Von Zimmerlin erzwungenes OVG-Urteil ermöglicht Kontrolle der Bosse

So würde Wilhelm Zimmerlin (Fraktion FWG / BüFEP) das eher nicht sagen: “demokratische Kontrolle der Bosse”. Das erfahrene Stadtratsmitglied ist kein Freund allzu lauter und großer Worte. Und doch ermöglicht das von ihm erzwungene Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Rheinland-Pfalz genau das: eine kritische Betrachtung der Spitzenverdiener der Stadt durch die von den Einwohner*Innen gewählten Ratsmitglieder. Insbesondere bezüglich des Punktes, ob deren Gehälter zu den erbrachten Leistungen in einer gesunden und gerechten Relation stehen. Und Kontrolle ist angebracht.

Denn die Versorgung mit Trinkwasser, die Bereitstellung von Sozialwohnungen und der Betrieb der Schwimmbäder und Salinen sind allesamt Aufgaben der Daseinsvorsorge. Die muss die Stadt für alle Einwohner*Innen erbringen. Und hat dies an GmbHs delegiert, die dem öffentlichen und demokratischen Einfluß weitgehend entzogen sind. Dabei läuft in der Sache einiges schief. So hat die Gewobau bei der Erschließung des Baugebietes In den Weingärten erhebliche Probleme mit Nichtzahler*Innen von Erschließungskosten. Und deutet als Alternative zu deren Zahlungsverweigerung an, die Miete der Sozialwohnungen müßte teilweise zur Deckung des Defizits herangezogen werden.

Hat da die Geschäftsführung alles nötige getan, um den Mißstand zu verhindern? Seit vielen Monaten kommt es immer wieder zu schweren Havarien im Trinkwassernetz. Wird hier genügend in die Instandhaltung investiert, um Versorgungsausfälle zu vermeiden? Das Bosenheimer Freibad soll geschlossen werden. Und der Eintrittspreis zum Salinenbad wurde erheblich erhöht. Ist ein Badbesuch für alle noch bezahlbar? Hauptverantwortliche der angesprochen Entwicklungen sind die jeweiligen Geschäftsführer. Verpflichtet sind diese dem Gemeinwohl und dem öffentlichen Vermögen, das die Gesellschaften wie Gewobau, Stadtwerke und GuT darstellen.

Gewählt und mit Verträgen ausgestattet werden sie allerdings von den jeweiligen Aufsichtsräten. Geheim. In Hinterzimmern. Ausser der handvoll Beteiligter weiss keine(r), was da für Absprachen getroffen werden. Die Vergütungen der Geschäftsführer sind immerhin ein kleiner Ansatz, um Licht ins Dunkel zu bringen. Wilhelm Zimmerlin hat deren Bekanntgabe gegenüber den 44 Stadtratsmitglieden verlangt. Nicht gegenüber der Öffentlichkeit. Um Neiddebatten zu vermeiden. Und die Ausübung der Kontrollpflichten des Stadtrates zu ermöglichen.

Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer hat dies kategorisch abgelehnt. Undifferenziert und ohne jede weitere Darlegung hat sie Zimmerlin die Auskünfte mit dem schlichten Hineis auf “Datenschutz” verweigert. Dagegen hat Wilhelm Zimmerlin gerichtliche Hilfe gesucht und gefunden. Und nun muss die OBin seine zielführenden Fragen beantworten. Z.B.:

# Setzen die Vergütungskomponenten die Anreize für das Handeln der Geschäftsführung so, dass sie für die Zweckerreichung der Gesellschaft förderlich sind? Welche erfolgsbezogenen Vergütungskomponenten wären am besten geeignet? Gewinn- oder umsatzbezogen, Umfang des neu geschaffenen sozialen Wohnraums, Höhe der Trinkwasserpreise, Entwicklung der Besucherzahlen bei den Bädern, etc.? In welchem anteiligen Verhältnis sollten die verschiedenen Vergütungskomponenten stehen?

# Niedriges Grundgehalt, dafür hohe Erfolgskomponente oder umgekehrt? Welche Kombination ist sowohl für die Motivation der Geschäftsführung als auch für den Unternehmenszweck dienlich?

# Stehen die Vergütungen der Geschäftsführung städtischer Gesellschaften in einem angemessenen Verhältnis zu den Gehältern von städtischen Mitarbeiter/innen, dieinnerhalb der Verwaltung bzw. in den städtischen Eigenbetrieben in vergleichbar verantwortlicher Leitungsfunktion arbeiten (Abwasserbetrieb, Leitungsfunktionen Fachämter)? Da auch die Geschäftsführer städtischer Gesellschaften Aufgaben der Daseinsvorsorge für die Allgemeinheit wahrnehmen, stellt sich die Frage der Gleichbehandlung nicht nur aus Gerechtigkeitsaspekten heraus, sondern auch wegen der Bewahrung des innerbetrieblichen Friedens (und der Motivation der Mitarbeitenden in Eigenbetrieben und Verwaltungsämtern).

Die aktuelle Presseerklärung des Wilhelm Zimmerlin im Wortlaut:

“Pressemitteilung www.büfep.de, 10.8.2021 zur Vergütung der Geschäftsführer städtischer Unternehmen, Urteil Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz vom 23.7.2021 (Az.: 10 A 10076/21.OVG), Erläuterungen Teil 1: Warum die Klage? Sachverhalt und Hintergründe

Die Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach GmbH (GuT), die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH Bad Kreuznach (GEWOBAU), die Gesellschaft für Beteiligungen und Parken Bad Kreuznach mbH (BGK), die Betriebsgesellschaft für Schwimmbäder und Nebenbetriebe mbH Bad Kreuznach (BAD), die Stadtwerke GmbH Bad Kreuznach (SWK) sind vollständig bzw. mehrheitlich dominierte städtische Unternehmen. Sie sind beauftragt, im Namen der Stadt Aufgaben der Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger wahrzunehmen.

