Widerstand gegen die Stadtratssitzung als Videokonferenz wächst

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Claus Jotzo

Für Gerhard Merkelbach (Faire Liste) ist das eine ganz klare Sache: solange die gängigen Coronaschutzregeln sicheren Schutz vor einer Infektion bieten, gibt es für den Planiger Fitnessunternehmer keinen Grund auf Präsenzsitzungen zu verzichten. Daher hat er der Oberbürgermeisterin auf deren Anfrage mitgeteilt: “nein, ich bin nicht einverstanden die Stadtratssitzung am 14.01.2021 online abzuhalten”. Auch Wilhelm Zimmerlin (Fraktion FWG / BüFEP) hat seinen Widerspruch bereits schriftlich erklärt. Das erfahrene Stadtratsmitglied geht noch weiter.

Karl-Heinz Delaveaux durch technische Panne ausgeschlossen

Er bittet um Übermittlung des Abstimmungsergebnisses der informellen Runde der Fraktionsvorsitzenden mit der Oberbürgermeisterin vom vergangenen Mittwochabend “in einer belastbaren Form, sodass ich das Ergebnis nachvollziehen kann”. Wohl wissend, dass die Beschlußfassung in dieser Runde als solche rechtlich ohne jede Bedeutung ist, da diese Gruppe von Mandatsträgern zu Beschlüssen nicht legitimiert ist. Dazu kommt, dass Zimmerlins Fraktionsvorsitzender Karl-Heinz Delaveaux wegen einer technischen Störung sein Votum gar nicht abgeben konnte.

Abstimmungsergebnis nachvollziehbar bzw. überprüfbar?

Zimmerlin, der erst im Dezember einen wichtigen juristischen Erfolg gegen Dr. Kaster-Meurer verbuchte, bereitet schon die nächste juristische Schlappe der Oberbürgermeisterin vor. Bezogen auf die Stadtratssitzung fragt Zimmerlin: “ich bitte um Mitteilung, wie die Abstimmungen ggf. ablaufen werden und wie sichergestellt ist, dass das Abstimmungsergebnis für mich als Stadtrat nachvollziehbar bzw. überprüfbar ist”. Wilhelm Zimmerlin möchte auch wissen, “auf welche Weise die Öffentlichkeit bei Videositzungen sichergestellt ist”.

Wilhelm Zimmerlin denkt an die Öffentlichkeit

Immerhin mindestens ein Stadtratsmitglied denkt auch an die Bürger*Innen. Diese lästige “Öffentlichkeit”, die Einwohner*Innen der Stadt, in deren Namen das ja alles geschieht. Und deren Einbindung der Verwaltung bis heute null konkrete Informationsmaßnahme wert ist. Auch der Vorsitzende der AfD-Stadtratsfraktion Thomas Wolff verwahrt sich dagegen, als Videokonferenz-Befürworter bezeichnet zu werden. Mit einer Anfrage (gesonderter Bericht folgt) verlangt Wolff Aufklärung über die Coronadaten, “um letztendlich eine individuelle Risikoabwägung vorzunehmen”.

“Weitgehender Eingriff in die kommunalpolitische Diskussionskultur”

Und dann hat sich erfreulicher Weise auch Lothar Bastian zu Wort gemeldet. Das Bad Kreuznacher Urgestein der Grünen läßt seine langjährige Erfahrung auch mit schwierigen und komplexen Situationen in seine persönliche Erklärung einfliessen. Er könne zwar verstehen, dass “einzelne KollegInnen sehr vorsichtig sein wollen, was eine Infektionsgefährdung betrifft; eine komplette Absage von Präsenz-Sitzungen erscheint mir persönlich jedoch als ein extrem weitgehender Eingriff in die kommunalpolitische Diskussionskultur”.

Lothar Bastians Dank an Wolfgang Heinrich und Thomas May

In diesem Tenor bedankt sich Lothar Bastian folgerichtig und konsequent schriftlich bei Bürgermeister Wolfgang Heinrich und Kämmereiamtsleiter Thomas May für die Durchführung der heutigen Sitzung des Finanzausschusses in Präsenz. Und dafür, dass diese “einen sehr gut geeigneten Raum gefunden haben, der das Infektionsrisiko deutlich geringer hält als der Raum in der Telekom”. Es sei ja jedem Rats- und/oder Ausschussmitglied unbenommen, seine persönliche Einstellung zur Präsenz- bzw. Video-Sitzung zu äußern.

“Herber Verlust der Beratungs- und Entscheidungsqualität”

Eine geschlosssene Fraktionsmeinung wird es nicht geben und muss auch nicht sein. Ich persönlich empfinde es als herben Verlust der Beratungs- und Entscheidungsqualität, wenn keine Präsenz möglich ist. Auch das Lebendige einer “Team-Diskussion” geht dann völlig verloren (ich spreche aus der Erfahrung vieler Video-Besprechungen). Außerdem ist in der Kreisverwaltung und im Kursaal das Infektionsrisiko objektiv deutlich geringer als beim Einkauf in einem der großen Supermärkte in KH”. Danke Lothar, dem ist nichts hinzuzufügen.