Dr. Vesper zieht Bewerbung als SPD-Bundestagskandidat zurück

Nicht nur bei der CDU geht es intern rund. Machtspiele und Grabenkämpfe finden auch bei der SPD statt. Vor Jahren war der aktuelle SPD-Bundestagsabgeordnete Joe Weingarten Opfer einer solchen sozialdemokratischen Intrige. Nachdem er gegen Julia Klöckner den Kampf ums Direktmandat verloren hatte, zeigte er innerparteilich klare Kante. Weder wollte Weingarten widerspruchslos hinnehmen, dass parteiinterne Förderung nur noch weiblichen Mitgliedern zugute kommt. Noch schreckte er beim Thema Migration vor Aussagen zurück, die der Parteilinie widersprachen.

Kreis-SPD distanzierte sich von Joe Weingarten

Die SPD im Kreis distanzierte sich in der Folge in beispielloser Deutlichkeit von Joe Weingarten. Und wurde dann Ende 2019 von der politischen Realität eingeholt: Weingarten rückte auf der SPD-Landesliste für Andrea Nahles in den Bundestag nach. Die innerparteiliche Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Der SPD-Stadtverband, geführt von Günter Meurer, präsentierte in 2020 einen eigenen Kandidaten als Bewerber für das Bundestags-Direktmandat im Wahlkreis Bad Kreuznach – Birkenfeld: Dr. Michael Vesper. Derzeit bezahlt als Geschäftführer der städtischen GuT GmbH.

Vesper-Kandidatur ein “Bauernopfer”?

Schon damals war in politischen Kreisen von einem “Bauernopfer” die Rede. “Der Michael wird verheizt, um den Joe zu disziplinieren”, erklärte seinerzeit ein erfahrener Genosse, der zwischenzeitlich aus dem SPD-Stadtverband in eine andere Parteigliederung gewechselt ist, der Redaktion dieser Seite. Eine Beschreibung, die sich aufdrängte. Zwar war Dr. Vesper schon seine ganze berufliche Karriere lang “in der Wolle rot gefärbt”. Und viele Beobachter sind sich sicher, dass er den Geschäftsführerposten bei der GuT ohne SPD-Parteibuch nicht erhalten hätte.

Bewerbung verwunderte

Aber weder fiel er in den Vorjahren durch parteipolitische Propaganda auf. Noch als Volksredner. Dr. Verspers Auftritte bei GuT-Veranstaltungen und Festen vermittelten nie den Eindruck, dass öffentliche Auftritte ihm Spaß machen. Insofern verwunderte seine Bewerbung um ein Mandat, das sowohl im Wahlkampf als auch bei der Ausübung genau das Gegenteil erfordert. So überraschend diese Episode begann, so plötzlich endete sie nun auch wieder am Montag dieser Woche. Da tagte abends der SPD-Kreisparteivorstand unter Leitung von Dr. Denis Alt, um die Delegiertenversammlung vorzubereiten.

Ein Rückzug – viele Gewinner

In der wird am kommenden Montag in Idar-Oberstein der SPD-Direktkandidat gekürt. Rechtzeitig vor der Sitzung teilte Dr. Michael Vesper seinem Kreisvorsitzenden und auch dem SPD-Stadtverbandsvorsitzenden Günter Meurer mit, dass er seine Kandidatur nicht aufrecht erhält. Eine für alle SPD-internen Seiten günstige Handlungsweise. In erster Linie natürlich für den candidatus interruptus selbst. Denn wäre Dr. Vesper erwartungsgemäß an Dr. Joe Weingarten gescheitert, hätte sich das auf seine Wahrnehmung in Bad Kreuznach negativ ausgewirkt.

Voll ins Schwarze getroffen

Hätte ihn die SPD-Delegiertenversammlung aufgestellt, was in CDU-Kreisen einige hofften, wäre er im Wahlkampf wegen seiner Defizite bei der GuT-Arbeit zerlegt worden. Die SPD profitierte intern von der Dr. Vesper – Kandidatur, weil Joe Weingarten so Grenzen aufgezeigt werden konnten. Der war dann ja auch in den letzten eineinhalb Jahren sehr auf Harmonie bedacht. Und die Kreis-SPD kann gegenüber der Landes-SPD, bei der Weingarten noch immer im Salz liegt, ihre Hände in Unschuld waschen – und auf den kurzfristigen Vesper-Rückzug verweisen, der ihr den Aufbau einer Kandidatenalternative zu Weingarten unmöglich gemacht hat. Ein Rückzug – viele Gewinner. Da hat Dr. Michael Vesper ja mal voll ins Schwarze getroffen.

Die Rückzugs-Erklärung des Dr. Michael Vesper im Wortlaut:

“Wie schon mitgeteilt werde ich mich bei der Wahlkreiskonferenz nicht zur Wahl stellen. Als ich meine Bewerbung im vergangenen Jahr ins Auge fasste, ging ich davon aus, dass sich im Laufe der Monate Gelegenheit ergeben würde, mich als Bewerber bei den Parteigliederungen im gesamten Wahlgebiet bekannt zu machen. Die eingeschränkten Möglichkeiten angesichts der Kontaktbeschränkungen haben dies leider nur unzulänglich erlaubt.

Zudem wird offensichtlich auch der dann folgende Wahlkampf selbst im Zeichen der Einschränkungen der Pandemie stehen. Das ist wohl der falsche Zeitpunkt für einen viele Genoss*innen und vor allem auch Wähler*innen noch vielerorts unbekannten Bewerber. Ich wünsche Euch einen guten Verlauf der Wahlkreiskonferenz und einen guten Start in den Wahlkampf und natürlich einen erfolgreichen Verlauf.”