OBin zieht Beschlußvorlage zum Tourismusbeitrag zurück

Bewertung von
Claus Jotzo

So groß ist das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten also doch nicht: kleinlaut zog die Oberbürgermeisterin in der Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstag die Beschlußvorlage des eigenen Rechtsamtes zum Tourismusbeitrag zurück. Als Begründung führte Dr. Heike Kaster-Meurer zunächst an, dass Gerhard Merkelbach die Unterlagen erst am Montag per Post erhalten habe. Zu kurz vor der Sitzung. Der Faire-Liste-Stadtrat hatte diesen Formfehler schriftlich bei der OBin gerügt (siehe gesonderter Bericht in der heutigen Ausgabe).

Ob die “Heilung” der Satzung im September im Finanzausschuss noch einmal beraten wird oder ob es erst am 30. September zum finalen Showdown in Sachen Tourismubeitrag kommt, ließ die Oberbürgermeisterin offen. Trotzdem stimmte der Stadtrat der so geänderten Tagesordnung einmütig zu. Tatsächlich hat die Wende in Sachen Beratungsstillstand Dr. Kaster-Meurer einen persönlichen Vorteil verschafft. Eine Stadtrats-Entscheidung erst am 30.9.21 macht ein drittes OVG-Urteil vor der OB-Wahl im März 2022 eher unwahrscheinlich.

Obwohl Antonio Valentino angekündigt hat einen weiteren Versuch der Stadt, den Tourismusbeitrag durchzusetzen, “unverzüglich”, ggf also bereits am Tage der Amtlichen Bekanntmachung mit der Abgabe eines weiteren Normenkontrollantrages beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG) zu vereiteln, sind dann halt nur noch rund vier Monate Zeit, in die auch noch die Weihnachtszeit fällt. Der persönliche Vorteil für die Oberbürgermeisterin wird zum Problem für die Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach GmbH (GuT). Deren Geschäftsführer Dr. Michael Vesper hat es in bis heute vier Jahren und sieben Monaten nicht geschafft, das Beitragserhebungsverfahren 2017 abzuschliessen.

Eine in der Bundesrepublik Deutschland einmalige Fehlleistung, für die sich neben den Betroffenen und der staunenden Öffentlichkeit Landesrechnungshof und Bund der Steuerzahler verschärft interessieren. Für Aussenstehende ist unvorstellbar, wie die örtliche Bevölkerung mit einer am 15. Dezember 2016 beschlossenen Abgabe noch rund fünf Jahre später belästigt wird. Zum Beispiel mit Umsatzanfragen, die noch im Juni 2021 von der GuT verschickt wurden. Und längst sind noch nicht alle Bescheide bei den aus Sicht der Stadt potentiell Beitragspflichtigen angekommen. So wartet u.a. auch Antonio Valentino noch auf einen Bescheid.

In seinem Fall hat die GuT die Hosen so voll, dass auf seinen zweiten Widerspruch hin der Bescheid aufgehoben wurde. Bis heute ersatzlos. Und daran wird sich so schnell nichts ändern. Denn GuT-Geschäftsführer Dr. Vesper stellt klipp und klar fest: ohne Satzung keine weiteren Bescheide. Diesbezüglich wird sich die GuT in der kommenden Woche noch mit einem ganz anderen Problem beschäftigen müssen. Denn jetzt, in den letzten Monaten vor der Verjährung, packt das Team Valentino die der Öffentlichkeit bis heute unbekannten, von Fachpersonen als “absolut einmalig und in diesem Umfang bisher unbekannten” Fehler der GuT konkret an.

Antonio Valentino’s Steuerberater Martin Reiber (Bingen / Rhein) hat die Stadtverwaltung zudem aufgefordert in den von ihm vertretenden Fällen unverzüglich den Stadtrechtsausschuss über die Widersprüche entscheiden zu lassen. Dazu wird es natürlich nicht kommen. Die GuT wird die entsprechenden Bescheide flugs aufheben und die kassierten Euronen zurückzahlen, um die Konfrontation vor dem Stadtrechtsausschuss zu vermeiden. Und der Steuerberater könnte künftig damit werben: “meine Mandanten zahlen keinen Tourismusbeitrag”.