Stadtrechtsamt: Willkür wie in einer Bananenrepublik

Kommentar von
Claus Jotzo

Es ist einer der zentralen Grundsätze jedes demokratischen Staatswesens. Die unmissverständliche Festlegung, dass wesentlich Ungleiches nicht gleich und wesentlich Gleiches nicht ungleich behandelt werden darf. In den Verfassungen zukunftsorientierter Staaten steht diese Festlegung in den unterschiedlichsten Formulierungen sinngemäß überall weit vorn. Denn diese Bestimmung ist der Fels in der Brandung von Willkür und Partikularinteressen. Die Redaktion dieser Seite weist seit Jahren darauf hin, dass dieser relevante Grundsatz von der Bad Kreuznacher Stadtverwaltung immer wieder eklatant verletzt wird.

Gestern übertraf das örtliche Rechtsamt in eilfertiger Dienerschaft privater Interessen alle bisher bekannten Erniedrigungen des Rechtes durch die Stadtverwaltung, die die Einwohnerschaft seit Jahren ertragen muss. Während unzählige Widerspruchsführer*Innen, so alle gegen die Tourismusbeitragsbescheide, seit Wochen oder Monaten auf eine Verhandlung vor dem Stadtrechtsausschuß warten, wurden zwei von heute auf morgen geladen. Bürger dieser Stadt, die sich dagegen wehren, dass ihrem Heim ein Lagerkomplex im wahrsten Sinne des Wortes vorgebaut wurde. Michaela Haag hat die ihr vorher nicht bekannte Bauentwicklung in der Planiger Strasse geradezu überrollt.

Sie legte am 27. Juli 2021, also vor drei Tagen, Widerspruch dagegen ein. Was danach passierte, ist unfassbar. Die selbe Verwaltung, die Bürgeranfragen und -anliegen mit Hinweis auf den Arbeitsanfall, coronakranke oder unter Schreibtischen vermisste Mitarbeitende oft erst nach Wochen oder Monaten bearbeitet, schickte bereits 48 Stunden später, gestern, am 29. Juli 2021, die Ladung zu einer Stadtrechtsausschußsitzung. Die soll am 6. August 2021 um 10 Uhr stattfinden. Derartige Sitzungen müssen öffentlich sein. Weshalb diese nach entsprechendem Druck der Redaktion dieser Seite seit dem vergangenen Jahr auch mehr oder weniger rechtzeitig im amtlichen Terminkalender angekündigt werden, der auf der Stadtseite veröffentlicht wird.

Da stand dieser Termin gestern allerdings noch nicht. Der Hintergrund der Eile ist leicht zu durchschauen. Den in verwaltungs- und baurechtlichen Fragen unbedarften Einwohner*Innen soll so die Möglichkeit für eine sachgerechte Vertretung genommen werden. Wie interessensbezogen und willkürlich die Vorgehensweise des Stadtrechtsamtes ist, wird am Vergleich mit einem anderen prominenten Bauprojekt deutlich. Das Stadtbauamt lehnte vor Monaten den Bauantrag für eine Moschee im auf Bosenheimer Gemarkung gelegenen Gewerbegebiet ab. Die Antragsteller legten vor zwei Monaten Widerspruch ein.

Als Verhandlungstermin avisierte Stadtrechtsdirektorin Heiderose Häußermann “Oktober 2021”. Die von dieser Seite berichtete gesetzliche Vorschrift, dernach zügig zu terminieren und innerhalb von drei Monaten zu entscheiden ist, wird dadurch krass verletzt. Im einen Baufall wird mit achttägiger Frist geladen, im anderen mit 4-Monats-Frist. Deutlicher kann eine Verwaltung nicht machen, dass es ihr rein um privatwirtschaftliche, persönliche oder parteipolitische Interessen und nicht um Gerechtigkeit und Gleichbehandlung aller Einwohner*Innen geht. Es ist eine Schande, dass die großen Stadtratsfraktionen von CDU, SPD und Grünen der Stadtverwaltung dieses Treiben widerspruchslos durchgehen lassen.

Dieser Verrat an den Interessen der Einwohner*Innen wird bekannt werden. Und zu kommunalpolitischen Verwerfungen bisher nicht bekannten Ausmaßes führen, wenn die Menschen verstanden haben, wer ihre Bedürfnisse aus welchen Motiven mißachtet. Ab er es gibt natürlich auch Umstände, die Anlaß zur Hoffnung geben. So hat sich Faire-Liste-Stadtrat Gerhard Merkelbach kurzfristig in die Sache eingeschaltet und wird versuchen der Gerechtigkeit eine Chance zu geben. Und diese Möglichkeit besteht.

Solange die Gerichte vom parteipolitischen Filz noch nicht zersetzt sind, können sich engagierte Bürger*Innen per Urteil noch immer gegen Verwaltungsunrecht durchsetzen. Wie es Antonio Valentino beim Tourismusbeitrag vorgemacht hat. Noch schlägt Intelligenz verwaltungstechnische Kriminalität. Aber wenn die Einwohner*Innen nicht bald aus ihrer bequem-passiven Rolle herausspringen, aktiv werden und Mandatsträger und Mitbürger wie Gerhard Merkelbach, Wilhelm Zimmerlin und Antonio Valentino unterstützen, wird eine friedliche und demokratische Umgestaltung der Verhältnisse immer schwieriger.