Stefan Butz: “Konservative müssen Kooperation mit der AfD klar ablehnen”

Gastbeitrag von
Stefan Butz

Um es gleich vorweg zu nehmen: Was Annette Thiergarten, Stadtratsmitglied für Bündnis90 / Grüne, da vor einigen Tagen im Deutschlandfunk losgelassen hat, nämlich Bad Kreuznacher Konservative als Faschisten zu bezeichnen, egal, ob mit „alternativ“ als Begleitadjektiv oder mit einem „beziehungsweise“ im Satz, ist einfach nur eines: dummes Zeug. Konservative sind Teil der demokratischen Familie. Mit ihnen soll, darf, muss man diskutieren, streiten, sich auseinandersetzen. Sachlich, manchmal auch polemisch, immer auf die Inhalte, nie auf die Person bezogen. Thiergarten hat der guten, antifaschistischen Sache, die sie wohl unterstützen wollte, einen Bärendienst erwiesen.

Durch ihre unbedacht falsche Äußerung inklusive holpriger Entschuldigung hat sie es nämlich der lokalen AfD ermöglicht, sich nicht nur einmal mehr als Opfer zu gerieren, sondern dieser größtenteils faschistischen Partei eine Möglichkeit gegeben, in der Abwehr der Thiergarten’schen Zuschreibung bei der konservativen Familie anzudocken. Huch, das F-Wort! Ja, die AfD ist (inzwischen) eine größtenteils faschistische Partei. Sie ist offen rassistisch (insbesondere gegen Muslim*innen – also kulturell kodiert), redet im besten NS-Sprech von „Alt-Parteien“ unter denen man „aufräumen“ müsse, so denn die AfD an die Macht käme, will den klar anti-demokratischen Begriff „völkisch“ wieder positiv besetzen, befürwortet Massendeportationen unliebsamer Bevölkerungsteile (Stichwort „Remigration“), relativiert NS- und Wehrmachtsverbrechen …

Die Liste ist lang, die Zuordnung so eindeutig, das selbst das rechts traditionell eher milde urteilende Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD-Jugendorganisation JA und den inzwischen in der Gesamtpartei aufgegangenen „Flügel“, dessen Frontmann Bernd Höcke vom Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland in der Mitte der Partei verortet wird, zu Beobachtungsfällen erklärte. Sind damit nun alle AfDer Faschist*innen? Jein. Sie sind Mitglieder einer faschistischen Partei. Wie bei allen anderen Parteien gilt auch im Falle der AfD, dass zwar die meisten, aber längst nicht alle Mitglieder einer Partei das aktuelle Programm, die aktuellen Äußerungen ihres Spitzenpersonals mitbekommen und verstanden haben.

Nicht zu unterschätzen ist die Gruppe derer, die früheren, inzwischen veralteten Parteipositionen anhängen: Bei der AfD wäre das die immer kleiner werdende Gruppe der erz-konservativen, wirtschaftsliberalen Lucke-Fans, kurz Revisionist*innen. Da sich die vier AfD-Mitglieder im Bad Kreuznacher Stadtrat (drei davon als Teil der AfD-Fraktion, einer als Fraktionsloser) bisher nur durch wenig inhaltliche Aussagen hervorgetan haben, ist es selbstverständlich schwer zu sagen, ob sie denn nun zur Parteifraktion der Faschist*innen oder zu der der Revisionist*innen gehören. Doch selbst ein wenig Realitätssinn müsste auch dem/der hartgesottensten Revisionist*in deutlich machen:

Die heutige AfD ist keine demokratische, sondern eine faschistische Partei. So gilt denn für die AfDer im Bad Kreuznacher Stadtrat: Entweder sind es Faschist*innen oder unbedarfte, reaktionäre, realitätsferne Naivlinge, die sich von Faschist*innen benutzen lassen. Beiden gehört politisch das Handwerk gelegt. Doch geschieht das? Nein. denn die AfD im Stadtrat dient sich oft genug als Steigbügelhalterin für Positionen der konservativen Parteien und Gruppierungen an, wohlwissend, dass so ein wenig des demokratischen Glanzes des Konservativismus auf sie abstrahlt. Das Dumme ist:

Die Konservativen im Bad Kreuznacher Stadtrat spielen dieses Spielchen nur zu gerne mit und zeigen nicht nur bei Abstimmungen, sondern auch bei Sondierungsgesprächen und Absprachen keinerlei Berührungsängste gegenüber den Mitgliedern einer faschistischen Partei. Das dann so manche*r eine konservativ-faschistische Dauerkooperation im Stadtrat befürchtet und beklagt, ist angesichts dessen nicht völlig von der Hand zu weisen.

Es ist nun an den Konservativen im Bad Kreuznacher Stadtrat, endlich und endgültig klar zu machen, dass sie die Kooperation mit faschistischen Parteien wie der AfD klar ablehnen. Dazu gehört auch eine deutliche Abgrenzung zu dieser Partei. Dazu gehört auch, die für Demokrat*innen unwürdigen Absprachen mit Mitgliedern einer faschistischen Partei endlich sein zu lassen – insbesondere bei Abstimmungen. Sicher: Dadurch verlören konservative Anträge und Vorstöße gegebenenfalls an Abstimmungsgewicht. Sie gewönnen aber mit Sicherheit an Glaubwürdigkeit.

Stefan Butz ist Stadtratsmitglied für die Wählervereinigung PROGRESSIVES BAD KREUZNACH e.V.