Stadtrats-Sondersitzung zur Galgenberg-Erschließung am 15. Juni

Seit dem der Landesrechnungshof 2017 Mißwirtschaft und Schlamperei in bis dato unbekannter Größenordnung aufgedeckt hat, sind die beiden aneinander gebunden, wie einst Pat und Patachon: Gewobau-Geschäftsführer Karl-Heinz Seeger und Dr. Heike Kaster-Meurer. Als langjährige Aufsichtsratsvorsitzende und Vertreterin der Stadt in der Gesellschafterversammlung war die Oberbürgermeisterin in viele Aktivitäten des Geschäftsführers eingeweiht. Oder soll man sagen verstrickt?

In der Abwehr der rechtlichen Kritik an der Verwaltungs- und Wirtschaftsführung bei der überwiegend in städtischem Besitz befindlichen Gesellschaft entstand eine Schickalsgemeinschaft. Diese bewährt sich nun auch im zweiten grossen Skandal in kurzer Zeit, an dem die Gewobau beteiligt ist: der Erschliessung weiterer Bauflächen auf dem Galgenberg (diese Seite berichtete). Dort wurden Millionenausgaben beauftragt, obwohl rund zehn Fremdanlieger den Abschluss von Kostenerstattungsvereinbarungen verweigerten.

Der Sachverhalt ist spätestens seit dem vergangenen Jahr intern bekannt und aktenkundig. Während Geschäftsführer Seeger schon Ende 2020 auf eine Lösung drängte, versäumte die Oberbürgermeisterin über viele Monate die Information der städtischen Gremien. In der Stadtratssitzung am 20. Mai versuchte Dr. Kaster-Meurer dann ohne Vorberatung in einem Ausschuss nichtöffentlich einen Blankoscheck für ihre risikoreiche Handlungsweise zu bekommen. Mehr aus Desinteresse und Erschöpfung als aus Erkenntnis über die unzähligen Fallen und Fußangeln im Vorschlag der Oberbürgermeisterin, lehnte der Stadtrat die Behandlung des Themas ab.

Durch den Beschluss zur Verweigerung der Durchführungen des nichtöffentlichen Teils. Noch in der Sitzung deutete Dr. Kaster-Meurer an, sich wegen angeblicher Eilbedürftigkeit etwas einfallen zu lassen. Gestern war es dann soweit. Schriftlich kündigte die Oberbürgermeisterin den anderen 44 Stadtratsmitgliedern eine Sondersitzung für den 15. Juni an. Um dieses nach monatelanger Untätigkeit ungewöhnliche Vorgehen zu rechtfertigen, legte Dr. Kaster-Meurer ein Schreiben des Gewobau-Geschäftsführers Seeger vom 28. Mai 2021 vor. Darin stellt dieser fest:

“Bei ungehindertem Fortgang der Angelegenheit droht, dass die Erschließung beendet und der Erschließungsvertrag mit der Stadt damit erfüllt ist. In der Folge kämen weder ein Rücktritt vom Vertrag durch die Gewobau noch eine Vetragsmodifizierung mehr in Betracht. Bevor dieser Zustand eintritt ist daher aus Sicht der Geschäftsführung eine unverzügliche Entscheidung geboten”. Weil es sich um eine wesentliche Änderung an einem bereits beschlossenen Bauprogramm handele, bedürfe die Geschäftsführung gemäß § 12 der Gewobau-Satzung der Zustimmung des Aufsichtsrates zur Vornahme einer Rechtshandlung diesbezüglich, so Seeger weiter.

Auf dieser Basis richtet der Geschäftsführer an Dr. Kaster-Meurer das “Verlangen” den Aufsichtsrat unverzüglich einzuberufen. Warum er ein inhaltsähnliches Schreiben nicht bereits im Dezember 2020 oder im Januar 2021 abschickte, teilt Seeger nicht mit. Der OBin liefert der Gewobau-Geschäftsführer mit seinem Schreiben einen Vorwand die Mitglieder des Stadtrates einmal mehr unter Druck zu setzen, um eine nicht vollkommen nach allen Seiten abgeklopfte Entscheidung zu treffen u.a. mit dem Ziel, den Aufsichtsrat (dessen Vorsitzende sie war) von jeder – auch finanzieller – Mitverantwortung freizustellen.

Wie fehlerhaft bei der Gewobau noch immer gearbeitet wird, macht ein kurzer Vergleich der Angaben auf dem Briefbogen des Geschäftsführers mit denen auf der Internetseite der Gesellschaft deutlich. Auf dem Briefbogen wird Dr. Kaster-Meurer – zutreffend – als “Vertreterin des Hauptgesellschafters” präsentiert. Im Internet – wahrheitswidrig – als “Vorsitzende des Aufsichtsrates”.

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25.05.21 – “Meinung: Sieben”
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