Mit Walter Grein ist ein Zeitzeuge der Nazi-Verbrechen gestorben

Gastbeitrag von
Hansjörg Rehbein

„Ich habe in meinem Leben so viel Glück gehabt“, sagte Walter Grein in Gesprächen mit vielen jungen Menschen, denen er von den Verbrechen der Nationalsozialisten erzählte. Gemeinsam mit dem Schüler Johannes Miedema sprach er bei der Veranstaltung der Stadt Bad Kreuznach am 9. November 2016, zum Gedenken der Opfer in der Reichspogromnacht, in der die Nationalsozialisten am 9./10. November 1938 Jagd auf die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger machten und deren Häuser und Synagogen verwüsteten und zerstörten. Dr. Walter Grein ist im Alter von 100 Jahren verstorben.

„Wieder kann ein wichtiger Zeitzeuge des braunen Terrors seine Stimme nicht mehr erheben. Walter Grein hat einen großen Beitrag für die Aufklärung und für das Engagement gegen Rassismus geleistet“, würdigt Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer seine Verdienste. Als 17 Jahre alter Schüler hat er die Reichspogromnacht in seiner Heimatstadt erlebt. „Es war grauenhaft“, erinnerte er sich Jahrzehnte später an die Zerstörungen und die Hetz-Parolen an den Hauswänden „Juda verrecke“. Wegen einer Ruhrerkrankung wurde er im Zweiten Weltkrieg als Soldat von der Front abgezogen und konnte in München Medizin studieren. Dort schloss er sich dem Umfeld der Widerstandsgruppe Weiße Rose um Hans und Sophie Scholl an.

1944 entging er nur knapp einer Anklage wegen Hochverrat, weil er einen von deutschen Flaks abgeschossenen US-Piloten vor der Lynchjustiz rette. Nach Kriegsende wurde er Facharzt für Gynäkologie und Chirurgie, arbeitete in Saudi-Arabien und baute in Togo (Westafrika) eine Hebammenschule eine Gynäkologie-Station auf. 2009 zog er mit Ehefrau Christl Schüßler nach Bad Kreuznach. Walter Grein hat in seinem Leben viel Wertschätzung erfahren, nicht nur von jenen, denen er als Arzt geholfen hat. Sein Lebensmotto war: Nicht die Frage stellen „wie kann ich herrschen?“, sondern „wo kann ich dienen?“