Beispielhaft zu nennen sind die Trinkwasserversorgung, die Bereitstellung von Sozialwohnungen oder der Betrieb der Schwimmbäder und Salinen. Diese Unternehmen sind ein wichtiger Bestandteil der Organisation und Haushaltsführung in der Stadt. Die Geschäftsführer stehen in einer hohen Verantwortung und bekleiden hervorgehobene Führungspositionen. In diesem Kontext ist für den Stadtrat und seine gewählten Mitglieder die Frage der Vergütung der Geschäftsführer eigentlich sehr bedeutsam. Allerdings wird diese Frage in Bad Kreuznach wie ein Staatsgeheimnis behandelt.

Weder die Aufsichtsräte noch der Stadtrat haben hierüber fundierte Kenntnisse. Auf meine Anfrage zur Höhe und Zusammensetzung der Geschäftsführergehälter hat die Oberbürgermeisterin generell jede Auskunft verweigert. Diese Antwortverweigerung war nach meiner Überzeugung pflicht- und rechtswidrig. Daher sah ich mich veranlasst, die Entscheidung, ob das Verhalten der Oberbürgermeisterin mit den gesetzlichen Bestimmungen der Gemeindeordnung in Einklang steht, in die Hände des Verwaltungsgerichts in Koblenz zu legen.

Zur Begründung habe ich im Gerichtsverfahren folgende Kernargumente vorgetragen: Die Kenntnis der Vergütungsregelungen für die Geschäftsführung eines kommunalen Unternehmens ist wichtig, um deren Angemessenheit und Zweckmäßigkeit qualifiziert beurteilen zu können. Auch in kommunalen Unternehmen ist es nicht ungewöhnlich, die Vergütung der Geschäftsführung zum Teil von erfolgsbezogenen Komponenten abhängig zu machen. Für diesen Fall ergeben sich grundsätzliche Fragestellungen, so zum Beispiel:

Setzen die Vergütungskomponenten die Anreize für das Handeln der Geschäftsführung so, dass sie für die Zweckerreichung der Gesellschaft förderlich sind?

Welche erfolgsbezogenen Vergütungskomponenten wären am besten geeignet? Gewinn- oder umsatzbezogen, Umfang des neu geschaffenen sozialen Wohnraums, Höhe der Trinkwasserpreise, Entwicklung der Besucherzahlen bei den Bädern, etc.?

In welchem anteiligen Verhältnis sollten die verschiedenen Vergütungskomponentenstehen? Niedriges Grundgehalt, dafür hohe Erfolgskomponente oder umgekehrt? Welche Kombination ist sowohl für die Motivation der Geschäftsführung als auch für den Unternehmenszweck dienlich?

Stehen die Vergütungen der Geschäftsführung städtischer Gesellschaften in einem angemessenen Verhältnis zu den Gehältern von städtischen Mitarbeiter/innen, die innerhalb der Verwaltung bzw. in den städtischen Eigenbetrieben in vergleichbar verantwortlicher Leitungsfunktion arbeiten? Da auch die Geschäftsführer städtischer Gesellschaften Aufgaben der Daseinsvorsorge für die Allgemeinheit wahrnehmen, stellt sich die Frage der Gleichbehandlung nicht nur aus Gerechtigkeitsaspekten heraus, sondern auch wegen der Bewahrung des innerbetrieblichen Friedens.

Die vorgenannten Fragestellungen zeigen auf, dass einem Stadtratsmitglied der Zugang zu entsprechenden Informationen nicht verwehrt sein darf. Denn dies hätte ansonsten zur Konsequenz, dass es seine Kontrollpflichten und die damit korrespondierenden Initiativrechte nicht angemessen wahrnehmen könnte. Ohne Informationen über die Höhe und anteilige Zusammensetzung der Gesamtvergütung der Geschäftsführung städtischer Gesellschaften kann ein Stadtratsmitglied keine qualifiziert begründeten Verbesserungs- oder Änderungsvorschläge ausarbeiten und zur Beratung in die dafür zuständigen Gremien der Gemeinde einbringen.

Die gerichtlichen Entscheidungen liegen jetzt vor: Das Verwaltungsgericht Koblenz hatte mir mit Urteil vom 14.12.2020 überwiegend Recht gegeben. Auf meine Berufung hat mir das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 23.7.2021 zu hundert Prozent Recht gegeben. Die Oberbürgermeisterin ist verpflichtet, meine Anfrage vollständig und schriftlich zu beantworten. Auch die Oberbürgermeisterin hatte Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt, die jedoch vom Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen wurde. Weitere Erläuterungen zum Urteil folgen, u.a. zu diesen Punkten:

Warum handelt es sich um ein Grundsatzurteil mit bundesweiter Bedeutung?

Geht die Oberbürgermeisterin in Revision zum Bundesverwaltungsgericht?

Was hat das Oberverwaltungsgericht zu den Versuchen der Oberbürgermeisterin und der Leiterin des Rechtsamtes gesagt, mich und meine Arbeit als Stadtrat zu diskreditieren? Gez. Wilhelm Zimmerlin”