Der Schwachsinn der Stadtpolitik dokumentiert in 2 Bildern

Corona ist ein Segen. Nicht nur für Steuerberater. Die machen seit der Coronahilfe I, II und III, die nur über Profis kostenpflichtig beantragt werden kann, das Geschäft ihres Lebens. Auch für viele Kommunalpolitiker ist die Seuche höchst willkommen. Denn mit ihr läßt sich alles erklären und entschuldigen. Dramatisch eingeschränkte Leistungen für Bürger*Innen. Reduzierte Öffnungszeiten trotz wachsendem Personalbestand im öffentlichen Dienst. Und der finanzielle Offenbarungseid bei der örtlichen Finanzpolitik.

Eingezäunt die ehrlichen Dummen: sie zahlen fürs Parken.

Es ist jetzt rund elf Jahre her, da war die Biermarke Corona ausserhalb von Trend-Lokalen unbekannt. Von durch die Luft übertragbaren Retroviren wurde damals nur in Wissenschaftler-Zirkeln und Hollywood-Blockbustern gesprochen. Und Bad Kreuznach war auch 2010 hoch verschuldet. Über Jahre fanden es die Stadträte passend, Millionenbeträge mehr auszugeben, als an Einnahmen reinkamen. Bis die Aufsichtsbehörde den Wahnsinn stoppte. Bürgermeister und Kämmerer Wolfgang Heinrich wurde damals ausdrücklich als Sanierer und Sparer geholt.

Vor dem Zaun die Freiparker auf dem Stadtgrundstück (dort standen Jahrzehnte die Baracken des Stadtrechtsamtes)

Doch schon bald nach der Kommunalwahl 2014 wollten sich die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker nicht mehr als Sparmäuse sehen. Und zogen die Spendierhosen an. Sieben Millionen für die Sanierung des Casinogebäudes hier, 3,6 Millionen für die Mobilitätsstation dort. Zwischendrin noch ein paar Millionen für ein neues Stadtarchiv. Und jedes Jahr zusätzliches Personal. Folge: trotz Gewerbesteuereinnahmen in vorher nie gekannter Höhe von bis zu 37 Millionen Euro jährlich wurde die vom Gesetz geforderte doppelte schwarze Null nur in einem einzigen Jahr erreicht. Und dies auch nur durch Hilfe des Finanzamtes.

BGK forderte 1,5 Millionen zusätzliches Stammkapital

Der Etat für 2020 hätte endlich ein Sparhaushalt werden müssen. Sparen wollte die Mehrzahl der 2019 gewählten Kommunalpolitiker aber so ungern, dass die für November 2019 angesetzten Beratungen erst auf Anfang 2020 und dann ins Frühjahr verschoben wurden. Beschlossen wurde der Etat für 2020 schließlich Ende Juni letzten Jahres – so spät wie nie zuvor. Und trotzdem bildete das Finanzpapier die Wahrheit über den Bankrott der Stadt nicht ab. Die kam dann ab Ende 2020 scheibchenweise ans Licht. So forderte die städtische Gesellschaft für Beteiligungen und Parken Bad Kreuznach mbH (BGK) 1,5 Millionen Euro frisches Geld an.

Derzeit zahlen Kommunen für Schulden kaum Zinsen

Ohne eine entsprechende Kapitalerhöhung drohte die Insolvenz. Um die Bedeutung dieses Dramas zu verstehen, muss man wissen: die BGK ist nicht irgendwer. Ihr gehören rund 50% der Stadtwerke GmbH. Und die BGK bewirtschaftet die kommunalen Parkplätze und -häuser. Am 18. März 2021 dann der Beschluß im Stadtrat: die BGK bekommt die 1,5 Millionen Euro von der Stadt. Da die das Geld nicht hat, muss der Betrag kreditfinanziert werden. Wie unverantwortlich das ist, wird heute nur deshalb nicht augenfällig, weil Kommunen für Schulden kaum Zinsen zahlen müssen.

Zum Schaden der BGK werden Falschparker geschont

Derzeit. Sollte sich das wann auch immer ändern, ist Bad Kreuznach so gut wie pleite. Und in dieser Situation passiert folgendes: zum Schaden der BGK werden Falschparker geschont. Überall in der Innenstadt (die Wohngebiete nehmen wir hier bewußt aus) wird auf Rad- und Gehwegen und im Park- und Halteverbot rechtswidrig geparkt. Kontrolliert wird das kaum. Beweis: die tagtäglich auf verbotenem Grund und Boden abgestellten Autos. Denn auch der größte Schwachmat wird sich nicht täglich etwa in der Viktoriastrasse auf den Fußgängerweg gegenüber des Imbiß Gümüs stellen, wenn er dort je 20 Euro zahlen müßte.

Stadt schafft zusätzlichen kostenlosen Parkraum

Würde kontrolliert, könnte die Stadt kurzfristig erhebliche Mehreinnahmen erzielen. Und die Verkehrssicherheit für die Schwächsten (Fußgänger- und Radfahrer*Innen) spürbar verbessern. Weil ein großer Teil der Falschparker für viel weniger Geld als die Bußgelder ausmachen natürlich auf gebührenpflichtige Parkierungseinrichtungen ausweichen würde, hätte die BGK höhere Einnahmen. Was macht die Stadt? Das genaue Gegenteil. Sie schafft zusätzlichen kostenlosen Parkraum auf einem Stadtgrundstück. In der Hochstrasse sogar als direkte Konkurrenz zu einem gebührenpflichtigen BGK-Parkplatz.

8 zahlen – 6 parken kostenfrei

Die Folge war u.a. gestern am Nachmittag zu bestaunen: acht ehrliche “Idioten” stehen mit Ticket auf dem BGK-Parkplatz, sechs “Schlauberger” kostenfrei auf dem Stadtgrundstück direkt daneben. Wenn derartige Possenspiele den Einwohner*Innen dieser Stadt bekannt werden, die unter der Abgabenlast und unter Corona tatsächlich leiden, sind aggressive Reaktionen vorprogrammiert. Und was macht die Mehrzahl der (von deutlich mehr als der Hälfte der Einwohner*Innen NICHT gewählten) Stadtratsmitglieder? Das, was viele am besten können: nichts.