Heute vor 50 Jahren: Einweihung der Gedenktafel für die zerstörte Synagoge

Gastbeitrag von
Hansjörg Rehbein

Heute vor 50 Jahren wurde die erste Gedenkstätte für die jüdischen Opfer desNationalsozialismus in Bad Kreuznach errichtet. “Die Einweihung der Gedenktafel für die ehemaligen Synagoge war am 27. März 1971”, verweist Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer auf dieses besondere Datum. “Seither haben wir in unserer Stadt die Erinnerungskultur gepflegt und weiter entwickelt.” Bei den Gedenktagen am 27. Januar und 9. November wirken Schülerinnen und Schüler mit. Mittlerweile gibt es sieben Gedenkstätten, die an die Opfer und die Verbrechen der Nationalsozialisten erinnern.

Am 9. November 1978 wurde die Gedenktafel vom ehemaligen Oberbürgermeister Peter Fink nochmals enthüllt, nachdem der Eigentümer den Mauerrest der Synagoge drei Jahre zuvor abgerissen hatte und eine neuer Platz für die Gedenktafel gefunden werden musste. Archivfoto Matthias Luhn / Stadtarchiv Bad Kreuznach.

Das erste das Mahnmal für alle Opfer des Faschismus wurde auf Antrag von Hugo Salzman (KPD) 1952 auf dem Hauptfriedhof geschaffen. Es folgten die Gedenktafel in der Fährgasse, das Mahnmal in der Kirschsteinanlage, der Gedenkstein am ehemaligen Kolpinghaus in der Kurhausstraße, die Namenstele auf der Alten Nahebrücke und die ersten Stolpersteine für die Familie Baruch und Auguste Oppenheimer. In diesem Jahr werden weitere folgen. In einem Beitrag “uns allen eine Mahnung zur Wachsamkeit” (November 1996) schildert die damalige Stadtarchivarin Andrea Fink die Entwicklung der Gedenkstätte:

“Erst 1969, rund ein Vierteljahrhundert nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, trat die Aktionsgemeinschaft für Demokratie mit dem Vorschlag an die Stadt heran, den Platz an der ehemaligen Synagoge mit einer Gedenktafel zu versehen”. In der Reichspogromnacht vom 9./10. November 1938 hatte der Nazi-Mob das Innere der Synagoge blindwütig zerschlagen. Die Synagoge ging nur einem Monat später in den Besitz der NSDAP über und diente während des Zweiten Weltkrieges als Unterbringung für russische Kriegsgefangene. Später wurde das Gebäude von Gebrüdern Thress erworben, Betreiber der benachbarten Mühle, und als Mehllager genutzt.

Obwohl das Gebäude als Bauwerk von geschichtlicher bzw. künstlerischer Bedeutung geschützt war, wurde es ohne Vorankündigung und behördlicher Absprache 1950 bis auf einen Mauerrest abgerissen. Der Eigentümer ließ auch diese Mauer 1975 abreißen und übergab die Gedenktafel der Stadt. Auf Vorschlag von Kurt Vittinghoff, Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft für Demokratie”, wurde 1978 die Gedenktafel an einen naturgebrochenen roten Sandstein angebracht und am 9. November nochmals offiziell eingeweiht. Im September 2008 wurde die Tafel mit dem fehlerhaften Hinweis “durch Brandlegung zerstört” ausgetauscht und hat nun folgenden Text:

“Die 1737 errichtete Synagoge der jüdischen Kultusgemeinde Bad Kreuznach wurde am 10. November 1938 in den frühen Morgenstunden verwüstet und zerstört. Die Tafel wurde angebracht zum Gedenken an unsere jüdischen Mitbürger, die in den Jahren des Dritten Reiches vertrieben oder umgebracht wurden.” Die Gedenkstätte steht auf einem städtischen Grundstück, das mit dem Eigentümer des angrenzenden Geländes getauscht wurde. Das Nachbargrundstück dient seither als Parkplatz und sorgte in der Vergangenheit immer wieder für Kritik und Diskussionen. Die Situation entspannte sich durch die Schaffung der Gedenkstätte in der nur wenige Meter entfernt liegenden Kirschsteinanlage, die zum 50. Jahrestag der Reichspogromnacht am 9. November 1988 eingeweiht wurde.

“Die Geschichte um die Gedenktafel zeigt auch, wie schwer man sich noch bis Ende der 70er-Jahren mit der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit unseres Landes tat. Unser Bemühen muss es weiterhin sein, dass die Gedächtnisarbeit weit mehr als eine offizielle Pflichtübung ist. Angesichts der wachsenden Bedrohung unserer Demokratie muss ihr Ziel sein, die jungen Menschen für ein Engagement gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu motivieren”, so die Oberbürgermeisterin. Das ist auch ein zentrales Anliegen der AG “Erinnerungskultur”.