dem Auto zu Arbeit fahren und deren Zweiradalternative bereits die Untätigkeit der langjährigen Gewobau-Aufsichtsratsvorsitzenden im Wege steht, die keine bequemen und sicheren Fahrradabstellplätze an den Wohnungen anbietet, hat das nichts zu tun. Wie in München-Moosach werden die Follower der OBin vielleicht auch grün und rot wählen. Aber auf die SUV’s nicht verzichten.

Die politische Reaktion der kleinen Leute darauf ist ebenso absehbar, wie auf deutliche Benzinpreiserhöhungen. Nicht nur in Thüringen wählen die Menschen am Rand, weil es in der Mitte nicht stimmt. Das bedeutet Stillstand. Wenn es zutrifft, dass die Klimaentwicklung für derartige Verzögerungen und Rückschritte keine Zeit läßt, dann müssen sich jene, die die Mehrheit überzeugen und mitnehmen möchten, dafür geeignetes Führungspersonal suchen. Sonst wird das nichts mit der Klimawende in Bad Kreuznach. In einem Stadtrat ohne Überzeugungen mag man mit dem System der vergangenen zehn Jahre Mehrheiten finden. In der Bevölkerung nicht.