Stadtrechtsdirektorin Häußermann versucht Täuschung des Stadtrates

Bewertung durch unserem Redakteur
Claus Jotzo

Jetzt ist es keine kommunalpolitische Posse mehr. Jetzt wird diese Akte rot. Nirgendwo in Deutschland benötigte eine Kommune in den 76 Jahren nach dem II. Weltkrieg mehr als vier Jahre und sieben Monate, um den Tourismusbeitrag für ein einziges Beitragsjahr (noch immer nicht vollständig) einzuziehen. Nirgendwo in Deutschland hat es bei einer kommunalen Abgabe mehr Pleiten, Pech und Pannen gegeben. Mag das touristische Angebot in Bad Kreuznach auch überdurchschnittlich sein.

Der Umgang mit der entsprechenden Abgabe ist absolut einzigartig. Im negativen Sinne. Alleine schon deshalb, weil die diesbezügliche Satzung zwei Mal in Folge vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG) für unwirksam erklärt wurde. Gestern hat das Rechtsamt der Stadtverwaltung den bisher schon vielschichtigen Vorgang noch um eine strafrechtlich relevante Dimension ergänzt. Mit der von Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer persönlich unterschriebenen Beschlußvorlage Drucksachennummer 21/235 und dem Erstellungsdatum 8.7.2021.

Als Berichterstatterin ist darin Stadtrechtsdirektorin Heiderose Häußermann angegeben. Diese nutzt ihre Vertrauensstellung schamlos aus, um den Rat der Stadt unvollständig und falsch zu informieren. Heiderose Häußermann unternimmt einen Täuschungsversuch. Wohlwissend, dass die grosse Mehrheit der Stadtratsmitglieder mehrseitige komplexe Gerichtsurteile natürlich nicht liest (oder nicht versteht), sondern – was vollkommen legitim ist – sich auf die Zusammenfassung und Erläuterung der Stadtverwaltung verläßt, verfälscht sie die differenzierte Darlegung des OVG mit folgender Angabe:

“Im Übrigen verweist das Oberverwaltungsgericht auf seine Ausführungen im Urteil vom 19.12.2018, wonach die Regelungen der Beitragspflicht in § 2, des Beitragsmaßstabs in § 3 und die Bestimmung des Beitragssatzes in § 4 der Satzung unter Zugrundelegung einer belastbaren Kalkulation mit höherrangigem Recht vereinbar ist. An diesen Ausführungen hält der Senat weiterhin fest”. Diese Darstellung ist in unzulässiger Weise verkürzend und irreführend. Richtig ist vielmehr, dass der erkennende Senat im Urteil vom 29. Juni 2021 zwei höchst relevante, in die Gegenrichtung weisende Aussagen getroffen hat:

“Ferner steht dem Antrag die Rechtskraft des Urteils des Senates vom 19. Dezember 2018 (6 C 10041/18.OVG) nicht im Wege. Soweit die Antragsgegnerin (= die Stadt) geltend macht, die frühere Satzung … sei bereits einer inhaltlichen Prüfung unterzogen und lediglich hinsichtlich eines Vorteilssatzes beanstandet worden, den man mit der nunmehr streitgegenständlichen Satzung geändert habe, dringt sie hiermit NICHT durch. Das Urteil des Senates ist im Ergebnis ausschließlich auf die als willkürlich erkannte Festlegung … gestützt.

Die übrigen Ausführungen des Senates zum Beitragsmaßstab im Übrigen, zur Beitragspflicht und zur Bestimmung des Beitragssatzes waren hingegen für das Urteil NICHT entscheidungserheblich, so dass diese auch für den Umfang der Rechtskraft ohne Bedeutung sind …)”. Und weiter: “ob darüber hinaus bei der Aufstellung der streitgegenständlichen Tourismusbeitragssatzung noch weitere formell- oder materiell-rechtliche Vorschriften verletzt worden sind, bedarf mangels Entscheidungserheblichkeit keiner näheren Prüfung. Insofern war auch den in der mündlichen Verhandlung bedingt gestellten Beweisanträgen des Antragstellers nicht nachzugehen”.

Ich finde, diese Aussagen sind eindeutig. Von einem Gericht in deutscher Sprache verständlich formuliert. Die Bedeutung ist klar: wird in einem dritten Verfahren ein bisher nicht angeführter Verstoss der Satzung gegen Bundes- oder Europarecht angeführt, der stichhaltig ist, fliegt diese weg wie ein trockenes Blatt im Herbststurm. Weiterhin bedeutet dies: die bisher nicht gerügten und nicht geprüften Fehler bei der Erstbeschlußfassung am 15.12.2016 und die in der Satzung weiterhin enthaltenen gravierenden Kalkulationsfehler sind aufgrund des dritten Normenkontrollantrages zu prüfen.

