Will wirklich nur einer Bürgermeister werden?

Mirko Kohl hat andere Pläne. Andreas Ebisch und sein Vornamensvetter Steeg haben zwar Interesse, aber noch keine schriftliche Bewerbung vorgelegt. Auch aus dem Rest der Republik hat das Personalamt der Stadt neun Tage vor Ablauf der gesetzten Frist nichts bekommen. Und so war gestern der Amtsinhaber der einzige, der seine bereits mündlich unmißverständlich erklärte Bereitschaft auch schriftlich bekräftigt hat. Auf Anfrage dieser Seite hat er es bestätigt: Wolfgang Heinrich hat seinen Worten Taten folgen lassen. Woran kein Zweifel bestand.

Natürlich haben alle anderen noch einige Tage Zeit. Aber was sagt es über diese Bewerber*Innen aus, wenn sie erst auf den letzten Drücker Farbe bekennen? Der wahrheitsgemäße Hinweis in der Ausschreibung auf den sich erneut bewerbenden Amtsinhaber hat zumindest ausserhalb der Stadt wohl eher abschreckend gewirkt. Ohnehin wird eine örtliche Lösung angestrebt. Die Taktikfüchse von CDU, SPD und Grünen im Stadtrat brauchen einfach mehr Zeit, um eine im Stadtrat mehrheitlich tragfähige Lösung auszumauscheln. Da ist Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer gern behilflich.

Bewerbungsfrist soll verlängert werden

Und hat am Montagabend dem Hauptausschuß vorgeschlagen, die am Monatsende auslaufende Bewerbungsfrist auf den 31. Mai zu verlängern. Das ist zwar keine Garantie dafür, dass es zu einer Einigung kommt. Und schon gar keine für eine gute Lösung. Aber der Zeitraum zwischen dem spätesten Wahltermin im Juli und der Bekanntgabe der Bewerber*Innen ist damit schon mal um 31 Tage verkürzt. Längst spielt die Frage der Qualifikation bei den Verhandlungen hinter den Kulissen keine Rolle mehr. Nach aussen wird zwar mühsam versucht diese Fassade aufrecht zu erhalten.

Hauptziel der SPD: Heinrich loswerden

Aber es gibt ja nicht einmal ein konkretes, differenziertes inhaltliches Anforderungsprofil für die Alternative zu Wolfgang Heinrich. Die SPD erschöpft sich darin, den Exgenossen los werden zu wollen. Mit eigenen Forderungen hält sie sich bisher zurück. Aus gutem Grund. Denn kurz nach der Besetzung des Bürgermeisterpostens steht die Wahl der OB-Stelle an. Würde die SPD beim Bürgermeister-Roulette erfolgreich sein, hätten damit die anderen Parteien ein zusätzliches Argument, um Dr. Heike Kaster-Meurer abzulösen. Denn warum sollte eine 24%-Partei beide städtischen Spitzenämter besetzen?

CDU ohne Bewerber*in für das Oberbürgermeisteramt

Leider aus unerfreulichen Gründen spielt diese Fragestellung für die 28%-CDU keine Rolle. Die kann ihren Anspruch auf den Bürgermeisterposten locker rechtfertigen, ohne sich für die Zukunft etwas zu verbauen. Denn eine aussichtsreiche Kandidatin oder einen Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeister haben die Christdemokraten nicht in ihren Reihen. Und die Überlegung aus dem Kreis der Bürgermeister-Bewerber*Innen einen OB-Kandidaten herauszufiltern, hat sich mangels Bewerber*Innen auf diese Stelle zerschlagen.

Andrea Manz will in den Stadtvorstand

Da die OB-Wahl in nicht einmal elf Monaten stattgefunden haben muss, läuft der CDU zudem die Zeit davon. Eigentlich ist es schon jetzt ausgeschlossen, eine ortsfremde Person in der verbleibenden Zeit bei der Wahlbevölkerung bekannt zu machen. Da ist die Ausgangslage der Grünen eigentlich besser. Mit Andrea Manz haben sie eine Kandidatin, die in den Stadtvorstand will. Und sich auch nicht zu fein dafür ist für ein politisches Mandat öffentlich zu kandidieren (siehe Landtagswahl), statt wie die CDU-Herren ihre Anstrengungen auf Hinterzimmer und Videokonferenzen zu reduzieren.

Rot-grüne Absprache für OB- und Bürgermeisterwahl?

Die Frage ist jetzt: welcher Posten im Stadtvorstand könnte von Manz besetzt werden? Bei der OB-Wahl dürfte sie kaum mehr Stimmen bekommen, als die Amtsinhaberin. Wenn es einen dritten Kandidaten gibt. Der aber ist absehbar. Denn es käme einem kommunalpolitischen Offenbarungseid gleich, wenn die CDU personell gar nichts anbieten würde. Im Gegenzug für die Manz-Wahl zur Bürgermeisterin könnte die SPD den Verzicht auf einen grünen OB-Kandidaten aushandeln. Eine Konstellation, die einerseits voraussetzt, dass sich Linke und PBK zu willfährigen Unterstützern des rot-grünen Postengeschachers machen.

Erschreckend niedrige Wahlbeteiligung

Und damit ihren politischen Gegnern Munition für den Kommunawahlkampf 2024 liefern. Und andererseits die SPD dem Risiko aussetzt 2022 mit leeren Händen da zu stehen. Denn mögen sich die Sozialdemokraten auch an ihrem Landtagswahlergebnis in der Stadt berauschen. Das tatsächlich wichtigste Ergebnis vom 14. März 2021 hat keine der angetretenen Parteien auch nur annährend angemessen thematisiert. Die beängstigend geringe Wahlbeteiligung. 46% der Wahlberechtigten wurden von keiner der 13 Parteien und sieben Direktkandidaten begeistert.

Überraschung bei der OB-Wahl möglich

Was auf eine riesige Unsicherheit oder sogar Unzufriedenheit hindeutet. Auf die auch die SPD keine die Menschen befriedigende Antwort gegeben hat. Treten bei der OB-Wahl unerwartet Akteure auf, die den Nerv der Einwohner*Innen treffen, ist auch ein Ergebnis möglich, an das die Stadtratsparteien nicht einmal in Albträumen denken. Ob die Sozialdemokraten das erkennen? Sehr wahrscheinlich nicht.

SPD-Logik: wer die Raute kann, kann auch Kanzler

Die glauben ja auch, dass Olaf Scholz trotz seines Versagens als Bundesfinanzminister (Stichworte: Milliardenschäden jeweils durch Umsatzsteuerkaruselle, Cum-Ex-Geschäfte und Wirecard, um nur drei Skandale zu nennen) Bundeskanzler werden kann, nur weil er die Hand-Raute erfolgreich eingeübt hat. Und wundern sich, dass die SPD bei Umfragen noch immer bei 16% rumdümpelt.