Wird der Stadtrat-Sitzungssaal gestürmt?

In Bosenheim und Planig braut sich etwas zusammen. Die Verärgerung über die Umgangsweise der kommunalen Gremien und der Stadtverwaltung mit dem Schwimmbad Ost eskaliert. Stadtratsmitglied Werner Lorenz (FDP), der wie die beiden Ortsvorsteher Dr. Volker Hertel und Dirk Gaul-Roßkopf auf “100% friedlichen Widerstand gegen die Schließungspläne” setzt, hatte sich bei der Oberbürgermeisterin für eine Lautsprecher-Übertragung der kommenden Stadtratssitzung auf den Rolf-Ebbeke-Platz vor dem Kurhaus ausgesprochen.

Nachdem die BAD GmbH den Weiterbetrieb bereits abgesagt hat, sollen am 11. März Anträge von FDP und SPD behandelt werden, die auf den dauerhaften Weiterbetrieb (FDP) bzw ein Öffnen in diesem Sommer (SPD) abzielen. Da die OBin unter Coronabedingungen nur maximal zwei Dutzend Zuhörer*Innen im Großen Kursaal erlauben will, über 100 Betroffene aber schon jetzt ihr Kommen angekündigt haben, verstand Werner Lorenz seinen Lautsprecher-Vorschlag als Kompromiss zur Güte. Doch Dr. Kaster-Meurer schaltete einmal mehr auf stur.

Und lehnte den pragmatischen und kostengünstigen Lösungvorschlag ab. “Sie will das nicht”, bestätigte Lorenz auf Anfrage der Redaktion dieser Seite. Ohne jede Häme und negative Kommentierung gab Werner Lorenz diese Absage vor Ort weiter. Samt einem Aufruf an die Oberbürgermeisterin, es sich doch bitte noch einmal anders zu überlegen. Diese Informationen verbreiteten sich in den östlichen Stadtteilen am gestrigen Nachmittag explosionsartig. Und lösten offene Aggressionen aus.

Am späten Nachmittag setzte dann ein bisher nicht kommunalpolitisch tätiger Bürger über seinen privaten Facebook-Account eine Aufforderung zu einer Zusammenkunft ab. Noch gestern Abend fand das erste “Aktionstreffen” statt. Konspirativ. Weil die aktuelle Coronaschutzverordnung derartige Versammlungen verbietet. Am späten Mittwochabend gegen 23:30 Uhr wurde dazu folgendes Ergebnis bekannt. Die Gruppe wird der Oberbürgermeisterin durch eine Vertrauensperson einen Brief schreiben und darin eine Teilnahmemöglichkeit für mindestens 20 Personen im Kurhaus und eine Lautsprecherdurchsage verlangen.

“Lehnt die Frau das ab, stellt sich die Stadt damit ganz klar gegen uns. Wir wenden selbstverständlich keine Gewalt an. Aber wir lassen uns die Teilnahme an einer solchen Sitzung nicht verbieten”. Was den FFFlern (Fridays for Future) Anfang letzten Jahres recht gewesen sei, müsse für die Schwimmbadfreunde heute billig sein. Auf intensives Nachfragen dann die klare Ansage: “das Kurhaus ist ein Riesengebäude. Es gibt viele Wege in den Saal”.

Die Bosenheimer Widerständler berufen sich bei ihrer geplanten Aktion auf Erfahrungen vom Anfang der 90ziger Jahre. Damals plante der Landkreis eine Mülldeponie östlich der Ortslage an der Grenze zu Pfaffen-Schwabenheim. Eine massive Mobilisierung verhinderte das Projekt schließlich. Die Stadtratsmitglieder dürfen sich also auf protesterprobte und entschlossene Mitbürger*Innen freuen.