Fassade (ent)täuscht

Die Wilhelmstrasse ist einer der großen Magistralen durch die Stadt. Fast durchgängig vierspurig von der Ochsen- bis zur Wilhelmbrücke. Ebenfalls fast überall: breite Gehwege, die der Strasse einen boulevardähnlichen Charakter verleihen. Dazu kommt: die Wilhelmstrasse führt an zwei der bedeutensten Gebäude der Stadt vorbei: der Kreuzkirche und dem Hauptbahnhof. Sie liegt zudem am Rand der Fussgängerzone. Kurzum. Diese Strasse ist bedeutend. Wie eines der stadtbildprägenden Gebäude dort: das Eckhaus Wilhelm- und Viktoriastrasse. Den alten Bad Kreuznachern als das Holz-Haus bekannt.

Dabei war drinnen wenig mit Holz. Mehr mit Möbeln. Aber auch das ist schon rund acht Jahre nicht mehr. Seit dem versuchen unterschiedliche Projektentwickler neues Leben in das noch nicht so alte Haus zu bringen. Da wurde viel in Papiere zu Nutzungsversprechen und Projektanalysen investiert. Und leider sehr wenig in die Umgestaltung der Fassade. Die zeigt mittlerweile sich beschleunigende Züge des typischen Verfalls in heruntergekommenen Großstadtvierteln. Offenbar gelingt es der Stadtverwaltung nicht, die potentiellen Investoren darüber aufzuklären, dass das Gebäude durch diese Verwahrlosung seinen Ruf verliert.

Selbst nach einer späteren Neugestaltung werden sich die Menschen in der Stadt um so länger an den Verfall erinnern, um so intensiver dieser jetzt erlebt wird. Man könnte das rhetorisch aufblasen. Oder einfach sagen: macht endlich wenigstens die eine längst vergangene Nutzung vortäuschenden (teils defekten) Werbetransparente ab, damit man sich beim Vorbeifahren und -gehen nicht jeden Tag ärgern muss. Es soll schon Mitbürger geben, die fahren in Urlaub, um das Elend durch Ihre perfekt an die individuelle Sehschärfe angepassten und stylischen Brillen nicht mehr sehen zu müssen.