Eine Ausschreibung als Farce

Bewertung von
Claus Jotzo

Eigentlich handelt es sich um eine mit Steuermitteln finanzierte Verarschung: die geplante bundesweite Ausschreibung der städtischen Bürgermeisterstelle. Der Hauptausschuss hatte diese am Montag vergangener Woche beschlossen. Zwar wird in den Anzeigentext immerhin die Information aufgenommen, dass der Amtsinhaber sich erneut bewirbt. Aber der Hinweis darauf, dass es auch nach dem Verzicht des Beigeordneten Markus Schlosser weitere stark an dem Posten interessierte Persönlichkeiten vor Ort gibt, fehlt.

Instrument des Stadtmarketings

Immerhin war Dr. Silke Dierks (CDU) in der Videokonferenz vor acht Tagen so ehrlich daran zu erinnern, dass die Stadt überregionale Stellenausschreibungen als ein Instrument des Stadtmarketings versteht. Und auch Manfred Rapp (CDU) und Karl-Heinz Delaveaux (FWG / BüFEP) trafen mit ihren Hinweisen bezüglich der Aufgaben des Bürgermeisters den Punkt. Gesucht wird als Bürgermeister ein Kämmerer bzw eine Kämmerin. Gewählt wird die oder der für acht Jahre.

Benötigt: Baufachperson, gesucht wird: Finanzfachperson

Aber spätestens in 13 Monaten muss die Stelle der Oberbürgermeisterin neu besetzt werden. Und allein der jeweilige Inhaber des OB-Postens darf vorschlagen, was wer im Stadtvorstand machen soll. Die derzeitige Stelleninhaberin mag nicht zugeben, dass sie als Baudezernentin ein Totalausfall ist und gibt diesen Posten nicht ab. Es wird also jetzt die Stelle einer Finanzfachperson ausgeschrieben. Obwohl die Stadt im Stadtvorstand eigentlich endlich eine Baufachperson benötigt. Und vollkommen offen ist, wie sich der Stadtvorstand in 16 Monaten zusammensetzt.

Wie könnte eine ehrliche Ausschreibung lauten?

“Die Stadt Bad Kreuznach schreibt die Stelle des Bürgermeisters aus. Der 44köpfige Stadtrat hat das mit großer Mehrheit beschlossen. Obwohl eigentlich nur die CDU (12 Sitze) ein – überschaubares – Interesse an Fremdbewerbungen hat. Und dies auch mehr hinsichtlich der Kandidatengewinnung für die OB-Wahl als hinsichtlich der Bürgermeisterwahl. Die SPD als mit aktuell 9 Sitzen zweitgrößte Fraktion sieht in ihren Reihen mindestens eine geeignete Bewerberin.

Bei der drittstärksten Fraktion, das sind mit acht Sitzen die Grünen, trauen sich mindestens zwei der weiblichen Mitglieder die Aufgabe zu. Aber um eine mittelfristige Koalitionsvereinbarung mit Linken und SPD auf die Beine zu stellen, verzichten diese Bewerber*Innen. Die kleinen Fraktionen FDP / Faire Liste / Freie Wähler, FWG / BüFEP und AfD mit zusammen 12 Sitzen wissen um die Aussichtslosigkeit eines eigenen Personalvorschlages. Sie haben sich daher sachgerecht gefragt: gibt es vor Ort eine Persönlichkeit, die es zweifelsfrei besser machen würde, als der derzeitige Amtsinhaber.

Und haben eine Antwort auf diese Frage nicht gefunden. Sie sind daher grundsätzlich bereit Amtsinhaber Wolfgang Heinrich wiederzuwählen. Wie einige in den großen Fraktionen auch, die sich derzeit nicht trauen, das zu sagen. Ein relevantes Argument der Wiederwahl-Befürworter gegen eine Fremdbesetzung: selbst der oder die beste Neue benötigt eine Einarbeitungszeit von nicht unter einem Jahr, um die örtlichen Verhältnisse, Gegebenheiten und Persönlichkeiten kennenzulernen und Bad Kreuznach tatkräftig helfen zu können.

Praktisch alle relevanten Entscheidungen (Konzern Stadtwerke mit steuerlichem Querverbund, Zukunft der Bäderlandschaft, Jugendamt, Ost-West-Trasse samt Ochsenbrücke und Löwensteg uvm) müssen aber deutlich vor dem November 2022 fallen. Wenn Sie unter diesen Voraussetzungen trotzdem eine Vorstellungsfahrt ins schöne Naheland machen möchten: herzlich Willkommen.