FDP entdeckt neue Menschenart: den gewöhnlichen Impfdrängler

Als eine von mehreren Parteien, die vor der Landtagswahl öffentlichkeitswirksam ein Impfzentrum für Bad Kreuznach forderten (die dafür aber an der Wahlurne nicht belohnt wurde), meldet sich jetzt zum Thema Impfen erneut die FDP zu Wort. In einer gemeinsamen Presseerklärung fragen der FDP-Stadtverband und die liberale Kreistagsfraktion: “ist der Ehrliche der Dumme?” Diesmal wünscht die FDP kein zweites Impfzentrum in der Stadt. Sondern gleich mehrere sogenannte „Pop Up Impfzentren“. Die soll der Kreis zusammen mit den Hausärzten “in der gesamten Breite des Landkreises erörtern”.

Hier die Presseerklärung von Emanuel Letz (Vorsitzender des FDP Stadtverband, seinem Stellvertreter Christoph Anheuser und dem Vorsitzenden der FDP-Fraktion im Kreistag, Thomas Bursian, im Wortlaut: “Das Engagement aller Beteiligten im Impfzentrum wird zu recht positiv gesehen. Alle geben ihr Bestes und bemühen sich um einen reibungslosen Ablauf. Dennoch ist das Thema Impfen und die gerechte Verteilung eines knappen Gutes emotional aufgeladen. Aus vielen persönlichen Gesprächen haben Mitglieder der FDP in den vergangenen Tagen und Wochen von einer zum Teil massiven Ungleichbehandlung bei der Durchführung von Impfungen erfahren.

Während viele tatsächlich gefährdete Menschen aus der Prioritätsgruppe 2 noch auf ihren lebensrettenden Piks warten und nicht mal die Aussicht auf einen konkreten Termin haben, wurden andere bereits geimpft, obwohl sie zu einer niedrigeren Prioritätsstufe gehören. Bekannt ist, dass u.a. Lehrer von weiterführenden Schulen innerhalb der Priorisierungsgruppe 3 vorgezogen werden sollten. Dies ist gut und wichtig, sichern die Lehrer doch die so wichtige Bildung unserer Kinder. Im Ergebnis führt dies aber auch dazu, dass diese sogar vor den schon lange registrierten verbleibenden Personen aus der Gruppe 2 geimpft wurden.

Die aktuelle Diskussion um „Freiheiten für Geimpfte“ hat den „Run“ auf die Impfung nochmals angeheizt. Jetzt wollen nicht nur Risikogruppen dringend den Piks, sondern alle, die im Sommer ohne Test im Biergarten sitzen wollen. Die Frage ist auch, wie genau die die tatsächliche Einstufung der Priorisierungsgruppe geprüft werden kann. Es gibt beim Homo sapiens offensichtlich eine Mutation: den gewöhnlichen Impfdrängler. So wurden nach unserer Kenntnis Menschen geimpft, die bei der Registrierung falsch behaupteten, zur Gruppe 2 zu gehören. Jeder Geimpfte bringt uns der Freiheit ein Stück näher.

Doch jeder, der sich „vordrängelt“, schiebt andere Menschen in unserem Landkreis, die die Impfung dringend bräuchten, ein Stück zurück. Auch ist die Situation der Impfungen bei den Hausärzten inzwischen vollends unüberschaubar. Viele Ärzte können sich vor Anfragen kaum retten und verbringen viel zu viel Zeit damit, Wartelisten zu organisieren. Hier werden die Ärzte mit dieser Mammutaufgabe allein gelassen. Andere bleiben auf den Dosen von AstraZeneca sitzen, da durch ungeschickte Informationspolitik des Berliner Ministeriums teilweise die Akzeptanz fehlt.

Impfwillige müsste aber im Kreis doch genug geben, warum ist hier nicht eine kreative Lösung möglich? Wer will kann kommen, bevor der lebensrettende Stoff entsorgt werden muss? Viele Bürger haben zudem auch gar keinen Hausarzt. Was ist mit denen? Gerade im ländlichen Raum ist das ein lang bekanntes Problem. Diese sind auf das Impfzentrum in Bad Sobernheim angewiesen. Die Kapazität des Impfzentrums ist begrenzt. Zudem erhält das Impfzentrum jede Woche nur gut 4.000 Dosen. Bei diesem Tempo sind wir im Herbst noch nicht durch.

Daher schlägt die FDP vor, das Impfen zu beschleunigen und zu entbürokratisieren. Hierzu sollte der Kreis zusammen mit den Hausärzten die Möglichkeit von zusätzlichen „Pop Up Impfzentren“ in der gesamten Breite des Landkreises erörtern. Hier könnten sich Menschen, zunächst aus den Prioritätsgruppen, unkompliziert melden und – etwa am Wochenende – heimatnah ihren Piks abholen. Gesundheitsminister und Dauerversprecher Jens Spahn sagte, dass im Juli jeder, der will, geimpft sein könne. Die Impfpriorisierung soll schon nächsten Monat fallen.

Dies ist für Menschen aus den Priorisierungsgruppen, die seit Wochen und Monaten auf ihren Termin warten, ein Hohn. Hier müssen Kreis, Land und Bund endlich Fakten schaffen und den Menschen eine kurzfristige, sichere Perspektive auf ihren Impftermin geben. Die FDP Fraktion im Kreistag wird für den kommenden Kreisausschuss am 17.5. hier nachhaken”.