Und durch eine weitere Unwirksamkeitserklärung zu rügen. Eines hat sich allerdings im Laufe der Jahre geändert. Die ohnehin unverschämt langen fünf Jahre Zeit, die eine Kommune hat, um einen Jahresbeitrag einzuziehen, sind am 31. Dezember 2021 um. Und damit das ganze Verfahren perdü. Dann kann nichts mehr “geheilt” oder über vier Jahre rückwirkend beschlossen werden. Ginge es nicht um das Geld von rund 2.000 Bürger*Innen und Unternehmen, das beim Tourismusbeitrag verbrannt wird, könnte man die Dreistigkeit, mit Heiderose Häußermann versucht den Stadtrat in die juristische Irre zu führen, fast schon bewundern unter dem Motto “mit denen kann frau es halt machen”.

Aber aus Respekt vor der Arbeitsleistung der Menschen, die hinter diesen 100.000en von Euro steht, die allein ohne jeden Gegenwert im Erhebungsverfahren verplempert wurden, bleibt nur eine Feststellung: die dümmliche Ignoranz, mit der sich die Stadtverwaltung über zwei OVG-Urteile und ihre jeweilige Vorgeschichte und Begründung hinwegsetzt, wird nur noch übertroffen von der beim operativen Versagen erkennbar werdenden Inkompetenz. Öffentlichkeit und Stadtratsmitglieder sollten sich fragen, warum nahezu alle wesentlichen Informationen zum Tourismusbeitrag in der Beschlußvorlage nicht enthalten sind.

Warum steht dort nicht wieviele potentiell Beitragspflichtige ermittelt wurden, wieviel davon seit Ende 2017 verstorben sind oder (soweit es Firmen betrifft) liquidiert wurden, wieviele Beitragsbescheide verschickt wurden, wie sich die Differenz erklärt, wieso noch im Juni 2021 Umsatzanfragen für 2017 verschickt wurden, wieso nach fast fünf Jahren noch immer nicht alle Bescheide erlassen sind, wie hoch die Gesamtsumme der bisher berechneten Beitragsbescheide ist usw? Eine entsprechende Anfrage der Redaktion dieser Seite an die Stadtverwaltung ist wenig überraschend bisher unbeantwortet.

Fazit: da ich selbst dem Rat der Stadt fünf Jahre angehört habe und davor 15 Jahre verschiedenen Ausschüssen und Gremien, möchte ich die Kolleg*Innen nicht in ein offenes juristisches und politisches Messer laufen lassen. Ob ein neuer Satzungsbeschluß einstimmig fällt. Oder mit 20 zu 19 Stimmen. Ob er nächste Woche getroffen wird oder am 16. Dezember. Auch er wird die (dann dritte) Normenkontrolle durch das OVG nicht überleben. Das Team Valentino hat bisher nur angedeutet, welche Verfahrens- und Rechtsfehler vorliegen.

Mehr war (leider) gar nicht nötig, um gegen die Stadt zu gewinnen. Wenn der Stadtrat jetzt angesichts von zwei OVG-Urteilen und der fatalen Tatsache, dass es die GuT einfach nicht kann, das Kapitel Tourismubeitrag 2017 endgültig schliesst, schafft das eine Basis für einen gemeinsamen Neuanfang. Wer jetzt aus ideologischen oder persönlichen Motiven stur bleibt, wird spätestens 2024 die Konsequenzen zu tragen haben.

Lesen Sie zum Thema auch auf dieser Seite:

09.07.21 – “GuT muss hunderttausende Euro zurückzahlen”
09.07.21 – “OVG beerdigt den Tourismusbeitrag”
08.07.21 – “Antonio Valentino gewinnt erneut: OVG hebt Tourismusbeitragssatzung auf”

Vorfreude auf rechtliche Auseinandersetzungen
Von Herausgeber
Antonio Valentino

Die Stadtrechtsdirektorin ist inkompetent. Wer sich bei Entscheidungen im Stadtrat auf Angaben von Heiderose Häußermann zum Tourismusbeitragsrecht stützt, darf sich über gerichtliche Niederlagen nicht wundern. Wir freuen uns auf eine juristische Auseinandersetzung über die Bewertung unseres Redakteurs Claus Jotzo (“Stadtrechtsdirektorin Heiderose Häußermann versucht Täuschung des Stadtrates”).

Wir fordern die Stadtverwaltung und Heiderose Häußermann geradezu dazu auf. Dann wird endlich auch vor hiesigen Gerichten klar, wer von bestimmten Rechtsfragen Ahnung hat – und wer nur gut dafür bezahlt wird, so zu tun als ob. Und wir freuen uns auf die nächste Fehlentscheidung des Stadtrates bezogen auf den Tourismusbeitrag selbst. Denn natürlich wird es in Folge eines weiteren Satzungsbeschlusses einen dritten Normenkontrollantrag geben.

Das Urteil dazu wird möglicherweise noch vor der nächsten OB-Wahl fallen. Und wird dann vielen Bürgerinnen und Bürgern bei ihrer Wahlentscheidung helfen. Ich hoffe sehr, dass meine Squadra Azzurra am Sonntag nicht so ein kapitales Eigentor schießt, wie Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer mit ihrer Unterschrift unter das Stadtdokument 21/235.

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