“Über drei Millionen Euro Gewinn in den Weingärten”

Gastbeitrag von
Wilhelm Zimmerlin

Der Geschäftsführer der GEWOBAU versuchte nicht zum ersten Mal, mich als Zeugen vorzuführen, um seine Fehlleistungen zu relativieren. In der Allgemeinen Zeitung vom 15.6.2021 ließ er sich zitieren, dass
ich ja schließlich im Oktober 2015 laut Sitzungsprotokoll an einer Aufsichtsratssitzung teilgenommen hätte, in der zum gesamten Themenkomplex Klartext gesprochen worden sei. Damit glaubt er irrtümlich, meine Frage, ob er die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns eingehalten hat, als „abwegig“ hinstellen zu können.

Wilhelm Zimmerlin

Richtig ist, dass ich am 28.5.2015 als gewählter und ehrenamtlicher Aufsichtsrat an einer Aufsichtsratssitzung der GEWOBAU teilgenommen habe. In dieser Sitzung wurde der Entwurf des Erschließungsvertrags in seinen Grundzügen vorgestellt. Der Aufsichtsrat hat dann zum einen zugestimmt, dass die GEWOBAU diesen Vertrag mit der Stadt
eingeht. Zum anderen wurde in der Beschlussformel explizit festgehalten, dass die GEWOBAU mit den Fremdanliegern
Kostenübernahmevereinbarungen abschließt. Weder in der Beschlussvorlage noch im Protokoll der Sitzung sind Hinweise des Geschäftsführers auf irgendwelche Risiken dokumentiert

Auch in den folgenden Sitzungen des Aufsichtsrats, an denen ich regelmäßig bis zuletzt am 23.4.2018 teilgenommen habe, hat der Geschäftsführer kein einziges Mal über Probleme mit Kostenübernahmevereinbarungen berichtet, obwohl die Erschließungsarbeiten am 27.06.2017 mit einem öffentlichen Spatenstich bereits begonnen hatten. Im
Gegenteil: der Geschäftsführer verkündete am 14.9.2016 im Aufsichtsrat, dass die GEWOBAU in den Weingärten voraussichtlich einen Gewinn von über drei Millionen Euro erzielen wird.

Jetzt stellte sich heraus, dass sich der Geschäftsführer seit dem Abschluss des Erschließungsvertrags am 29.7.2015 über vier Jahre lang nicht um den Abschluss der Kostenübernahmevereinbarungen gekümmert hat. Erstmals am 07.10.2019 hat er die Fremdanlieger angeschrieben und darum gebeten, dass sie die Kostenübernahmevereinbarung quasi blind unterschreiben sollen. Einige der Fremdanlieger verlangten jedoch zurecht kaufmännisch
ordnungsgemäße Abrechnungen beziehungsweise belastbare Kostenkalkulationen. Diese hat die GEWOBAU aber bis heute nicht vorgelegt, wie aus der Beschlussvorlage an den Stadtrat am 20.5.2021 hervorgeht.

In seiner Not hat der Geschäftsführer eine Beleidigungskampagne gegen die Fremdanlieger, die eigentlich Vertragspartner der GEWOBAU werden sollten, auf Facebook gestartet. Am 11.6.2021 fand sich dort unter
GEWOBAU GmbH Bad Kreuznach folgender Eintrag, hier gekürzt wiedergegeben: „KLARTEXT! Die FAKTEN aus den Kreuznacher WEINGÄRTEN. Eine gute Leistung hat immer ihren Preis. Das ist nur fair und eigentlich gar nicht so schwer zu verstehen. Bauernschlaue glauben, eine Lücke nutzen zu können, um gerechtfertigte Kosten für bereits erbrachte gute Leistungen auf die Schultern der GEWOBAU-Mieter abwälzen zu können. Das ist ganz und gar nicht
fair.“

In dieser kruden Art geht der Blog des Geschäftsführers weiter. Dabei übersieht er, dass es in seiner ureigenen kaufmännischen Verantwortung lag, so rechtzeitig und sorgfältig zu handeln, dass die finanziellen Risiken für die städtische GEWOBAU und ihre Mieter weitestgehend vermieden würden. Inzwischen fragen sich manche, ob der Geschäftsführer an den Gewinnen beteiligt ist und er deshalb so angesäuert reagiert, weil die Fremdanlieger seine Gewinnerwartungen schmälern könnten.

Dazu würde das jüngste Schreiben der GEWOBAU vom 30.3.2021 an die Fremdanlieger passen. Darin setzt er ihnen die Pistole auf die Brust und droht unter kurzer Fristsetzung für die Unterzeichnung der Kostenübernahmevereinbarung an, dass „wir die Erschließung Ihres Grundstücks, soweit sie bereits erfolgt ist, rückgängig machen werden.“ Wie sich in der Sondersitzung des Stadtrats am 15.6.2021 erwiesen hat, handelt es sich dabei aber lediglich um eine leere Drohung des Geschäftsführers. Die Aufarbeitung der gesamten Vorgänge und Abläufe ist geboten.

Wilhelm Zimmerlin ist der Vorsitzende des Bündnisses für soziale Energiepreise und gerechte Politik e.V. (BüFEP) und arbeitet ehrenamtlich als Mitglied des Rates der Stadt Bad Kreuznach