Aufgespiesst: Taubenhaus als Alternativnutzung für die Fahrradgarage

Was ist der Unterschied zwischen dem Taubenhaus (in der Bastgasse) und der Fahrradgarage (am Bahnhof)? Im Taubenhaus geht es von morgens bis abends rund. In der Fahrradgarage ist tote Hose. Also was Fahrräder betrifft. Gestern stand dort an über 180 Stellplätzen genau eines. Rund um den Bahnhof waren 32. Das ist jetzt schon seit dem Tag der Eröffnung so. Mithin seit über vier Monaten.

Die Mehrzahl der Kommunalpolitiker kümmert das nicht. Für die einen ist die 3,6-Millionen-Euro-Steuergeld-Investition ein Zeichen für die richtige Richtung in Sachen Verkehrswende. Verbunden mit der Hoffnung, dass sich die Nutzung irgendwann ergibt. Und die anderen trauen sich nicht Kritik zu üben. Sondern fordern “das Beste aus der Situation zu machen”. Die Begründung für deren Verhalten liegt auf der Hand.

Sie haben ohne kritische Nachfragen das Projekt durchgewunken, weil es so bequem ist alles einfach abzunicken. Bei gleicher Aufwandsentschädigung sind die Sitzungen dann kürzer, weniger Stress. Und, das ist leider vollkommen richtig, die Einwohner*Innen interessiert es nicht, was in ihrem Namen mit ihrem Geld gemacht wird. In den Sozialen Medien regt sich ab und an rhetorischer Widerstand.

Aber zu den öffentlichen Sitzungen der städtischen Gremien kommt kaum mal eine Person. An Kommunalwahlen nimmt nicht einmal jede zweite Wahlberechtigte teil. Die SG Eintracht hatte bei ihren Heimspielen vor Corona mehr ZuschauerInnen, als fünf der elf im Stadtrat vertretenden politischen Gruppierungen jeweils WählerInnen. So ist es kein Wunder, dass die Initiative für die Umnutzung der Fahrradgarage nicht von Kommunalpolitikern oder aus der Bevölkerung kommt.

Sondern aus der örtlichen Tierwelt. Gestern waren es zwei Tauben, immerhin doppelt so viele wie Fahrräder, die es sich in dem exklusiven Gebäude gut gehen ließen. Ein Nest ist bereits gebaut. Die neuen Nutzer machen das, was sie besser können, als alle anderen: das schicke neue Gebäude wird innen rücksichtslos zugeschissen. Eine Instandbesetzung der biologischen Art. So kann Bad Kreuznach natürlich auch auf sich aufmerksam machen: mit dem teuersten Taubenhaus weltweit.